Wer online bei Amazon oder anderen Onlinehändler:innen einkauft, hat bekanntermaßen keine Möglichkeit, Produkte vor dem Kauf an- oder auszuprobieren. Viele verlassen sich daher auf die Meinungen und Bewertungen anderer Kund:innen – erst recht, wenn es am Prime Day mal schnell gehen soll. Dass viele der Bewertungen jedoch gefälscht sind, ist mittlerweile kein Geheimnis mehr.
Prime Day 2024: Woran erkennt man Fake-Bewertungen bei Amazon?
Vorweg: Ein einzelnes Element, an dem man zweifelsfrei Fake-Bewertungen ausmachen kann, gibt es nicht. Aber verschiedene Faktoren können darauf hindeuten, ob eine Bewertung bei Amazon gefälscht ist. Eine Entscheidung zu treffen, fällt hier nicht leicht, aber oftmals hilft hier das Bauchgefühl weiter. Treffen jedoch mehrere Punkte zu, solltet ihr misstrauisch werden.
- Textlänge: Der oder die durchschnittliche Internetnutzer:in liest nicht nur ungern lange Texte, er schreibt sie auch nicht gerne. Ist eine Rezension also ungewöhnlich lang, ist derjenige entweder verärgert und will seinem Ärger Luft machen oder die Bewertung ist gekauft. Sind beispielsweise viele Vorteile, Anwendungsbeispiele und Produktdetails erläutert, ist die Bewertung nicht unbedingt vertrauenswürdig. Wem ein Produkt gefällt, der schreibt meist kurz und knapp, warum das so ist.
- Der Enkeltrick: Anekdoten aus dem Familienleben, die blumig erzählen, wie kinderleicht der kleine Enkel mit dem Produkt umgehen konnte oder wie begeistert die Ehefrau war, deuten auf ein Fake hin. Sie sollen Authentizität vortäuschen. Viele echte User:innen beschränken sich jedoch auf Fakten, statt aus dem Nähkästchen zu plaudern. Übermäßiges Storytelling macht Bewertungen verdächtig.
- Verifizierte Käufe: Der Hinweis „verifizierter Kauf“ in der Bewertung sagt euch, dass Verbraucher:innen dieses Produkt tatsächlich über Amazon gekauft haben. Wer gefälschte Bewertungen schreibt, tut das allerdings inzwischen zuweilen auch. Und: Es ist natürlich prinzipiell möglich, dass jemand ein Produkt bei Amazon bewertet, das er jedoch woanders gekauft hat (weil es dort vielleicht günstiger war).
- Bewertungsschnellschuss: Bekommt ein Produkt bereits am Tag seiner Markteinführung haufenweise Rezensionen, ist das überaus verdächtig. Den Verkaufsstart mit gefälschten Bewertungen zu pushen, ist eine beliebte Praxis. Echte Kund:innen werden ein Produkt aber erst genauer testen, bevor sie es bewerten.
- Werbefloskeln: Liest sich die Bewertung wie eine Werbetext, wird sie wahrscheinlich nicht echt sein. Auch die vollständige Nennung eines langen Produktnamens ist ebenso unnatürlich wie auffällig SEO-optimierte Texte. Echte Nutzer:innen schreiben selten blumig und bildreich und nennen einen Staubsauger eher „Staubsauger“ und nicht „Elektromax Saubersaug TX-Y 327-B“.
- Andere Bewertungen derselben Person: Wer sich unsicher ist, wie vertrauenswürdig die Bewertung eines Users oder einer Userin ist, kann einfach einen Blick auf weitere Rezensionen des Users oder der Userin werfen. Bewertet jemand häufig die gleiche Produktart (wer kauft denn schon zehn Stereoanlagen?) oder verteilt er durchweg Fünf-Sterne-Bewertungen? Aktive Bewerter:innen sind zwar keine Seltenheit, aber eine Vielfalt an bewerteten Produkten zeugt eher von echten Reviews. Einheitsbrei sollte misstrauisch machen.
- Gegencheck bei Google: Kommen euch manche Phrasen eine Bewertung komisch vor, dann googelt sie einfach mal. So könnt ihr herausfinden, ob diese wortgleich schon woanders aufgetreten sind oder gar aus dem Marketing-Material des Herstellers stammen.
- Ein komplettes Bild machen: Bleibt nicht bei den Top-Kommentaren hängen, sondern schaut euch auch die schlechten oder eher durchschnittlichen Bewertungen an. So erhaltet ihr ein klareres Bild von einem Produkt. Auch Bewertungen auf anderen Portalen oder unabhängige Produkttests helfen dabei.
Oft wird auch die Rechtschreibung als Signal für Fakes genannt. Korrekte Grammatik, Orthografie und Interpunktion gilt häufig als Warnsignal. Dieser Faktor ist jedoch sehr unsicher. Zum einen wissen Agenturen, die Fake-Bewertungen anbieten, dass User:innen misstrauisch gegenüber fehlerfreien Rezensionen sind, und streuen daher absichtlich Fehler ein.
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Der Unterschied zwischen echten Flüchtigkeitsfehlern und absichtlich platzierten Falschschreibungen ist kaum zu erkennen. Außerdem gibt es tatsächlich eine beachtliche Menge User:innen, die auch online auf korrekte Zeichensetzung und Groß- und Kleinschreibung achten.
Wie kämpft Amazon gegen Fake-Bewertungen?
Amazon und weitere Plattformen haben es schwer, gegen Fake-Bewertungen vorzugehen, da es zwar, wie gesagt, eine Reihe von Indizien gibt, wann eine Rezension nicht der Wahrheit entspricht oder nur aus Vorteilsnahme oder Gefälligkeit erfolgt ist, das Unternehmen bemüht sich aber dennoch, auf verschiedene Arten gegen Fake-Bewertungen vorzugehen:
- Technische Mittel: Amazon analysiert dem Vernehmen nach sämtliche Bewertungen auf Plausibilität. Welche Kriterien das Unternehmen genau anlegt, macht man natürlich nicht öffentlich. Bekannt ist aber, dass eine Machine-Learning-Lösung damit verknüpft ist, die im Laufe der Zeit bessere Einstufungen schafft und auch auf aktuelle Trends und Entwicklungen in dem Business (es ist inzwischen tatsächlich ein handfestes Geschäft) berücksichtigt.
- Juristische Mittel: Seit Jahren kämpft Amazon international gegen Plattformen und Unternehmen, die mit dem gewerblichen Vermitteln und Generieren von Bewertungen und Rezensionen ihr Geld verdienen.
- Ausschluss vom Marketplace: Zusätzlich setzt Amazon nicht nur bei den Dienstleister:innen und Vermittler:innen an, sondern auch bei Unternehmen und Private-Label-Betreiber:innen, die gezielt mit Gefälligkeitsbewertungen arbeiten. Natürlich ist auch hier noch reichlich Luft nach oben, aber generell hat der Konzern hier zumindest für etwas mehr Gerechtigkeit gesorgt.
Klar ist aber auch hier, dass der Onlinehändler ein Interesse daran hat, dass das Bewertungssystem nicht unterlaufen wird – schließlich ist es eines der zentralen Elemente bei Kaufentscheidungen von Kund:innen und hat Amazon berühmt gemacht.
Prime Day: Mit welchem Tool kann man Fake-Bewertungen enttarnen?
Wer sich nicht sicher ist, wie vertrauenswürdig die Reviews zu einem Produkt auf Amazon sind, kann das Tool Review Meta zur Hilfe nehmen. Die Software filtert nicht nur gefälschte Bewertungen heraus, sondern auch die Bewertungen von Kund:innen, die das Produkt kostenfrei erhielten. So sollen sich User:innen ein möglichst objektives Bild machen können.
Anhand verschiedener Kriterien untersucht das Tool, welche Bewertungen möglicherweise gefälscht sind:
- Handelt es sich um einen verifizierten Kauf? Wenn nicht, könnte das Produkt auch woanders erworben sein. Das allein gibt aber noch keine Auskunft über die Vertrauenswürdigkeit einer Rezension.
- Ist die Bewertung ungewöhnlich lang und werden darin verräterische Formulierungen genutzt?
- Hat der oder die Verfasser:in am gleichen Tag auffällig viele Bewertungen geschrieben oder hat das jeweilige Produkt an diesem Tag ungewöhnlich viele Reviews erhalten?
- Wie viele Bewertungen hat der oder die Kund:in bereits abgegeben? Wie regelmäßig sind diese und wie ist die allgemeine Tendenz der Bewertungen?
Anhand der URL prüft Review Meta die Bewertungen, erstellt anschließend eine bereinigte Durchschnittsbewertung und zeigt an, wie viele Reviews tatsächlich für eine objektive Bewertung herangezogen werden können.
In den Analyse-Details kann man sich außerdem die am meisten und am wenigsten vertrauenswürdige Bewertung ansehen. Zudem gibt es unter anderem Infos über typische und sich wiederholende Phrasen und wie viele der bewertenden User:innen über das getestete Produkt hinaus die gleichen Produkte bewertet haben.
Fazit: Fake-Bewertungen bleiben ein Problem – auch am Prime Day
Wahrscheinlich wird es Amazon und anderen Portalen nie ganz gelingen, gefälschten Bewertungen den Riegel vorzuschieben. Als potenzielle Käufer:innen solltet ihr daher genau hinschauen, euch auf euren gesunden Menschenverstand verlassen und im Zweifel andere Quellen zu Rate ziehen. Dabei solltet ihr nicht nur bei positiven Bewertungen misstrauisch sein. Häufig werden Fake-Rezensionen auch eingesetzt, um Mitbewerber:innen schlechter dastehen zu lassen. Macht euch eine Bewertung absolut misstrauisch, könnt ihr sie außerdem an Amazon zur Überprüfung melden.