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40 Jahre Chaos Computer Club: 5 Momente aus der Geschichte des CCC

Der Chaos Computer Club feiert Geburtstag. Was sich von den frühen Zeiten des Internets bis heute entwickelt hat.

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CCC-Mitbegründer Wau Holland (rechts) und Club-Sprecher Steffen Wernéry beim ersten Interview. (Foto: Neue Visionen Filmverleih)

Am 12. September 2021 wird der CCC 40 Jahre alt – ein guter Anlass für einen Blick in die bewegte Vergangenheit der „galaktische[n] Gemeinschaft von Lebewesen für Informationsfreiheit und Technikfolgenabschätzung“, wie sich der Club selbst in seiner Twitter-Biografie bezeichnet.

1. Die Anfänge des Chaos Computer Club: Komputerfrieks, vereinigt euch!

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Das Wort Computer wird in Deutschland noch mit K geschrieben, als Herwart Holland-Moritz alias Wau Holland am 7. September 1981 eine Annonce in die taz setzt – und damit das erste Treffen des zukünftigen CCC initiiert. Im Rahmen des Tuwat-Kongress in Berlin findet eine kleine Zusammenkunft Interessierter statt, „damit wir als Komputerfrieks nicht länger unkoordiniert vor uns hinwuseln“, so der Aufruftext. Am 12. September 1981 findet in den Berliner Räumlichkeiten der taz die inoffizielle Gründung des Clubs statt, geographischer Mittelpunkt der Bewegung wird nach dem Auftakttreffen allerdings Hamburg. Einige Jahre später, im April 1986, folgt die offizielle Eintragung als Verein für eine bessere juristische Positionierung. Ziel des Vereins: Die „Förderung der Informationsfreiheit und eines Menschenrechts auf mindestens weltweite ungehinderte Kommunikation“, so heißt es heute auf der offiziellen CCC-Website.

 

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Noch vor der offiziellen Vereinsgründung erscheint die erste Zeitschrift der verbundenen „Compumaniaks“: Im Februar 1984 wird Ausgabe Nummer eins der Datenschleuder gedruckt. Einen festen Publikationsrhythmus soll es nicht geben, etwa „alle 4 bis 8 Wochen“ abhängig von der Beteiligung wolle man die vier A-4-Seiten füllen, so die Ankündigung in der ersten Ausgabe. Seit Oktober 2006 stellt der Club „alle Datenschleudern, derer wir in der PDF-Version habhaft werden konnten“ zum Download bereit.

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Zwei etwas dickere Druckwerke erscheinen zudem 1985 und 1988: In den „Hacker-Bibeln“ mit den Untertiteln „Kabelsalat ist gesund“ und „Das neue Testament“ werden neben ausführlicheren Meinungsartikeln, Interviews und vielem mehr auch detaillierte Anleitungen gesammelt – zum Beispiel die für das sogenannte „Datenklo“ in der ersten Bibel. Das illegale Modem Marke Eigenbau ist eine klare Ansage gegen das damalige Telekommunikations-Regiment der Bundespost, die nur von ihr geprüfte und genehmigte Modems zu stolzen Preisen erlaubt.

2. Der Haspa-Coup: Freundliches Hacken im Bildschirmtext

Im November 1984 nehmen sich Wau Holland und Steffen Wernéry das im Vorjahr gestartete Bildschirmtext-System (BTX) der Post vor. Durch einen Programmfehler gelangen sie nach eigener Aussage an die BTX-Zugangsdaten der Hamburger Sparkasse. Sie erstellen eine gebührenpflichtige CCC-Seite und richten ein Programm ein, durch das der Haspa-Account alle drei Sekunden auf die Seite zugreift. Innerhalb einer Nacht entsteht so eine Schadenssumme von 135.000 D-Mark – die die beiden Hacker letztendlich entsprechend ihren Überzeugungen nicht einfordern. Der Post-Verantwortliche, Erik Danke, bleibt bis zum Schluss überzeugt, dass es sich nicht um einen Hack handelte, sondern dass die Zugangsdaten erspäht worden seien – nachbessern muss die Post aber so oder so, und der CCC wird durch das eigens heraufbeschworene Medienecho in der breiten Öffentlichkeit bekannt.

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Noch im gleichen Jahr findet der erste Chaos Commmunication Congress als zentrales Treffen statt.

3. Nasa-Hack und KGB-Hack: Es beginnt zu kriseln

1987 wendet sich der CCC an den Verfassungsschutz, nachdem eine Gruppe Hacker auf den Club zugekommen war: Sie hatten sich über eine Sicherheitslücke in den Systemen der Firma Digital unter anderem Zugang zu Rechnern der Nasa, der Esa und des Schweizer Cern verschafft, fürchteten nun aber die Ausmaße und Konsequenzen ihrer Aktion. Unter den Fittichen des CCC soll vermittelt werden, eine Liste der betroffenen Seiten geht an das CIA. Das Cern erstattet allerdings Anzeige, es folgen zahlreiche Hausdurchsuchungen, CCC-Pressesprecher Wernéry wird sogar in Paris verhaftet und kommt erst drei Monate später wieder frei.

Beim sogenannten KGB-Hack, der sich zeitlich teilweise mit den Nasa-Vorfällen überschneidet, verkauft eine Gruppe Hacker Daten aus dem Westen an den russischen KGB. Auch der 23-jährige Karl Koch, der unter dem Pseudonym Hagbard Celine arbeitet und die Hannoveraner Niederlassung des Clubs gegründet hatte, ist an dieser Aktion beteiligt. Im März 1989 wird die verantwortliche Gruppe von der Polizei zerschlagen. Koch, der jahrelang drogenabhängig und psychisch stark belastet war, wird wenig später verbrannt aufgefunden, amtlich wird schließlich Suizid als Todesursache festgelegt, doch es kommen auch Gerüchte um mögliche Fremdeinflüsse auf.

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Beide Ereignisse beeinflussen die Stimmung im Club, das Vertrauen untereinander ist beschädigt.

4. Nedap-Hack 2006: Der CCC wird erstmals um ein Gutachten gebeten

In den Folgejahren dieser Ereignisse findet eine Dezentralisierung des Clubs statt. Ab 1990 vernetzen sich Ost- und Westhacker, unter anderem entsteht in Berlin eine neue Niederlassung. 1998 gelingt der sogenannte GSM-Hack, bei dem es darum geht, Telefonkarten zu klonen. An diesem Projekt ist auch der Hacker Tron beteiligt, der wenig später tot aufgefunden wird. Während die Behörden auch seinen Tod als Suizid bewerten, gibt es aus seinem persönlichen Umfeld noch Jahre später Zweifel. 2001, im Jahr des 20. Gründungsjubiläums, stirbt auch der CCC-Gründer Wau-Holland mit 49 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls.

Der CCC nimmt weitere Veranstaltungen in sein Repertoire auf und positioniert sich zunehmend politisch, beispielsweise durch Demonstrationen. 2004 legt CCC-Mitglied Dirk Heringhaus in der Datenschleuder Lücken im Sicherheitssystem der Telekom offen. „Der Autor hat die Deutsche Telekom seit nunmehr einem Jahr wiederholt vertraulich auf die Sicherheitslücken hingewiesen. Anstatt deren Ursachen zu beheben, wurden aber lediglich einige Symptome bekämpft“, heißt es in der zugehörigen Pressemitteilung des Clubs, mit der die Telekom öffentlich unter Druck gesetzt wird – von dem Leck, das schließlich behoben wird, sind nicht nur Privatnutzer, sondern beispielsweise auch der BND betroffen.

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Im Jahr 2006 demonstriert der CCC gemeinsam mit einer niederländischen Stiftung, wie sich Wahlcomputer der Firma Nedap manipulieren lassen – die Geräte waren auch bei der Bundestagswahl 2005 eingesetzt worden. Der CCC wird in Folge des Nedap-Hacks erstmals in seiner Geschichte von behördlicher Seite um ein Gutachten gebeten, letztendlich wird der Einsatz der Wahlcomputer im Nachhinein als verfassungswidrig eingestuft.

5. Das Netz wächst immer weiter – und damit auch die Themen des CCC

Eine etwas andere Zugabe der Datenschleuder sorgt 2008 für Wirbel: Als Protest gegen die Speicherung von Fingerabdrücken in E-Pässen stellt der CCC eine Fingerabdruck-Attrappe aus dünner Folie her und legt sie den Heften bei. Der darauf abgebildete Abdruck stammt dabei laut CCC von keinem geringeren als dem damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble – man habe ihn bei einer Veranstaltung von einem Wasserglas abgenommen. Schäuble selbst zeigt sich davon zwar wenig beeindruckt, trotzdem schafft es die Aktion, dem CCC eine mediale Bühne für seine Kritik zu bereiten.

In den Folgejahren setzt sich der Club, der von einigen wenigen „wuselnden Frieks“ zur Institution mit über 8.000 Mitgliedern gewachsen ist, mit diversen digital-politischen Projekten wie der Vorratsdatenspeicherung, dem Staatstrojaner oder der Kontaktdatenspeicherung im Zuge der Coronakrise kritisch auseinander. Die letzte öffentlichkeitswirksame Entscheidung: Zukünftig werde man die CDU nicht mehr über entdeckte Sicherheitslücken informieren. Hintergrund war ein Strafantrag der Partei gegen IT-Sicherheitsexpertin Lilith Wittmann, die eine gravierende Schwachstelle in der Software der Wahlkampf-App CDU Connect entdeckt hatte.

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Das Netz, in das sich die Komputerfrieks von 1981 begaben, ist mittlerweile kaum wiederzuerkennen – und die Lobbyarbeit für ihre Überzeugungen dürfte den CCC-Mitgliedern in den nächsten 40 Jahren nicht ausgehen.

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