Anti-Aging: Forscher testen Medikamente für ein längeres Leben – dabei gibt es schon ein einfaches Mittel
Seite 3 / 3Das waren jetzt 3 von 12 Beispielen für mögliche Ansatzpunkte gegen das Altern …
Auch noch interessant ist das Phänomen, dass unser Blut offenbar Stoffe enthält, die das Alter beeinflussen. In den USA wurden vor einigen Jahren Experimente gemacht, wo eine alte Maus und eine junge Maus regelrecht zusammengenäht wurden, um ihre Blutkreisläufe zu verbinden. Ein Experiment, das in Deutschland sicher nicht genehmigt worden wäre. Und da konnte gezeigt werden, dass wenn man die Blutkreisläufe verbindet, dann zeigte die alte Maus Merkmale einer jüngeren Maus und umgekehrt die jüngere Maus Merkmale eines älteren Tiers. Der gleiche Effekt ließ sich bei Mäusen auch über Bluttransfusionen erreichen. In den USA haben manche Firmen das auch schon an Menschen, unter anderem an Alzheimerpatienten getestet, und es gibt dort Unternehmen, die das auch für Privatleute anbieten. Das heißt, junge Leute spenden ihr Blut oder ihr Plasma und das wird dann in alte Leute injiziert. Aber ob das den Alterungsprozess im Menschen wirklich positiv beeinflusst, ist noch nicht nachgewiesen.
Im Zusammenhang mit Altersprozessen ist oft auch die Rede von sogenannten Telomeren – zum Beispiel, wenn es um die Bestimmung des biologischen Alters geht. Gibt es auch Therapien, die hier angreifen?
Telomere sind ja die Chromosomenenden, die sich mit jeder Zellteilung und damit eben auch beim Altern verkürzen. Und das Enzym Telomerase, was sie wieder verlängern könnte, ist normalerweise nur in unseren Stammzellen und in der Keimbahn aktiv. Die Idee ist dann natürlich, die Telomerase in allen Körperzellen wieder zu aktivieren. Es konnte auch gezeigt werden, dass dieser Ansatz in Mäusen durchaus funktionieren kann und die Mäuse länger leben. Das Problem dabei ist, dass eine aktive Telomerase vermutlich das Risiko für Krebserkrankungen steigert, denn auch Tumorzellen nutzen sie für ihr Wachstum. Deswegen muss man zwischen Anti-Tumor-Effekt und Anti-Aging-Effekt abwägen. Der Ansatz war lange sehr populär, steht aber jetzt nicht mehr so sehr im Zentrum, weil es mittlerweile auch andere vielversprechende Ansätze gibt.
Könnten die verschiedene Anti-Aging-Strategien auch parallel eingesetzt werden?
So weit ist die Forschung noch nicht – zu sagen, ob es einen additiven Effekt gibt, wenn man zum Beispiel Rapamycin nimmt, Senolytika und noch eine Bluttransfusion von einem jüngeren Menschen. Selbst in der Maus ist mir keine Studie bekannt, wo diese potenziellen Ansätze mal vereint worden wären. Die Frage wäre dann natürlich: Wird die Maus dann immer langlebiger? Oder ist da eine Grenze, die man auch mit all diesen Interventionen zusammen nicht überschreiten kann?
Schon lange ist bekannt, dass sich auch ohne Medikamente einiges für ein längeres Leben tun lässt: Sport treiben zum Beispiel, eine gesunde Ernährung und der Verzicht auf Alkohol und Zigaretten. Wie ist das im Vergleich zu pharmakologischen Therapien zu gewichten?
Bei der Ernährung ist das sehr klar: Wir haben gezeigt, dass Diäten sehr wirkungsvoll sein können – und auch sehr simpel, zumindest im Tierversuch: Kürzt man das Futter um 40 Prozent, verlängert sich das Leben der Mäuse um 30 bis 40 Prozent. Es ist einer der stärksten Effekte, die wir sehen. Er ist auch deutlich stärker als zum Beispiel der Effekt über die Yamanaka-Faktoren mit einer Lebensverlängerung im Tierversuch von 10 bis 15 Prozent. Auch die Senolytika kommen – im Moment zumindest – noch nicht an den Effekt einer drastischen Diät heran. Es gibt dazu auch schon Studien mit Menschen, wobei die Nahrungsmenge allerdings in der Regel nur um 25 Prozent reduziert wurde.
Und was kam dabei heraus?
Die größte Studie dazu, die über zwei Jahre lief, testete die Diät mit 145 Teilnehmern, weitere 75 fungierten als Kontrollgruppe. Die Gesundheit der Probanden auf Diät verbesserte sich deutlich. Auch das Wohlbefinden stieg und die Schlafqualität verbesserte sich. Die Leute waren häufig auch zufriedener. Wichtig zu erwähnen ist dabei, dass die Diät an normalgewichtigen, gesunden Menschen getestet wurde, also die gesundheitlichen Benefits nicht allein durch den Gewichtsverlust zu erklären sind.
Das klingt gut, verlangt aber auch eine Menge Selbstdisziplin. Eine Pille zu nehmen, wäre sicher einfacher. Wann könnte denn ein erstes Anti-Aging-Medikament auf den Markt kommen – und für wen?
Erstmal muss man etwas haben, was auch nachgewiesen funktioniert. Und so weit sind wir einfach noch nicht. Die letzten 10, 20 Jahre wurde viel Grundlagenforschung gemacht und man hat verschiedene Wirkstoffkandidaten identifiziert. Jetzt wird gerade damit begonnen, in klinischen Studien der Phase 1 zu klären, ob die Wirkstoffe bei Menschen negative Nebenwirkungen haben. Wir stehen also gerade noch an der Schwelle zu langfristigen Untersuchungen. Und erst die werden zeigen, ob es in der Zukunft ein wirksames Anti-Aging-Mittel für uns geben wird.