Analyse
„Always on“ könnte für die Zukunft der Games-Industrie zum echten Problem werden

Was haben Spiele wie „Knockout City“, „Rumbleverse“ oder „CrossfireX“ gemein? Sie sind bald alle verschwunden. Nicht mehr spielbar, weil die Server abgestellt werden. Einige mögen jetzt die Schultern zucken: So ist das halt bei Multiplayer-Online-Games, die nicht genug User anlocken können. Irgendwann werden die Kosten zu hoch. Und es macht ja sowieso keinen Spaß, ein Spiel zu spielen, in dem es keine Mitspieler mehr gibt.
Aber „CrossfireX“ hat auch etwas gemein mit kommenden AAA-Spielen wie „Redfall“ oder „Suicide Squad: Kill the Justice League“. All diese Titel sind „always on“. Sie brauchen eine Internetverbindung, um gespielt werden zu können – und das nicht nur im Multiplayer-Modus, sondern auch in der Singleplayer-Kampagne. Da wird die Sache interessant – und problematisch.
Der Grund für „always on“
Stell dir vor, es ist ein Spiel mit packender Geschichte und niemand kann mehr hin. Genau das kann passieren, wenn mehr Hersteller eine Internetverbindung für ihre Singleplayer-Spiele voraussetzen. Aber wieso machen sie das überhaupt?
Hersteller geben gerne Gründe wie vereinfachte Updates an. Wenn das Spiel konstant mit dem Internet verbunden ist, könnten Bugfixes oder neue Inhalte leichter ausgespielt werden. Der Hauptgrund dürfte aber „Always-on DRM“ sein.
Das ist ein digitales Rechtemanagement, das konstant überprüft, ob User eine authentifizierte Software nutzen. Beim Spielen ruft der Server, mit dem man verbunden ist, die digitalen Zertifikate ab, die das Produkt beglaubigen. So sollen Raubkopien vorgebeugt werden. Es geht also darum, die Spieler und Spielerinnen besser kontrollieren zu können.
Dieses Vorgehen ist jedoch aus diversen Gründen problematisch. Es beginnt damit, dass noch immer viele Menschen keine oder eine schlechte Internetverbindung haben. Wenn also immer mehr Singleplayer-Games eine konstante Internetverdingung voraussetzen, schließt das diese Menschen aus.
Server weg – Spiel weg
Einst wurden diese Singleplayer-Spiele in die Konsole oder den PC gesteckt und losgespielt. Ein fehlerhaftes Spiel blieb fehlerhaft. Später wurden sie auf Festplatten installiert und von den Herstellern mit Updates versehen, so konnten Bugs ausgebügelt und neue Inhalte angeboten werden. Nun aber nähern wir uns einem Punkt, an dem diese Games nicht mehr nur unfertig auf den Markt kommen – sie können sogar komplett unspielbar werden.
Aber es geht auch noch drastischer. „CrossfireX“ zeigt im Kleinen, wie. Wie gesagt, hängt die Möglichkeit, zu spielen, von der Verbindung zum Server ab. Aber das sind nicht irgendwelche Server – sondern vom Hersteller gestellte. Die zu betreiben und zu warten, kostet Geld. Wenn die Kosten-Nutzen-Rechnung aber nicht mehr stimmt, dann wird kaum ein kommerzielles Unternehmen ein Interesse daran haben, die Server weiter zu betreiben. Und das ist bei Singleplayer-Games deutlich eher der Falls als bei sogenannten Games as a Service.
Letztere sind darauf ausgelegt, über einen langen Zeitraum einen konstanten Fluss an Einnahmen zu generieren, auch wenn das freilich nicht immer funktioniert. Singleplayer-Games aber machen den größten Teil der Einnahmen in den ersten Monaten nach der Veröffentlichung. Sicherlich können auch die etwa durch DLCs über einen längeren Zeitraum profitabel bleiben. Aber Jahre nach Erscheinen sind diese Titel keine großen Einnahmequellen mehr für die Hersteller.
Braucht es dann aber einen aktiven Server, um das Game überhaupt spielen zu können, zeigt sich das Problem: Singleplayer-Spiele, die „always on“ sind, werden unspielbar. Damit gehen dann nicht nur eure Investition von mitunter 60 bis 70 Euro flöten, auch gehen Spiele komplett verloren, wenn sie ans Internet gebunden sind. Das sowieso schon flüchtige Medium Videospiel wird noch schwieriger erhaltbar.
Sollte dieser Trend anhalten und große Hersteller allen ihren Spielen eine Internetpflicht mitgeben, werden Spiele also mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum auf den Markt kommen. Und dieses Datum hängt ganz vom Erfolg des Spiels und des Herstellers ab. Geht eine Firma pleite, würde das in vielen Fällen wohl bedeuten, dass auch ihre Spiele unbrauchbar werden.
Gegenbewegungen gibt es aber schon einige. Initiativen versuchen, Videospiele zu archivieren und so der Nachwelt zu erhalten. Entwickler arbeiten an Methoden, Games länger spielbar zu halten. Phil Spencer, der Xbox-Chef von Microsoft, sprach sich erst 2021 für ein stärkeres Interesse der Industrie aus, die eigenen Werke besser zu erhalten.
Und, natürlich, sind es sonst wieder die Spielerinnen und Spieler selbst, die sich darum bemühen, Spiele am Leben zu erhalten. Die kümmern sich bei vielen Multiplayer-Games bereits darum, das Spielen auf privaten Servern weiterhin zu ermöglichen. Das sind hübsche Geschichten von engagierten Fans. Als Modus Operandi für die Zukunft der Games-Industrie sollten sie jedoch nicht herhalten. Die liegt zu großen Teilen in der Verantwortung der großen Studios und Publisher.
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