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Kolumne

Wer sich krank ins Büro schleppt, ruiniert seinen Arbeitgeber

Zwei Drittel der Beschäftigten gehen trotz Krankheit zur Arbeit. Sei es aus Pflichtgefühl oder aus Angst vorm Chef. Sie wollen nur das Beste. Doch sie erreichen das Gegenteil.

Von Alexandra Vollmer
3 Min.
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Wer krank ist, bleibt am besten zu Hause. Alles andere wird teuer. (Foto: baranq/Shutterstock)

Das Fieber ist schon etwas runter und Markus ist nicht mehr ganz so wackelig auf den Beinen. Er wirft noch zwei Aspirin-Tabletten ein, versorgt sich mit Taschentüchern und fährt ins Büro. Der Abteilungsleiter Entwicklung will seine Truppe nicht hängen lassen. Und da ist noch dieses Projekt, das bis zur Messe stehen muss. Doch Markus tut mit seiner Heldentat nicht nur sich, sondern vor allem auch dem Unternehmen keinen Gefallen. Im Gegenteil. Sein Vor-Ort-Einsatz trotz Krankheit verursacht Kosten – und zwar höhere, als wenn er in seinem Zustand zu Hause geblieben wäre.

Produktivitätsverlust durch Präsentismus

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Die Fachwelt nennt das, was Markus tut, Präsentismus – also die Anwesenheit trotz Krankheit. Und die kommt Unternehmen teuer zu stehen. Studien zeigen, dass die Kosten für Präsentismus höher sind als durch Absentismus – also durch Fehlzeiten. Teilweise sogar doppelt so hoch. So sagt eine Modellrechnung für Deutschland, dass acht Prozent Gesamtproduktivität der Unternehmen durch Präsentismus verloren gehen, hingegen nur vier Prozent durch Fehlzeiten.

„Die Produktivitätsminderung entsteht zum einen dadurch, dass die Beschäftigten nur eine geringe Leistungsfähigkeit abrufen können“, sagt Conny Antoni, Professor für Arbeitspsychologie und Organisationsentwicklung an der Universität Trier. „Wer krank arbeitet, ist viel anfälliger für Fehler.“ Doch das sei nur die eine Seite der Medaille. Hinzu komme, dass Beschäftigte, die krank zur Arbeit gehen und sich eben nicht vollständig auskurieren, spätere, in der Regel längere, Fehlzeiten riskieren.

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Risiko für Arbeitsunfähigkeit steigt

Damit ist ein Ende der Kostenspirale noch immer nicht erreicht. „Wer Raubbau mit seiner Gesundheit betreibt, der riskiert eine spätere Arbeitsunfähigkeit“, warnt Antoni. So zeige eine Studie, dass Personen, die mehr als sechs Mal im Jahr trotz Krankheit zur Arbeit gegangen sind, ein 53 Prozent höheres Risiko einer späteren Arbeitsunfähigkeit tragen. Wer mehr als zwei Wochen krank arbeitet, dessen Risiko steigt sogar auf 74 Prozent, so die Studie.

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Die Folgekosten sind immens. „Fallen Beschäftigte länger oder gar dauerhaft aus, resultieren daraus Kosten für eine Vertretung beziehungsweise Neubesetzung der Stelle“, so der Präsentismus-Experte. „Dramatisch wird es für das Unternehmen, wenn die Stelle nicht besetzt werden kann und so konkrete Leistungen nicht mehr am Markt angeboten werden.“

Riesige Kostentreiber

Auch wenn der grippale Infekt sicher einer der klassischen Präsentismus-Fälle ist, so ist er längst nicht der einzige. Im Gegenteil. Hier reihen sich auch Krankheiten ein, die die Leistungsfähigkeit noch mehr angreifen als ein mittelgroßer Schnupfen. Menschen, die beispielsweise mit Migräne, Allergie oder Bluthochdruck ungemindert zur Arbeit gehen, verursachen besonders hohe Produktivitätsverluste.

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Laut einer Studie können hier Kosten von mehr als 200 Euro pro Mitarbeiter pro Jahr entstehen. Durchschnittlich kostet Unternehmen ein Mitarbeiter, der krank zur Arbeit kommt, immerhin noch 133 Euro pro Jahr. Wenn wir davon ausgehen, dass zwei Drittel aller Beschäftigten krank zur Arbeit gehen, kommt hier eine ordentliche Strange Geld zusammen.

Führungskräfte in der Verantwortung

„Auch wenn jeder Mensch für seine Gesundheit und sein Verhalten selbst einstehen muss, so tragen gerade die Führungskräfte eine besondere Verantwortung für die Gesundheit der Beschäftigten“, so Antoni. „Schließlich prägen vor allem die Führungskräfte die Kultur im Unternehmen und vermitteln durch ihr eigenes Verhalten eine Erwartung darüber, wie sich ihre Mitarbeiter verhalten sollen.“

Es sei ihre Führungsaufgabe, nicht nur auf die Zielerreichung und Aufgabenerfüllung zu achten, sondern auch auf ihre eigene Gesundheit und die Gesundheit ihrer Mitarbeiter. „Zum einen können und sollen Führungskräfte gesundheitsförderliches Verhalten ihrer Mitarbeiter unterstützen und Mitarbeiter, die sich krank und arbeitsunfähig fühlen, darin bekräftigen, zu Hause zu bleiben.“ Mindestens ebenso wichtig sei die Schaffung gesundheitsförderlicher Rahmenbedingungen. „Führungskräfte müssen für eine angemessene Personalbemessung sorgen, die auch Vertretungen im Krankheitsfall ermöglicht“, fordert der Präsentismus-Experte.

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4 Kommentare
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ruko

Im Bereich Sozialpsychiatrie beim Akademiker mit unbefristeter 75000€ Stelle ist die Parametrierung der Gesundheitspsychoökonomie genau umgekehrt, das Ideal ist dass der sympthomfreie Kranke mit seinen Medikamenten in der Lage ist, als Kranker die absolut ideale Arbeitsleistung zu erbringen. Die Gegenspieler sind natürlich die Arbeitgebermediziner und -psychologen, Chefs etc. Denn wenn unserer Arbeitswelt eines hasst, dann die Chronischkranken die perfekt funktionieren und gut integriert sind, sowie es geschafft haben sozial aufzusteigen.

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Schall Rauch

Spoileralarm: Bei der Post darf man nicht all zu oft krank sein, sonst wirft die einen raus.

…aber ich glaube, der Artikel richtet sich nur an Berufsgruppen die eh schon sehr rar sind. Entwickler und Sheldons, die brauchen bestimmt solche Fürsorge und werden die sich auch nehmen, immerhin sind die ja krank und stehen somit kurz vor der Existenzbedrohung. ;-)

Antworten
Elli

Was soll man denn machen, wenn man eine Allergie hat? Einfach zwei Monate oder den kompletten Sommer nicht ins Büro kommen?
Welcher Arzt schreibt einen wegen einer Allergie krank und welcher Arbeitgeber hat Verständnis dafür?

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Johannes W

Ich arbeite im Großraumbüro und ärgere mich jedes Mal, wenn jemand krank zur Arbeit erscheint. Er/Sie ist dann völlig unproduktiv, schafft max. 50% eines normalen Tages, steckt aber gleichzeitig 1-2 Kollegen an, die dann ebenfalls mehrere Tage ausfallen, um dann einen Tag zu früh wieder im Büro zu erscheinen…

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