3,90 Euro für Spotify und Netflix zusammen: Streaming-Anbieter, ihr seid zu billig! [Kommentar]
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Vergangene Woche hat Spotify die Konditionen für seinen Familien-Tarif geändert. Nun können sechs Personen für 15 Euro monatlich je einen vollwertigen Spotify-Premium-Account bekommen. Macht also 2,50 Euro pro Person und Monat. Unter dem Titel „Spotify Family“ klingt das ja auch sehr sozialverträglich. Vorbild für die Preissenkung ist Apple Music, denn auch dort gibt es den Zugang für sechs Personen schon für 14,99 Euro im Monat, da muss Spotify natürlich mithalten.
Spotify Family: Preis-Dumping mit sozialem Aufkleber
Machen wir uns nichts vor – mit Familien hat das Angebot nicht viel am Hut. Es handelt sich einfach nur um Preis-Dumping mit sozialem Aufkleber. Eine Überprüfung, ob die Teilnehmer alle miteinander verwandt sind, findet nämlich nicht statt. Laut AGB müssen alle Personen, die einen Family-Account benutzen, zwar über die gleiche Anschrift verfügen. Dass das aber nur auf einen Bruchteil der Nutzer zutrifft, wird klar wenn man sich auf Schnäppchen-Communities und Foren umsieht. Überall dort suchen wildfremde Menschen nach anderen Interessenten, um zusammen in den Genuss des günstigen Angebots zu kommen.
Netflix hat zwar kein explizites Angebot für Familien, aber das Teilen eines Netflix-Accounts ist schon seit Jahren Gang und Gäbe. Jeder Netflix-Account kann mit fünf verschiedenen Nutzerprofilen verwendet werden. Wer Netflix schon vor dem Deutschlandstart verwendet hat, und sich einen Account im Ausland gesichert hat, der kann zum Beispiel immer noch für 7,99 Dollar monatlich zwei Streams gleichzeitig gucken. Pro Nutzer macht das dann etwa einen Beitrag von 1,43 Euro pro Monat.
Vier Euro für Spotify und Netflix zusammen: Das kann nicht gut gehen
Wer medien-affine Freunde hat, in einer entsprechenden WG wohnt, oder über’s Netz die nötigen Leute zusammentrommelt kann also für knapp unter vier Euro (2,50 + 1,43 = 3,93 Euro) monatlich die gesamte musikalische und visuelle Vielfalt der globalen Medienwelt genießen. Einseitig betrachtet klingt das nach einem tollen Angebot. Ist es aber nicht!
Denn je weniger die Unternehmen wie Netflix und Spotify einnehmen, desto weniger können sie auch an die dahinter stehenden Künstler ausschütten. Bereits ohne die Neuerung in der Preispolitik ist Spotify für die meisten Künstler finanziell absolut nicht rentabel. Neben raffgierigen und überflüssigen Musiklabels, die sich einen Großteil der Einnahmen einstecken, liegt eine Ursache aber auch einfach in den geringen Beiträgen. Bei 2,50 Euro Monatsbeitrag kann kein Künstler mit einer ordentlichen Vergütung rechnen.
Mehr Geld bezahlen zu wollen ist natürlich unintuitiv
Die Nutzer können dagegen wenig tun. Selbst wenn man freiwillig mehr zahlen möchte, indem man einen Einzel-Account oder größere Tarife bucht: Der Aufpreis wird nicht beim Künstler ankommen. Es ist natürlich erst einmal unintuitiv, mehr Geld für eine Leistung bezahlen zu wollen. Langfristig dürften aber alle davon profitieren. Statt getarntem Preis-Dumping sollten Streaming-Anbieter weiter in die Zukunft schauen und versuchen Streaming als rentables Geschäftsmodell für alle beteiligten Parteien zu etablieren. Preiserhöhungen statt Preissenkungen wären im Interesse der Künstler, und damit langfristig auch im Sinne der Kunden. Möglich wäre zum Beispiel auch eine freiwillige, monatliche Zusatzabgabe die auf alle abgespielten Künstler aufgeteilt wird.
Mit ihren Dumping-Preisen ruinieren Anbieter wie Spotify und Netflix das wirtschaftlich sowieso schon fragile und sehr junge Geschäftsmodell des Streamings. Künstler sollten ordentlich entlohnt werden, und das ist bei diesen Preisen nicht möglich. Das ist wiederum Wasser auf die Mühlen der Fortschrittsfeinde und Ewiggestrigen, die Streaming pauschal ablehnen. Die finanzielle Wertschätzung der Nutzer für Musik und Filme sollte höher liegen als bei fünf, sieben oder zehn Euro monatlich.