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Unternehmensführung: Von der Sinnfrage zum Mission Statement

Vor dem „Was“ und dem „Wie“ sollten Unternehmen zuerst die Frage nach dem „Warum“ stellen. Die Antwort darauf ist mehr als nur ein netter Werbeslogan. Sie kann über den Unternehmenserfolg entscheiden.

8 Min. Lesezeit
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Einem Führungsteam hilft ein ­Mission ­Statement, bessere Entscheidungen zu ­treffen. (Foto: Shutterstock-NeatBones)

Als Steve Jobs und Steve Wozniak im Jahr 1976 den Apple I entwickelt haben, glaubte fast niemand an den großen Erfolg, den die beiden Unternehmer nur wenige Jahre später mit ihren Produkten feiern würden. Computer galten als Hightechnology für Forschungsstätten und Konzerne. Niemand glaubte daran, dass die komplizierten und teuren Geräte schon bald in die Welt der Durchschnittsbürger Einzug halten würden. Jobs und Wozniak wollten das ändern: Sie sahen im PC vor allem ein Mittel, das es einfachen Menschen ermöglichen würde, ihre eigenen Unternehmen in Konkurrenz mit denen treten zu lassen, die über mehr Ressourcen verfügten. Ihr Glaube: Der Personal Computer werde die Chancengleichheit zwischen dem Establishment und den Neulingen in der US-amerikanischen Wirtschaft wieder herstellen. Mit dem PC für jedermann, so ihre Hoffnung, könne die Welt sich nachhaltig verändern.

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Der Erfolg gab den beiden Kaliforniern recht: Bereits im sechsten Geschäftsjahr war Apple eine Milliarde US-Dollar wert und hatte über 3.000 Angestellte. Jobs und Wozniak blieben nicht die einzigen Computerhersteller. Sie waren auch nicht die einzigen schlauen Köpfe in der IT-Branche. Und doch schafften sie es, sich zu behaupten: Noch heute gelten die beiden als Ikonen der Unternehmenswelt. Ihren Ansatz, konventionelles Denken immer wieder zu überwinden, behielten die beiden – später dann vor allem in Form von Steve Jobs – auch nach dem Apple I bei. Nahezu jedes weitere Produkt stellte einen Status Quo in Frage: warum und wie? Mit diesen Fragen hat Apple es geschafft, die Computer-, die Mobilfunk- und sogar die Musikindustrie neu zu formen. Das Unternehmen ist bis heute ein Fixstern für faszinierende Talente sowie loyale Kunden, die sich in der Vision der damaligen Gründer wiederfinden.

Dass die beiden Steves aus dem Nichts einen echten „American Dream“ schufen, wundert den Briten Simon Sinek nicht. Der Unternehmensberater, Autor und Journalist führt Jobs und Wozniak gerne als Paradebeispiele für eine besondere Sorte von Unternehmern an, die es verstanden haben, ihre Beweggründe so zu formulieren, dass nicht nur sie selbst an sie glaubten, sondern auch Mitarbeiter und Kunden ihnen treu folgten. ­„Apple inspiriert“, schreibt Sinek in seinem Bestseller „Start with Why“, der millionenfach über die Ladentische und in die digitalen Warenkörbe der Leser gewandert ist. Darin beschreibt er eingängig, warum Führungskräfte sich immer darüber im Klaren sein müssen, welchen tieferen Sinn sie mit ihrem Geschäft verfolgen. „Jedes Unternehmen kann erklären, was es macht. Die meisten sind auch in der Lage zu sagen, wie sie es machen. Doch nur die wenigsten wissen wirklich, warum sie etwas tun“, schreibt der in London geborene Leadership-Experte und fügt hinzu, dass genau diese Frage letzlich an erster Stelle stehen muss, wenn es darum geht, nicht nur profitabel zu sein, sondern auch andere Menschen von sich zu überzeugen.

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Sinek hat sich die Verhaltensweisen großartiger Gründer, die Art und Weise wie sie Ideen entwickeln und ihre Mitarbeiter führen, ganz genau angesehen. Aus seinen Beobachtungen heraus hat er eine Methode entwickelt, die er selbst „The Golden Circle“ nennt und die die Sinnfrage ins Zentrum stellt. Der goldene Kreis besteht eigentlich aus drei Kreisen, deren innerster das „Warum“, der mittlere das „Wie“ und der äußere das „Was“ darstellt. Warum wollen wir etwas tun? Diese Frage stehe immer am Anfang, so der Autor. Dann komme die Frage nach dem „Wie“: Wie wollen wir vorgehen und was sind unsere Grundsätze in der Zusammenarbeit? Erst ganz zum Schluss komme die Frage nach dem „Was“ – quasi die nach dem Produkt. Unternehmer müssen nach Sineks Methode den goldenen Kreis von innen nach außen lesen. So erhalten sie eine andere Perspektive auf die Frage, warum einige Führungskräfte und Organisationen einen überproportional großen Einfluss auf die Menschen haben. „Der goldene Kreis erklärt uns, warum Apple in der Lage ist, in so vielen Branchen innovativ zu sein“, fasst der Autor zusammen.

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Vision und Mission geben Orientierung

Viele Gründer, aber auch bereits etablierte Marktteilnehmer, orientieren sich an Sineks „The Golden Circle“. Seine Theorie hat dazu verholfen, sich wieder mehr mit der Sinnhaftigkeit als mit dem bloßen Geldverdienen auseinanderzusetzen. Beratungsunternehmen wie Nulleins aus Berlin oder Nextpractice aus Hamburg nutzen Sineks Methode sogar, um ihren Kunden dabei zu helfen, deren Sinn in praktikable Statements zu gießen. Diese Claims geben sowohl den Mitarbeitern als auch den Kunden eine Orientierung, wofür der Arbeitgeber beziehungsweise die Marke steht. Mit Hilfe von Nextpractice hat beispielsweise Xing vor fünf Jahren eingängige Vision- und Mission-Statements erarbeitet. Das Karrierenetzwerk, das Lars Hinrichs 2003 gegründet hat, beschreibt das „Warum“ – die Vision – mit den Worten: „For a better working life!“. Das „Wie“, also die Mission, lautet: „Enable professionals to grow!“ Als rasant wachsende Firma wollten die Hamburger nach zehn Jahren am Markt dafür sorgen, dass jedem zu jeder Zeit deutlich wird, wofür sie stehen. Oder anders gesagt: was die Hanseaten wollen.

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Marc-Sven Kopka weiß, dass ein MIssion Statement das Team vereint. (Foto: Xing)

„Nichts bringt Menschen stärker zum Glühen und nichts vereint sie mehr als eine Mission.“
— Marc-Sven Kopka, ­­Vice President External Affairs, Xing

Der Zeitpunkt war nicht zufällig gewählt. Mit der Größe kam bei Xing die Komplexität und mit ihr eine Art der Behäbigkeit. Um das zu ändern, hat das Management die Abteilungen so strukturiert, dass sie wie eigenständige Startups agieren. Sie sollten klein sein, dezentral arbeiten, das Ohr bei ihren Kunden haben und so schnelle Entscheidungen treffen können. Trotzdem sollten die damals 500 Mitarbeiter genau wissen, was das übergeordnete Ziel für alle Unternehmensteile ist. „Xing ist weit mehr als nur ein Karrierenetzwerk“, erklärt Marc-Sven Kopka, Vice President External Affairs, im Gespräch. „Mit Spielraum ist das Unternehmen zum Publisher geworden, der mit einer Vielzahl anderer Onlinemedien um die Aufmerksamkeit der Leser kämpft. Bei Stellen­anzeigen stehen wir im Wettbewerb mit Anbietern wie Stepstone und Kununu, als Arbeitgeber-Bewertungsportal mit Glassdoor und unsere Event-Sparte beispielsweise mit Eventbrite.“ Jedes Team steht als feste Säule für sich. Und doch, so könnte man es formulieren, bildet jede Säule einen tragenden Teil eines Hauses, das die Mitarbeiter und Kunden unter dem gleichen Dach vereint.

„Für ein besseres Arbeitsleben sorgen, in dem Berufstätige befähigt werden zu wachsen – darauf zahlt jedes einzelne Projekt ein, darauf arbeitet jedes einzelne Team hin“, erklärt Kopka. Das sei, so der Manager, die Quintessenz von Xing. Um diese Vision und ihre daraus resultierende Mission zu erarbeiten, brauchte es rund ein halbes Jahr. „Es war nötig, dass wir uns Sineks Fragen stellten, um eine neue Evolutionsstufe zu erreichen“, ordnet er ein. Damals habe man tiefgehende Analysen bei Nextpractice in Auftrag gegeben und unter Mitarbeitern und Kunden gefragt, wie sie auf Xing blickten und was sie vom Unternehmen erwarteten. Dabei kam immer wieder heraus: Das Unternehmen soll helfen, die Arbeitswelt zu verbessern. Dieses Ergebnis haben die Verantwortlichen mit den alten – jedoch nach wie vor geltenden – Unternehmenswerten wie „Hör zu!“, „Sei couragiert!“ oder „Mache Fehler!“ zusammengeführt. Xing habe es so geschafft, die eigene Philosophie so zu formulieren, dass neue und alte Mitarbeiter am selben Strang zögen, frische Produkte immer dem übergeordneten Ziel dienten und Kunden wüssten, was man für sie leiste.

Diese Klarheit sorge vor allem auch für den gewissen Unterschied im Recruiting. Laut Marc-Sven Kopka geben das ­Vision und Mission Statement neuen Bewerbern eine Orientierung: Jobsuchende, die sich bei Xing meldeten, wüssten ganz genau, welches Ziel die Hamburger verfolgen. Mehr noch: Die Orientierungshilfen bewirkten sogar, dass Menschen unbedingt bei Xing arbeiten wollen. „Natürlich hat es einen Effekt nach außen, wenn ein Unternehmen weiß, wofür es steht und was für ein Ziel es verfolgt.“ Man könne sich das wie ein Aushängeschild für die eigene Unternehmenskultur vorstellen. Ein Faktor, der im Übrigen immer wichtiger wird für junge Talente. So gaben in einer Umfrage des Zukunftsinstitus 87 Prozent der Befragten zwischen 20 und 35 Jahren an, dass sie einen persönlich als sinnvoll und erfüllend erscheinenden Beruf anstrebten. Zum Vergleich: Nur 34 Prozent erachteten eine gute Ausstattung – etwa einen Firmenwagen oder ein Handy – als wichtig. Genauso wollten sie das Gefühl haben, Teil eines Teams zu sein, das etwas bewege: „Nichts bringt Menschen stärker zum Glühen und nichts vereint sie mehr als eine Mission“, so Kopka. Unternehmen, die es geschafft haben, ihre Statements präzise zu formulieren, könnten insofern auch für Bewerber interessanter werden.

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Ein Mission Statement hat besonderen Wert

Dass der Prozess nur ein halbes Jahr gedauert hat, verdankt Xing zum einen seiner damaligen Größe und zum anderen dem Umstand, dass schon zuvor relativ deutlich war, auf welchem Terrain sich das Unternehmen bewegt. Dass das deutlich länger dauern kann, weiß Michael Trautmann. Der gestandene Kommunika­tionsprofi und Gründer der Werbeagentur Thjink hat Unternehmen mehrfach in Beraterfunktionen dabei geholfen, aktivierende und inspirierende Mission Statements zu entwickeln: „Ich habe erlebt, dass Unternehmen dafür drei Jahre brauchten. Mit Gründern und kleineren Organisationen klappte das schon mal an einem halben Tag“, so der Hamburger. Dazwischen lagen 10 bis 100.000 Mitarbeiter. Für ihn habe vor allem das Mission ­State­ment einen besonderen Wert. Es dokumentiere die Haltung, die ein Unternehmen für sich beanspruche: „Einem Führungsteam hilft ein Mission Statement, bessere Entscheidungen zu ­treffen. Unternehmen, denen die Orientierung fehlt, sind gut ­beraten, sich mit dem Thema zu beschäftigen“, so der Experte. Auch er folgt dabei Simon Sineks Ansatz und sagt, dass das ­„Warum“ im Zentrum ein guter Kern eines jeden Mission Statements ist.

Michael Trautmann hat bereits mit einigen Unternehmen ein Mission Statement entwickelt. (Foto: Thjink)

„Einem ­Führungsteam hilft ein ­Mission ­Statement, bessere Entscheidungen zu ­treffen.“
— Michael Trautmann, ­­­Gründer der Werbeagentur Thjink

„Es gibt verschiedene Modelle und Ansätze, von denen sich sicher etwas abschauen lässt. Ich bevorzuge jedoch Sineks Golden-­Circle-Ansatz“, sagt Trautmann im Gespräch. Wichtig sei dabei vor allem, dass das Thema nicht als bloßer Modetrend verstanden werde, sondern dass die Unternehmensspitze die Überzeugung vertrete, durch die Auseinandersetzung mit der Vision und der Mission als zentrale Elemente auf dem richtigen Weg zu sein. „Es braucht Zeit, Budget, eine verbindliche Projektplanung und ich glaube, dass eine externe Moderation zudem zu besseren Ergebnissen führt.“ Gute Mission Statements, so der Experte, überzeugen und inspirieren nicht nur, sie machen auch unweigerlich deutlich, welche Einstellung man vertrete. Seinen Sinn habe es jedoch völlig verfehlt, wenn es „nur auf einem Plakat im Konferenzraum hängt oder auf der Kaffeetasse zu lesen ist, aber niemand im Unternehmen es lebt“ – oder wenn es lediglich Platti­tüden wie „Wir stellen unsere Kunden in den Fokus“ verkünde, so Michael Trautmann. Auch wenn bisweilen der Anschein erweckt werde, Vision und Mission Statements seien reine Werbeslogans: „Sie gehen weit darüber hinaus“.

Mehr Optimismus, mehr Innovation

„Wenn mehr Führungskräfte sorgsamer darauf bedacht wären, mit dem „Warum“ zu beginnen, würde sich Optimismus ausbreiten und überall gäbe es Innovation“, erklärt Erfolgsautor Simon Sinek. Sowohl Marc-Sven Kopka als auch Michael Trautmann sehen es ähnlich. Sie wissen um das Potenzial des Goldenen Kreises. Er diene als Leitfaden zur entscheidenden Verbesserung der Führungsfähigkeiten, der Unternehmenskultur, der Haltung, der Produktentwicklung sowie des Verkaufs und des Marketings. Im besten Fall erzeugten Unternehmen eine Dynamik, die ganze Branchen umwälzten. So, wie es einst die Apple-Gründer Steve Jobs und Steve Wozniak getan haben.

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Sebastian Radau

„Bei Stellen­anzeigen stehen wir im Wettbewerb mit Anbietern wie Stepstone und Kununu,…“
Sorry… aber gehört kununu nicht mittlerweile zu XING? Also ist es kein direkter Wettbewerber von XING!!! Kluger Schachzug, es so zu formulieren…

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