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Amazon Echo macht die Zukunft zur Gegenwart

Amazons smarter Lautsprecher Echo holt mit scheinbar trivialen aber für Millionen Menschen hochgradig faszinierenden Funktionen die Zukunft in die Gegenwart, konstatiert Martin Weigert in seiner Kolumne Weigerts World.

Von Martin Weigert
4 Min. Lesezeit
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Amazon Echo Dot. (Foto: t3n)

Seit mehr als zwei Jahren folge ich gespannt der Transformation des smarten Amazon-Lautsprechers Echo vom unterschätzten Experiment zum führenden Treiber des sprachgesteuerten Heim-Computings. Lange Zeit zögerte ich mit einem Kauf, hoffend, dass ein Startup-Rivale oder vielleicht gar Open-Source-Anbieter ein vergleichbares Produkt auf den Markt bringen würde. Doch weil daraus bislang nichts wurde, habe ich mir nun doch einen Echo zugelegt. Es erscheint mir nicht länger praktikabel, das Thema „Voice“ im Blick zu behalten, ohne eigene Erfahrungen mit dessen maßgeblichen Wegbereiter zu sammeln.

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Dies ist jedoch kein Erfahrungsbericht. Dazu ist es zu früh (und es gibt genug). Allerdings möchte ich vom Moment der erstmaligen Inbetriebnahme berichten, bei dem zufällig meine Eltern dabei waren. Da ich in Schweden wohne und Amazon den Echo kategorisch nicht in Regionen ohne offizielle Echo-Unterstützung liefert, mussten Mutter und Vater als Lieferadresse herhalten. Und bei der Entgegennahme dachte ich mir, dass ich ihnen doch gleich einmal die Zukunft vorführen könnte. Zuerst vernahm ich eine gewisse Skepsis, gerade hinsichtlich potenzieller Datenschutzverletzungen. Wer kann es ihnen verdenken?! Ein mithörender Lautsprecher, der alles Aufgeschnappte an eines der mächtigsten Internetunternehmen der Welt sendet, hat unweigerlich den Charakter eines trojanischen Pferdes. Doch was nach der Echo-Aktivierung geschah, damit hatte ich nicht gerechnet.

Wetterabfrage per Sprache als Killer-App

Ich erkundigte mich als erstes nach dem Wetter: „Alexa, wie ist das Wetter in Berlin?“. Die durchaus angenehme Stimme der Echo-Software antwortete prompt und sachkundig. Die überraschten Gesichter der beiden Zuschauer hätte ich gerne festgehalten. Dass ich darauf nicht vorbereitet war, zeigt, wie leicht man als Early Adopter digitaler Technologien, der Voice-Control zumindest beim Smartphone hinreichend ausprobiert hat, den beeindruckenden Effekt einer scheinbar trivialen Mensch-Maschine-Interaktion übers Wetter unterschätzt. Die Begeisterung stand meinen Eltern ins Gesicht geschrieben. Noch vergnügter wurden sie, als ich als nächstes um Nachrichten bat und Alexa die Tagesschau in 100 Sekunden zu streamen begann. Jegliche Zweifel waren zumindest in diesem Augenblick purer Verzückung gewichen. Mein Vater konstatierte, dass er zwar mehrmals von der Vision einer Zeit nach dem Bildschirm gehört habe, sich dies aber erst jetzt zum ersten Mal konkret vorstellen könne.

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Die Resonanz auf meine kleine Echo-Demonstration ruft in Erinnerung, wieso der Apparat anfänglich bei Gadget-Fans und Digital-Enthusiasten nicht die selben Jubelarien hervorrief wie andere neue Technologien, aber trotzdem zum Verkaufshit avancierte: Echo kann scheinbar nichts, was nicht ohnehin schon technisch möglich ist. Doch außerhalb der Blase derjenigen, die immer ganz vorne dabei sind und die bereits vor Jahren die Grenzen von Siri und Co ausloteten, nimmt man Echo anders wahr: Als das erste marktübliche Gerät, mit dem man in einem ungezwungenen Rahmen per Stimmbefehl Routineinformationen abrufen und simpelste, mehrfach täglich zum Tragen kommende Alltagsprozesse durchführen kann.

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Was man aus Filmen kennt, wird Wirklichkeit

Echo (und Alexa) repräsentieren nicht eine halbtheoretische Demo dessen, was in ein paar Jahren einmal das Leben verändern könnte – das Produkt zeigt ganz konkret, dass dies hier und jetzt möglich ist. Die Zukunft, die man nur aus Science-Fiction-Filmen kannte, wird schlagartig zur Gegenwart. Die Wirkung einer solchen Erkenntnis kann kaum überschätzt werden. An den Moment, an dem sie das erste Mal mit einer dedizierten Maschine gesprochen haben, werden sich meine Eltern wohl für immer erinnern. Auch wenn die erwähnten Privatsphäre-Bedenken trotz der positiven Reaktion nicht einfach weggewischt werden.

Dass sich meine Eltern nun einen Echo zulegen, ist unwahrscheinlich. Sicher ist dagegen, dass sie mit einer gewissen Faszination Freunden und Bekannten von Echo berichten und auf diese Weise garantiert zumindest bei einigen Neugier wecken werden; und wir sprechen hier wohlgemerkt über eine Generation, die sonst konsequent zwischen „offline“ und „online“ unterscheidet, nachts das Smartphone ausschaltet und traditionell eher distanziert auf Neues reagiert. Aber wenn ein Anbieter kommt und eine Lösung präsentiert, mit der man sich bequem vom Sofa aus per Sprachbefehl die Wetterlage oder die Ergebnisse vom Fußball vorlesen lassen kann, dann ist diesem Unternehmen die Aufmerksamkeit von Millionen gewiss.

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Mangelnde internationale Verfügbarkeit als strategische Schwäche

Der einzige Nachteil bei Amazons Echo-Serie: die Verfügbarkeit. (Foto: t3n)

Amazons Erfolgsaussichten mit dem Echo sind fast ungetrübt. Googles Konkurrenzprodukt „Home“ leidet stärker als Amazon unter dem Makel des Datenkraken-Images. Zudem provoziert es darüber hinaus bei Google einen strategischen Konflikt, weil ein Voice-Assistant das eigene, auf Display-Anzeigen und visueller Suchwerbung basierende Geschäftsmodell zu unterlaufen droht. Apple und Microsoft haben dagegen noch immer keine Rivalen lanciert. Insofern kann Amazon mit seinem sprechenden Gadget sowie Alexas Software- und Entwicklerplattform weitgehend ungehindert expandieren.

Die einzige aktuelle Schwäche am Amazon-Produkt – abgesehen vom kompletten Fehlen von Humor und Schlagfertigkeit bei Alexa sowie „ihrer” derzeit noch begrenzten Lernfähigkeit– sehe ich momentan in der Beschränkung auf lediglich drei Märkte: die USA, Großbritannien und Deutschland. Es darf spekuliert werden, dass eine künftige „Apple Box“ sofort in Dutzenden Ländern mit entsprechendem Sprachensupport eingeführt wird. Siri ist im Gegensatz zu Alexa multilingual. Allerdings arbeitet mit Sicherheit auch Amazon auf Hochtouren an einer Internationalisierung von Alexa. Zu hoffen wäre das auch aus Sicht der nationalen Entwickler- und Startup-Communities: Denn in Ländern, in denen sprechende Smart-Home-Assistenten noch nicht offiziell verfügbar sind, entsteht ein Wettbewerbsnachteil für Akteure, die gerne für Alexa und Co Apps (beziehungsweise „Skills“) entwickeln wollen, aber ihre Zielgruppe nicht erreichen können. Sofern die Stimme tatsächlich eine der dominanten künftigen Interaktionsoberflächen wird, entwickelt sich hier ein erzwungener Innovationsrückstand, der im internationalen Wettbewerb die Digitalwirtschaften ganzer Länder schwächen kann.

Weitere Kolumnen der Serie Weigerts World findet ihr hier. Ihr könnt die vom Autor täglich kuratierten News zur Netzwirtschaft abonnieren oder seinen wöchentlichen E-Mail-Newsletter mit englischsprachigen Leseempfehlungen beziehen.

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9 Kommentare
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Dein t3n-Team

Sebastian

Toller Beitrag und sehr angenehm geschrieben. Da kann sich dein Kollege noch eine Scheibe von abschneiden

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Martin Weigert

Danke!

Antworten
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Leider kann ich Ihre Begeisterung nicht mit teilen. Auch ich habe mir Alexa gekauft. Zum Glück nur das kleine Model (wäre einfach schade um so viel Geld) Am Anfang war ich wahrscheinlich genauso begeistert wie Sie. Nach einem Monat, war die Begeisterung veflogen und nur Frust ist geblieben. Alexa lernt nichts, Alex lernt mich. Ich muss lernen wie ich was fragen soll, wie ich etwas aussprechen soll, wie ich meine Playlists zu benennen habe. Sie kann mir sagen wie Bayern gespielt hat, versteht aber nicht, dass meine nächste Frage einfach eine weitere zu diesem Thema ist und sagt „Das weiß ich leider nicht“ (meiner Meinung nach lieblingswort von Amazon-Echo) Ich konnte sehr viele Playlists von Spotify nicht abspielen weil A-Echo einfach nicht Zahlen als Zahlen interpretiert hat (also habe ich statt „Sommer 2″ Sommer zwei“ gemacht) Es war und bleibt eine Mühe sich die Sachen zu merken die ich aussprechen muss um einfache Aufgaben zu erledigen. Ein Termin zu machen mit entsprechendem Titel ist meiner Meinung nach fast unmöglich. Wenn A-Echo nicht verstanden hat was ich gesagt habe, gibt es keine Möglichkeit zur Korrektur. Es gibt nur „JA“ oder „NEIN“. Was nutzt mir ein Termin mit einem komischen Titel? Die manuelle Korrekturen dauern länger als die einfach per Hand in meinem Kalender einzutragen. Es gibt viele Skills. Ja! Das stimmt. Leider sind die meisten unbrauchbar. Ich will keine „Naturgeräusche Meeresrauschen“ Ich will Skills die mir mein Leben einfacher und nicht schwere gestalten. Mittlerweile benutze ich A–Echo nur als Abspielgerät für meine Playlists. Wie ich schon geschrieben habe: Ich brauche ein Gerät was von mir lernt und mich begleitet und nicht andersrum.
Ach ja! Wetter… Wetter sehe ich auf meinem Handy. Dafür brauche ich kein Lautsprecher.
Ach und Termine… Termine sehe ich auf einem Blick auf meinem Handy. Ich muss nicht mal fragen, ob ich welche habe. Die Liste hier wäre zu lang um alle Punkte zu beschreiben. Deswegen an der Stelle ein Bruch und wie A-Echo schon zu sagen pflegt: „Entschuldigung, das weiß ich leider nicht“ und „ich bin mir nicht sicher“

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Logo_Peda

An ein paar Stellen gibt es Fehler in meinem Beitrag. Leider gibt es keine Korrekturmöglichkeiten (oder ich habe die noch nicht entdeckt) Dafür schon jetzt Sorry!

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Martin Weigert

Klar, in Sachen Intelligenz muss Alexa nun extrem viel dazulernen, da stimme ich voll zu. Allerdings zeugen die größtenteils extrem positiven Bewertungen bei Amazon (sowohl in DE als auch in den USA) davon, dass zumindest unter Nutzern, die Bewertungen schreiben, eine große Zufriedenheit herrscht. Vielleicht ist das eher ein Problem der Erwartungshaltung, was wiederum damit zu tun haben könnte, dass man als t3n-Autor und typische(r) t3n-Leser(in) einfach etwas zu gut Bescheid weiß, was theoretisch schon möglich wäre, und Alexa dran misst?

Antworten
Logo_Peda

Mag sein, dass der typischer t3n-LeserIn besser Bescheid wissen wie ich. Ich habe mir die mühe gegeben und die (über Tausen 5-Sterne Kommentare durchzulesen. Es werden sehr viele Sterne vergeben nur weil, dass die App schnell sich installieren lässt, sehr viele Skills (die man nicht ausprobiert hat) gibt, ein super Sound gibt (hier vermischt Amazon ganz einfach beide Varianten von A-Echo, was zur einer Überbewertung führt), die Skills weiter entwickelt werden (keine Ahnung wie das gemessen wird) und… und…
Wenn man sich allgemein alle Kommentare (nicht nur A-Echo) neigen die Menschen dazu sehr leicht die 5-Sterne zu geben. Es reicht sehr oft, wenn die Ware pünktlich angekommen ist.
Wir sprechen hier über KI und nicht einen Lichtschalter oder wie ein 5-Sterne-Kommentar sagt „Für uns ist im Insgesamten zu sagen dass Echo Dot ein quasi besseres Wohnzimmer oder Badradio ist.“
Ich habe KI gekauft und will auch mit KI kommunizieren. Nicht von KI erzogen werden. Sie ist für mich da und nicht andersrum. Sie muss von mir lernen und nicht nur vorgegebene Befehle ausführen. Ein Diktiergerät habe ich in achtziger Jahren gehabt. Es ist einfach ein wenig verwunderlich, dass etwas was so wenig kann, so hochgelobt wird. Geben wir uns mit so wenig zufrieden?

DocChicago

So ist das nun mal mit den markt- und bald auch meinungsbeherrschenden Internet-Giganten. Wenn das Produkt zu dumm ist, liegt es am Benutzer. Oder mit anderen Worten: Wenn unser Produkt zu blöd ist, eine Glühbirne anzumachen, erklären wir einfach die Dunkelheit zum Standard.
Ich brauche keinen Stasi-Trojaner-Lautsprecher. Wenn ich ein Echo will, fahre ich nach Tirol in die Berge.

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FrankBlabu

Das beste ist der Skill „Pupsgenerator“, der meinen Sohn sehr lange beschäftigen kann. „Alexa, Lautstärke 10! Alexa, aktiviere Pupsgenerator!“. Möchte nicht wissen, was die Nachbarn jetzt so von uns denken.

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DocChicago

Das haben meine Kinder früher mit ’nem Luftballon hingekriegt. Lauter, schneller und billiger. ;-)

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