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Shitstorms im Griff: Gegen den Sturm

Ein Shitstorm kann jede im Internet präsente Marke treffen und zu einer kommunikativen Katastrophe werden. Wenn es soweit ist, hilft nur eine offene und ehrliche Reaktion. Damit diese rechtzeitig erfolgt, hilft ein regelmäßiges Monitoring. Wir zeigen wie man Shitstorms erkennt und gekonnt reagiert.

6 Min. Lesezeit
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Ausgerechnet Wurst. Als die Privatkundenbank ING DiBa im Winter ihre neue Werbekampagne mit Basketballsuperstar Dirk Nowitzki anschob, wollten sie bei den Kunden vor allem durch Bodenständigkeit punkten. Die Werbespots, die den Hünen Nowitzki in einer Fleischerei zeigen, wie er Wurst isst, die ihn „groß und stark“ gemacht hat, brachten dem Unternehmen viel Aufmerksamkeit – und viel Kritik.

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Nur kurz nachdem die Bank den Clip auf ihrer Facebook-Seite verlinkt hatte, erbrach sich ein Shitstorm enormen Ausmaßes: Vegetarier, Tierschutzorganisationen und Veganer-Vereine liefen Sturm gegen die Darstellung von Fleisch in der Werbung. Für DiBa ging es innerhalb weniger Stunden nicht mehr nur darum, als Bank integer und vertrauenswürdig zu sein, sondern empörte Vegetarier zu beruhigen und den Schaden zu begrenzen. Es schien, als ob sich niemand mehr über die finanzielle Kompetenz der Bank informieren wolle, sondern eher über dessen Meinung zur industriellen Fleischproduktion. Ein Shitstorm, wie er in einem Lehrbuch stehen könnte.

Jedes Unternehmen, das im Internet unterwegs ist, muss damit rechnen, Ziel eines Shitstorms zu werden: Oft reicht schon die nachlässige Äußerung eines Vorstandsvorsitzenden, eine falsch verstandene Werbebotschaft oder eine Aussage, die so gar nicht in den Zeitgeist passen will. Es kostet nahezu keine Anstrengungen, seine Empörung eben mal in einer E-Mail, per Twitter oder bei Facebook loszuwerden. Für den User sind das nur wenige Klicks, für eine Marke kann es aber zu einem dauerhaften Schaden kommen.
Seinen Kunden muss Andreas Köster das Problem Shitstorms daher auch nicht mehr erklären. „Das Thema ist durch den Medienhype allgemein bekannt“, sagt Köster, Analyst und Social-Media-Experte bei der Business Intelligence Group. „Viele Unternehmen haben Angst davor und beschäftigen sich damit. Zu uns kommen immer wieder Kunden mit dem Bedarf, Shitstorms analysieren zu lassen.“ Das sei auch sinnvoll, da die Unternehmen nur über eine intensive Nachbetrachtung und Aufarbeitung nachhaltig lernen und die Kompetenzen erhöhen können. „Einige Unternehmen vergessen dies jedoch und richten ihre internen Prozesse zu wenig danach aus“, sagt Köster.

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Damit es einfacher ist, die Diskussion um Marken oder Firmen im Netz zu überwachen und auszuwerten, hat die Business Intelligence Group ein Analyseverfahren entwickelt. Die Messung der Shitstorms erfolgt über die Key-Perfomance-Indikatoren. „Wir verwenden für unsere Untersuchung die Kennzahlen aus sogenannten Storm-Tagen und Peak-Tagen sowie den Peak-Zeitraum, den Quellenanstieg, den Autorenanstieg, die User-Participation-Rate und die Sentiment-Entwicklung“, sagt Köster (siehe Grafik). Die Verbindung aus fundierter quantitativer Bewertung und inhaltlichen Argumenten und Kritikpunkten ermögliche es Unternehmen und ihren Social-Media-Managern, gezielt auf Shitstorms einzuwirken.

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Die drei Phasen des Shitstorms

Viele Shitstorms ähneln sich in ihrem Verlauf und lassen sich in die Phasen Pre, Akut und Post unterteilen.
Viele Shitstorms ähneln sich in ihrem Verlauf und lassen sich in die Phasen Pre, Akut und Post unterteilen.

Die Business Intelligence Group teilt Shitstorms in drei Phasen ein. In der Pre-Phase sind die Beiträge zum Thema weitestgehend neutral gehalten, das Buzz-Volumen ist konstant und nicht außergewöhnlich hoch – bis zum Auslöser, der die Akut-Phase anfangen lässt. Dann überschlagen sich die Ereignisse, das Buzz-Volumen schwankt deutlich messbar. Andreas Köster und seine Kollegen können nun in sehr kurzen Abständen die Beiträge analysieren. „Unternehmen müssen jetzt schnell handeln.“ Voraussetzung dafür sei, dass man durch gezieltes Monitoring frühzeitig aufmerksam auf den Shitstorm reagiert. „Der Handelsspielraum schrumpft innerhalb weniger Stunden oder Minuten stark zusammen.“

Der Geflügelzüchter Wiesenhof kennt die Gefahr von Shitstorms. Der Fernsehbeitrag „Das System Wiesenhof“ zeigte im August 2011 schockierende Bilder der Geflügelzucht. Nahezu sofort begann ein Shitstorm, Nutzer gründen Facebook-Gruppen wie „Wir hassen Wiesenhof“ mit 3.000 Followern, Politiker setzen sich für eine Verschärfung der Tierschutzrechte in der Zuchtindustrie ein. „5.184 Beiträge haben wir während des Untersuchungszeitraums des Shitstorms gemessen“, sagt Andreas Köster. 4.117 davon in der akuten Phase mit einer besonderen negativen Tonalität. Das Thema war von den traditionellen Medien ins Internet gewandert; auf Facebook, Twitter und YouTube gab es einen regelrechten PR-Krieg gegen Wiesenhof.

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„Überlegt kommunizieren, auch intern“

Für Andreas Köster hilft in dem Moment des Shitstorms nur eines: „Ein Unternehmen sollte überlegt kommunizieren, vor allem auch intern Informationen austauschen und sich absprechen.“ In der Kommunikation nach außen solle es offen und ehrlich sein und Einsicht zeigen. „Sonst wird es als Diskussionspartner nicht ernst genommen.“ Was jedoch nie funktioniert, ist „Das stimmt so nicht, da haben wir eine andere Sicht drauf“ zu sagen und sich abzuschotten.

Inzwischen beschäftigen sich Politik und Staatsanwaltschaft mit der Situation der Tiere auf den Höfen. Für das Unternehmen entstand ein erheblicher Image-Schaden. Noch heute bietet Google bei Suchanfragen als erstes ergänzendes Wort „Skandal“ an, wenn man „Wiesenhof“ eingibt.

Die letzte Phase eines Shitstorms klassifiziert die Business Intelligence Group als Post-Phase. Nach dem Abklingen der heißen Phase verbleibt oftmals eine negative Konnotation in den Beiträgen. Das Buzz-Volumen ist wieder auf einem ähnlichen Niveau wie vor dem Shitstorm. Für Unternehmen beginnt jetzt die Auswertung, damit so etwas nicht noch einmal vorkommt. Auf Basis ihrer Untersuchungen hat die Firma ein Verfahren entwickelt, mit dem Unternehmen Shitstorms am besten vermeiden und managen können.

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Tipps für besseres Shitstorm-Management

Dabei geben sie acht Tipps: Im Zentrum steht das Monitoring: Ein auf das Unternehmen und seine Themen individuell zugeschnittenes Monitoring ist als Frühwarnsystem und Informationsgrundlage eine unbedingt notwendige technische Voraussetzung [1]. Der kommunikative Handlungsspielraum verengt sich im Krisenfall rasant. Je mehr kritische Autoren auf unterschiedlichen Plattformen aktiv sind, desto schwieriger wird es für das Unternehmen.

Niemand kann dem Unternehmen garantieren, dass es nicht einmal selbst Opfer eines Shitstorms wird. Hier gilt es, frühzeitig ein breites Verständnis für die Wirkungsweisen und Mechanismen des Web 2.0 aufzubauen. Die gründliche Vorbereitung, auch was die internen Abläufe und Kompetenzen angeht, ist der beste Schutz. Verfügt das Unternehmen über keine eigene Social-Media-Abteilung, sollte außerdem ein externes Kompetenznetzwerk aufgebaut werden, das im Krisenfall mit Kapazitäten unterstützt.

Dazu gehört auch ein gezielter Reputationsaufbau. Denn je weniger das Unternehmen vor der Krise im Social Web präsent war, desto schwerer wird es, Gehör in einem Shitstorm zu finden. Unternehmen sollten sich mit eigenen Social-Media-Kanälen und eigenen Themen rechtzeitig eine anerkannte Position und auch Markenverteidiger aufbauen.

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Um Shitstorms entegenzutreten, braucht es auch ein entschlossenes Handeln. Wenn über leise Signale eine sich anbahnende, potenzielle Krise erkannt wurde, geht es darum, intern möglichst schnell alle relevanten Abteilungen und Ressourcen an einen Tisch zu bringen, um die Lage einzuschätzen – auch nach Feierabend und am Wochenende. Nachdem mögliche Entwicklungen und Optionen gecheckt wurden, wird dann entschieden, ob unmittelbar und offen kommuniziert wird oder ob bewusst nicht kommuniziert wird. Diese Entscheidung muss aufgrund der Erkenntnisse aus dem Monitoring anfangs permanent, später in größeren Abständen überprüft werden.
Wurde die Krise durch eine Äußerung des Unternehmens selbst im Social Web ausgelöst, sollte in jedem Fall eine zeitnahe Erklärung und Entschuldigung erfolgen.

Natürlich sollte das Unternehmen dabei immer ehrlich sein: Nichts ist schlimmer, als wenn ein Unternehmen in der Krise versucht, Informationen zurückzuhalten oder lediglich beschwichtigend zu kommunizieren. Glattgebügelte PR-Statements wirken, als würde man Öl ins Feuer gießen und führen zu einem dramatischen Glaubwürdigkeitsverlust in der Diskussion. Eine erste Information, die schnell und ehrlich ist, kann auch sein, dass man Informationen einholen muss, die Vorwürfe umgehend prüft und innerhalb der nächsten Stunde ein Statement abgibt.

Ehrlichkeit, Authentizität, Nachbereitung

Neben der Ehrlichkeit zählt auch die Authentizität. Das offene Kommunizieren in der Krise fällt vielen Unternehmen sehr schwer. Man sollte zeigen, dass man die Argumente der Kritiker versteht und sie ernst nimmt. Ein guter Social-Media-Manager verhält sich im Dialog über Social Media so wie in einem Dialog von Angesicht zu Angesicht: Er wird den Kritikern höflich und auf Augenhöhe Rede und Antwort stehen. Dabei ist es durchaus sein Recht, auf die Einhaltung eines sachlichen Tonfalls und die Einhaltung der „Hausordnung“ innerhalb der Kommunikationskanäle zu bestehen. Es ist also legitim, beleidigende Beiträge von unbelehrbaren Usern nach Vorwarnung zu löschen.

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Wichtig ist auch, dass Handlungen folgen. Beschwichtigungen und eine lediglich kommunikative Bearbeitung der Krise wird von den Usern nicht mehr akzeptiert. Zu leicht lässt sich im Social Web überprüfen, ob sich das Unternehmen tatsächlich anstrengt und ob etwas passiert. Daher sollten konkrete Schritte beschrieben und transparent umgesetzt werden – ansonsten ist es lediglich eine Frage der Zeit, bis die Krise erneut und dann noch heftiger ausbricht.

Ist das Gröbste überstanden, geht es an die Nachbereitung. Wie oft in der Kommunikation wird die Phase der Aufarbeitung und Erfolgskontrolle nach einem Shitstorm vergessen. Doch nur Unternehmen, die ihre in der Krise gesammelten Erfahrungen in das kollektive Wissen einbringen, werden nachhaltige Erfolge im Social Web erzielen. Ein offener und selbstreflektierter Umgang mit überwundenen Shitstorms ist daher empfehlenswert.

Das Wichtigste sei aber immer die Fähigkeit und der Wille zur Kommunikation, sagt Andreas Köster. Denn: „Wenn ein Unternehmen offline schon nicht kritikfähig ist, wird es im Social Web extrem schwer.“

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