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Wieso Amazon den Mindestlohn radikal erhöht

Amazon hat in den USA den ausgezahlten Lohn auf ein Mindestniveau von 15 US-Dollar pro Stunde erhöht. Ein großer Schritt, dessen Beweggründe über reinen Altruismus weit hinausgehen.

Von Jochen G. Fuchs
3 Min. Lesezeit
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Amazon erhöht die Mindestlöhne für seine Mitarbeiter in den USA. Im Bild: Amazon-Mitarbeiterin in Deutschland. (Foto: Ina Fassbender/dpa)

Amazon verkündet, dass ab sofort für mehr als 250.000 Mitarbeiter der Lohn erhöht wird. Alle erhalten einen bedingungslosen Mindestlohn von 15 Dollar. Dieser Schritt ist sowohl eine politisch-gesellschaftliche Maßnahme als auch eine unternehmerisch sinnvolle Entscheidung. Reiner Altruismus ist nicht der Grund für die massive Lohnerhöhung, vor allem stehen dahinter strategische Gründe.

Amazon erhöht Mindestlohn auf 15 Dollar

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Amazon erhöht den Mindestlohn für seine US-Mitarbeiter auf 15 Dollar, davon betroffen sind Vollzeitmitarbeiter ebenso wie Teilzeitmitarbeiter, Saisonarbeitskräfte und Zeitarbeiter. Laut Informationen der New York Times sollen externe Mitarbeiter von Partnern nicht davon betroffen sein. In Großbritannien ist der Mindestlohn ebenfalls angehoben worden.

Laut Amazon zahlte das Unternehmen in den USA einen Einstiegslohn von 11 Dollar die Stunde, der durchschnittliche Vollzeitmitarbeiter in einem Logistikzentrum soll bisher schon über 15 Dollar die Stunde verdient haben. Generell werden aber auch Mitarbeiter, die bisher schon durchschnittlich 15 Dollar pro Stunde verdienen, von der Erhöhung profitieren. Gut die Hälfte der über 550.000 US-Mitarbeiter soll von der Lohnerhöhung profitieren, ebenso 100.000 Saisonkräfte, die für Weihnachten eingestellt werden.

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Amazons Lohngefüge setzte sich bisher aus verschiedenen Komponenten zusammen. In den Logistikzentren beispielsweise sollen auch leistungsabhängige Boni gezahlt worden sein, die den Lohn ergänzt haben. Daneben stehen Amazon-Mitarbeiter Aktienoptionen und verschiedene Zusatzleistungen zur Verfügung. Die Zusatzleistungen sollen unverändert bestehen bleiben, die Boni sollen langsam abgeschafft und in festen Mindestlohn umgewandelt werden.

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Schwieriger Arbeitsmarkt in der Logistik und Kundenbetreuung

Amazon Logistikzentrum in Dupont nahe Seattle, USA.

Amazon-Logistikzentrum in Dupont nahe Seattle, USA. (Foto: Jochen G. Fuchs/t3n)

Die Entscheidung von Jeff Bezos, einen höheren Mindestlohn einzuführen, dürfte vielschichtige Gründe haben. Der politische und gesellschaftliche Druck auf das Unternehmen nimmt zu, das ist unbestreitbar. In den USA führen Gewerkschaften seit Längerem eine Kampagne für einen Mindestlohn in Höhe von 15 Dollar pro Stunde. Bisher beträgt der Mindestlohn in den USA 7,25 Dollar. Immer mehr Städte und Bundesländer führen jedoch einen neuen, höheren Mindestlohn von 15 Dollar ein. Unter anderem New York und Kalifornien, so die New York Times.

Neben diesen gesellschaftlichen Veränderungen ist der Markt für Logistik- und Kundenbetreuungsmitarbeiter begrenzt. Das Ausbildungsniveau steigt, immer weniger Menschen wollen als Packer, Paketfahrer oder Callcenter-Mitarbeiter arbeiten. Das sind teilweise harte, schweißtreibende oder zumindest körperlich anstrengende Tätigkeiten, die nicht gerade beliebt sind. Dazu kommt eine sehr niedrige Arbeitslosigkeit von vier Prozent.

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Die Einzelhandelskonkurrenz wie beispielsweise die Supermarktketten Target und Costco haben ihre Mindestlöhne auf 15 beziehungsweise 14 Dollar erhöht – Amazon läuft also auch Gefahr, Mitarbeiter zu verlieren.

Diese Stellen sind aber immens wichtig für die gut geölte Effizienzmaschine Amazon, der Kunde hat die erste Priorität – und der Kunde will einen guten und schnellen Kundenservice sowie verlässlich und pünktlich zugestellte Pakete.

Wieso Amazon einen höheren Mindestlohn einführt

US-Senator Bernie Sanders, der sich besonders für soziale Gerechtigkeit engagiert, zeigte sich von der schnellen und bedingungslosen Erhöhung überrascht und lobte den Schritt auf Twitter. Sanders hatte erst kürzlich behauptet, dass das durchschnittliche Jahresgehalt bei Amazon bei 28.466 US-Dollar läge, was Amazon zu einer seltenen Stellungnahme brachte: Das Unternehmen dementierte und bezifferte das Durchschnittsgehalt auf 34.123 US-Dollar. Das entspräche einem Stundenlohn von 17.77 bei einer angenommenen 40-Stunden-Woche.

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Die Lohnerhöhung wird Amazon einiges kosten, wie viel der Konzern  mehr ausgibt, wird laut eigener Stellungnahme in der nächsten Bilanz ausgewiesen werden. Wieso geht Jeff Bezos diesen Schritt?

  1. Bedarf an Mitarbeitern: Amazon braucht Mitarbeiter. Diese immer wieder neu einzustellen, zu schulen und auf Effizienz zu trainieren, ist uneffizient. Amazon ist nicht gerne uneffizient.
  2. Marktentwicklung: Der Markt bewegt sich sowieso in diese Richtung, der Mindestlohn ist in an einigen Orten und Staaten angehoben worden, Bezos greift dieser Entwicklung jetzt vor.
  3. Wettbewerb: Wenn andere Konzerne für ähnliche Stellen mehr bezahlen als Amazon, wandern Mitarbeiter ab.
  4. Die Vorreiterstellung verschafft Luft und nimmt politischen Gegnern Wind aus den Segeln.
  5. Bezos lebt im gesamten Unternehmen eine positive Fehlerkultur, wenn er den niedrigen Lohn als Fehler betrachtet, kann er diesen auch revidieren.

Was Amazon als Nächstes unternimmt, hat Bezos schon klar angekündigt. Amazon will aktive Lobbyarbeit für eine Erhöhung der gesetzlichen Mindestlöhne in den USA betreiben. Auch aus rein unternehmerischer Sicht ein verständlicher Schritt, denn die Mitbewerber hätten mit niedrigeren Löhnen einen Wettbewerbsvorteil.

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Aj

„1 von 3 Amazon Beschäftigten in Arizona ist auf Staatliche Essensmarken (food stamps) angewiesen.“
Auf diesen Bericht hat Sanders angespielt. Auch aus daher kommt der Wind.

Bericht auf the Intercept.
https://theintercept.com/2018/04/19/amazon-snap-subsidies-warehousing-wages/

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