Was werden die großen Software-Trends 2025? 6 Experten geben Antwort

Vor allem im KI-Bereich hat sich 2024 viel getan. Aber wie geht es im nächsten damit Jahr weiter und was werden die größten Trends in der Entwicklung, dem Projektmanagement oder der Infrastruktur? Wir haben sechs Experten um ihre Einschätzung gebeten. „Cross-Platform-Anwendungen ermöglichen mehr Flexibilität und Performance“ Alexander Rinass, CTO von Tower [caption id="attachment_252959" align="alignleft" width="266"] (Abbildung: Alexander Rinass)[/caption] Die Entwicklung von Cross-Platform-Anwendungen erlebt einen wichtigen Wandel hin zu nativeren Lösungen, mit Kotlin Multiplatform (KMP) als prominentes Beispiel. Auch Swift bewegt sich in diese Richtung: Der Webbrowser Arc wurde kürzlich für Windows veröffentlicht und ist vollständig in Swift und SwiftUI geschrieben. SwiftUI und das Compose-UI-Framework für KMP unterstützen diesen Ansatz auf UI-Ebene, indem sie eine deklarative Methode zur UI-Entwicklung verwenden, die die Benutzeroberfläche und ihr Verhalten beschreibt und die plattformspezifische Implementierung der jeweiligen Plattform überlässt – ein Prinzip, das sich auf Apple-Plattformen bereits bewährt hat. [crosslinks ids="252939,252836,252724"] Im Gegensatz zu Tools wie Flutter, React Native und Electron, die auf Abstraktionsschichten basieren und neue Programmiersprachen einführen, ermöglichen KMP und Swift die Weiterverwendung bekannter Sprachen und nativer Frameworks. Dieser Ansatz wird zunehmend zur bevorzugten Wahl für moderne plattformübergreifende Projekte werden, da er sowohl den Entwicklungsprozess durch mehr Flexibilität und Code-Sharing als auch die User-Experience durch native UI und Performance erheblich verbessert. „Die Veränderungsgeschwindigkeit innerhalb der Projekte nimmt zu“ Daniel Dubbel, Agility Master bei DB Systel [caption id="attachment_252963" align="alignright" width="266"] (Abbildung: Daniel Dubbel)[/caption] Im Jahr 2025 werden sich im IT-Projektmanagement aktuelle Entwicklungen weiter verstärken. Die Wichtigkeit der Fusion von Business und IT wird weiter zunehmen. Laut der Studie IT-Organisation 2025 sehen 57 Prozent der Befragten das Plattform-IT-Modell, in dem IT und Fachbereiche in integrierten Teams zusammenarbeiten, um Geschäftsprozesse durch Technologie abzubilden, als Zukunftsmodell. Agile Methoden werden weiterhin auf Teamebene etabliert, während komplexe Vorhaben zunehmend in hybriden Modellen umgesetzt werden, die agile Prinzipien mit traditionellen Ansätzen kombinieren. Projektmanager müssen sich mit neuen Technologien vertraut machen. Der Einsatz von KI und Automatisierung wird zunehmen und dabei helfen, Risiken frühzeitig zu erkennen und manuelle Aufgaben zu reduzieren. Die Veränderungsgeschwindigkeit auch innerhalb der Projekte nimmt zu. Emotionale Intelligenz und Kommunikationsfähigkeit werden in unsicheren Zeiten mit vielen Veränderungen immer wichtiger für effektives Stakeholdermanagement und die Leitung von und das Arbeiten in zunehmend diversen Teams, ob vor Ort oder remote. Also müssen Projektmanager neben technischem Know-how auch Vernetzungsfähigkeit und Change-Management-Kompetenzen entwickeln. „Der Bedarf an datensicheren KI-Lösungen wird steigen“ Bernd Korz, CEO von Alugha und Experte in der Bundesfachkommission KI und Wertschöpfung 4.0 des Wirtschaftsrats Deutschland [caption id="attachment_252962" align="alignleft" width="266"] (Abbildung: Alugha)[/caption] 2025 werden wir eine zunehmende Verbreitung von KI-Technologien in verschiedenen Bereichen sehen. Voice-to-Voice, Video-to-Video und Text-to-Audio werden dabei wichtige Trends sein. Zwei Beispiele: Wer im Livestream mit der gleichen Stimme eine andere Sprache sprechen möchte, muss aktuell noch vier Schritte durchlaufen: Speech-to-Text, Machine Translation, Voice-Cloning und Text-to-Speech. Voice-to-Voice „optimiert“ diesen Prozess und ist deutlich performanter. Bei Video-to-Video wiederum erstelle ich auf Basis eines Videos mit einem einfachen Prompt Folgevideos im selben Stil. Generative KI wird zudem weiter massentauglich, indem Unternehmen KI zur Erstellung und Optimierung von Inhalten einsetzen. Automatisierung im Alltag wird ebenfalls voranschreiten: von personalisierten Medien bis zu KI-gestützten Services. Vor allem aber wird Datensicherheit zentraler werden, da der Missbrauch oder die nicht compliance-konforme Nutzung von Daten durch einige Unternehmen zwangsläufig zu einem steigenden Bedarf an datensicheren KI-Lösungen führt. Plattformen werden verschiedene Prozesse in einem Tool vereinen, um die Effizienz zu steigern und so die Kosten zu senken. Zudem werden strengere Regulierungen und mehr Transparenz bei der KI-Nutzung und -Entscheidungsfindung erwartet, um den ethischen und verantwortungsvollen Umgang mit KI zu gewährleisten. „Tiered Storage wird im Bereich von Datenbanken und Streaming-Systemen zum Standard“ Andy Grunwald, Infrastruktur-Experte und einer der zwei Köpfe hinter dem Entwicklungspodcast Engineering Kiosk [caption id="attachment_252961" align="alignright" width="266"] (Abbildung: Christina Gahlemann)[/caption] 2025 wird das Jahr, in dem Tiered Storage auch im Bereich von Datenbanken und Streaming-Systemen zum Standard wird. Während Object-Storage schon lange als kostengünstige Lösung etabliert ist, bringt die Trennung von Compute- und Storage-Ressourcen bei Systemen wie ClickHouse und Apache Kafka einen echten Wandel. Diese nutzen Tiered Storage, um heiße und kalte Daten effizient auf verschiedene Speicherstufen zu verteilen, was eine flexible Skalierbarkeit ermöglicht. Unternehmen tauschen dabei bewusst Skalierung und Kosteneffizienz gegen eine leichte Erhöhung der Latenz ein, da große Datenmengen in günstigem Object-Storage gelagert werden. Dieser Trend wird sich weiter verstärken. Auch in der Log-Verarbeitung zeigt sich 2025 ein Wandel: ClickHouse wird zur Alternative zu Elasticsearch und OpenSearch. Dank hoher Textkompression, effizienter SQL-Unterstützung und seiner Ausrichtung auf große Datenmengen können Unternehmen Logs günstiger speichern und länger aufbewahren, ohne Einbußen bei der Abfrageleistung. „Hybride KI vereint die Leistungsfähigkeit neuronaler Netze mit dem logischen Denken symbolischer Ansätze“ Andreas Maier, Leiter des Lehrstuhls für Mustererkennung an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg [caption id="attachment_252960" align="alignleft" width="266"] (Abbildung: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen Nürnberg)[/caption] Hybride KI verbindet die Stärken verschiedener Ansätze der künstlichen Intelligenz, insbesondere die Kombination von datengetriebenem maschinellem Lernen mit symbolischen, wissensbasierten Methoden. Durch diese Integration können wir Systeme entwickeln, die nicht nur aus Daten lernen, sondern auch menschliches Wissen und logische Schlussfolgerungen einbeziehen. Eine passende Analogie findet sich in Daniel Kahnemans Konzept von System 1 und System 2 des menschlichen Denkens. System 1 steht für das schnelle, intuitive und automatische Denken, während System 2 das langsame, bewusste und analytische Denken repräsentiert. Hybride KI kombiniert ähnlich die Effizienz und Mustererkennungsfähigkeiten von neuronalen Netzen (analog zu System 1) mit der logischen Schlussfolgerung und dem Verständnis symbolischer KI-Methoden (analog zu System 2). Hybride KI ist also der Schlüssel zu einer neuen Generation intelligenter Systeme, die sowohl schnell reagieren, als auch tiefgehend verstehen können. Sie ermöglicht es uns, die Leistungsfähigkeit neuronaler Netze mit der Interpretierbarkeit und dem logischen Denken symbolischer Ansätze zu vereinen. Indem wir maschinelles Lernen mit symbolischem Wissen kombinieren, schaffen wir KI-Lösungen, die nicht nur effizient, sondern auch nachvollziehbar und vertrauenswürdig sind. „Unternehmen investieren mehr Zeit ihrer Entwickler:innen in Open-Source-Projekte“ Wolfgang Gassler, Informatiker und einer der zwei Köpfe hinter dem Entwicklungspodcast Engineering Kiosk [caption id="attachment_252964" align="alignright" width="266"] (Abbildung: Christina Gahlemann)[/caption] Die xz-Sicherheitslücke hat Unternehmen im Jahr 2024 wachgerüttelt und verdeutlicht, wie verwundbar ihre Software-Supply-Chain ist. 2025 wird das Jahr, in dem sie ihre Abhängigkeit von Open-Source-Software aktiv angehen. Firmen erkennen zunehmend, dass sie nicht nur konsumieren, sondern auch zurückgeben müssen. Ein klarer Trend zeichnet sich ab: Unternehmen investieren mehr Zeit ihrer Entwickler:innen in Open-Source-Projekte, spenden Geld und unterstützen aktiv die tieferliegenden Pakete und Abhängigkeiten, die oft übersehen werden. Auch Entwickler:innen betreiben intern verstärkt Lobbyarbeit, um dieses Engagement weiter auszubauen. Diese Unterstützung soll die Sicherheit und Nachhaltigkeit der Projekte verbessern und ein Zeichen der Wertschätzung für die Maintainer:innen setzen, die immer mehr unter Druck geraten. Doch bei all diesen Prognosen bleibt die Frage: Ist das wirklich ein Trend für 2025 – oder doch nur ein frommer Wunsch? Denn viele Firmen profitieren weiterhin von Open Source, ohne je zu hinterfragen, wie diese immense Leistung aufrechterhalten wird.