- Siri: Apples offenbar größte KI-Baustelle
- KI-Siri: Apple-Intern offenbar ein Politikum
- KI-Siri: Warum ist der Sprachassistent noch nicht schlauer?
- Diese iPhone-Funktionen kennst du vermutlich noch nicht
- Sind Privatsphäre und leistungsfähige KI-Modelle vereinbar?
- Siri LLM: Alte und neue Siri sollen vereint werden
Apple Intelligence: Warum ist Siri immer noch so dumm?

Trotz der neuen, im Vollbild schimmernden Siri-Animation, das in Deutschland mit iOS 18.4 einziehen wird, ist Apples Sprachassistent noch nicht schlauer. (Foto: t3n)
Apple Intelligence, allen voran eine smartere Siri, sollte mit iOS 18 starten. Bis heute hat der Hersteller zwar einige erste Features des hauseigenen KI-Pakets ausgeliefert, das mit dem Update von iOS 18.4 auch in Europa und Deutschland starten wird. Der Funktionsumfang von Apple Intelligence entspricht derzeit aber bei Weitem noch nicht dem, was der Hersteller im Juni 2024 im Zuge der Entwicklerkonferenz in Aussicht gestellt hatte.
Siri: Apples offenbar größte KI-Baustelle
Mittlerweile hat Apple eingestanden, dass es mit der Entwicklung der geplanten Features – vor allem der Siri mit KI-Funktionen – deutlich länger dauert als erhofft. Für Apple kann ein solches Statement als lautes Warnsignal verstanden werden, da der Hersteller solche Aussagen in der Regel nur dann macht, wenn die Lage wirklich ernst ist.
Derweil wird auch die Kritik immer lauter. So wirft etwa John Gruber, der seit über 20 Jahren sein Blog Daring Fireball betreibt und dem Unternehmen in der Regel eher wohlgesonnen ist, Apple vor, die Öffentlichkeit mit der Siri-Demo im Juni 2024 getäuscht zu haben.
Apple habe von Anfang an zu viel versprochen, wenn nicht gar gelogen, so Gruber. Das Unternehmen habe auf der WWDC 2024 nie eine echte Demo der neuen, smarteren Siri gezeigt, sondern nur vorgefertigte Inhalte wiedergegeben. Die Idee der im letzten Jahr angekündigten KI-Siri ist, Nutzer:innen besser verstehen zu können und mehr über sie zu wissen. Zudem sollte die neue Siri die Fähigkeit besitzen, innerhalb und über Apps hinweg Dinge zu erledigen. All dies kann der Assistent bis heute nicht – und wird es laut Apple auch bis auf Weiteres nicht können.
In einem ersten Test zeigte sich die Siri-Version, die mit iOS 18.4 – inklusive Apple Intelligence in Deutschland – an den Start gehen wird, nicht viel besser als die, die wir alle kennen. Auf Fragen weiß der Assistent meist keine Antwort und verweist uns auf die Websuche oder auf ChatGPT. Bei für Siri zu komplexen Anfragen springt aber auch ChatGPT nicht immer an. Auf die simple Frage, „Wo gibt es die besten Zimtschnecken in Bremen“, die der Google Assistant oder Gemini schnell und treffsicherer beantwortet hat, kommt von Siri die Ansicht einer Karte zu einer Pudelzucht namens „Zimtschnecke“ außerhalb Bremens.

Die neue Siri liefert gelegentlich immer noch seltsame Ergebnisse. Kurioserweise ist ChatGPT nicht eingesprungen. (Foto: t3n)
Selbst die noch einfachere Frage, in welchem Monat man sich befindet, kann Siri noch nicht beantworten. Auf Reddit ist ein ganzer Thread zu dieser weiteren Siri-Peinlichkeit zu finden, den auch Gruber entdeckt hatte. Siri konnte uns diese Frage übrigens auch nicht beantworten und entgegnete mit einem „Ich habe das nicht verstanden“. Für ein Produkt, das Apple vor 13 Jahren mit dem iPhone 4s eingeführt hatte, sind die Resultate ernüchternd.
KI-Siri: Apple-Intern offenbar ein Politikum
Dass die KI-Siri innerhalb Apples ein heikles Thema zu sein scheint, berichtet neben Gruber auch der in der Regel gut informierte Mark Gurman. Es heißt, dass nicht nur das Marketing-Team rund um Marketing-Chef Greg Joswiak, das für die monatelang laufende Werbekampagne der nicht existierenden Siri verantwortlich ist, die allein Schuldigen seien. Auch die Verantwortlichen der Software- und KI-Entwicklung, wie Craig Federighi (Apples Software-Chef) und John Giannandrea (Apples KI-Chef) – als auch Apple-Chef Tim Cook selbst, seien für den KI-Fail zur Verantwortung zu ziehen – quasi ein kollektiver Management-Fail.
Gurman ist überdies zu Ohren gekommen, dass Robby Walker, Senior Director für die „Siri Experience“, sich bei einem „All-Hands“ zur Siri-Situation in scharfen Worten zum derzeitigen Zustand des Sprachassistenten geäußert haben soll. Er bezeichnete die verzögerte Entwicklung zentraler Features als „hässlich und peinlich“.
Die Probleme rund um Siri haben laut Bloomberg gar dazu geführt, dass der KI-Experte Giannandrea, den Tim Cook 2018 von Google abgeworben hatte, nun seine Verantwortlichkeit für den Sprachassistenten an Federighi abgeben musste. Es heißt, Tim Cook habe „das Vertrauen in die Fähigkeit von KI-Chef John Giannandrea verloren, die Produktentwicklung voranzutreiben“. Nun soll Vision-Pro-Produktchef Mike Rockwell unter Federighi Siri auf die geplante Erfolgsspur bringen. Ausgang: ungewiss.
KI-Siri: Warum ist der Sprachassistent noch nicht schlauer?
Dass Apple mit den vielversprechenden KI-Funktionen Siris die Werbetrommel rührte, ist durchaus zu verstehen, schließlich sind KI-Features einer der Faktoren, mit denen Smartphones und Notebooks noch einen gewissen Innovationssprung absolvieren können, während es bei der Hardware kaum noch Spielraum gibt. Doch es zeigt sich, dass Apple in Sachen KI schlichtweg noch nicht auf dem Entwicklungsstand ist wie OpenAI, Google oder Amazon.
Angesichts dessen, dass Apple sich nicht sonderlich tief in die Karten schauen lässt, ist es schwierig, Gründe für die Situation zu finden, in der sich das Unternehmen befindet. Doch ein paar Aspekte liegen durchaus auf der Hand.
Zum ist offensichtlich, dass Apple seinen Sprachassistenten Siri trotz alljährlicher Hoffnung auf einen großen Entwicklungssprung nicht smarter hinbekommt. Dies dürfte unter anderem mit Apples Stärke zusammenhängen, großen Wert auf Datenschutz und Privatsphäre zu legen. Auf Nachfrage von t3n wollte Apple sich nicht zu diesen möglichen Hindernissen äußern.
Diese iPhone-Funktionen kennst du vermutlich noch nicht
Sind Privatsphäre und leistungsfähige KI-Modelle vereinbar?
Eines von Apples großen Werbeversprechen ist es, persönliche Daten zu schützen und die Privatsphäre zu wahren. Ein Bestandteil dieses Datenschutz-Versprechens ist das 2016 mit iOS 10 angekündigte Differential Privacy. Damals hieß es, dass diese Funktion Siri mithilfe unserer Daten besser machen sollte, ohne dass unsere Daten identifizierbar seien.
Dass Siri seitdem nicht viel schlauer geworden ist, dürfte ein Hinweis dafür sein, dass der Ansatz vielleicht unsere Daten schützt, aber Siri nicht dazu verholfen hat, besser zu werden. Wie schlau Siri heute ist, hatten wir schon geklärt.
Ein weiterer möglicher, die Entwicklung einschränkender Faktor könnte das Konzept sein, möglichst viel von der KI-Arbeit direkt auf dem iPhone zu erledigen: Nur das, was unbedingt nötig ist, soll in die Apple-Cloud geschickt werden. Doch diese Strategie mag schwieriger sein, als Apple gedacht hat. Die direkt auf dem Smartphone befindlichen KI-Modelle sind in der Regel nicht so leistungsfähig wie jene, die auf den Unternehmensservern mit mehr Rechenpower laufen.
Auch die in die Cloud ausgelagerten anspruchsvolleren KI-Aufgaben sollen in puncto Datenschutz genauso sicher sein wie auf dem iPhone: Dafür setzt Apple ein sogenanntes Private-Cloud-Compute-System ein. Bei diesem werden KI-Aufgaben vom iPhone in die Cloud zur Bearbeitung geschoben und danach wieder gelöscht. Private Daten sollen laut Apple nicht für das KI-Training eingesetzt werden. Damit unterscheidet sich Apples Ansatz deutlich von Unternehmen wie Alphabet, Amazon oder Meta, die enorme Mengen an persönlichen Daten sammeln und speichern.
Siri LLM: Alte und neue Siri sollen vereint werden
Eine weitere Herausforderung Apples ist wohl, dass Siri derzeit mit zwei separaten Backend-Systemen arbeitet. Eines dient lediglich für einfache Anfragen wie das Stellen eines Timers oder Weckers, das andere für komplexere Aufgaben. Künftig sollen beide Systeme unter einer Architektur namens „Siri LLM“ vereint und dadurch die Leistung verbessert werden.
Zudem plant der Hersteller, Siri so zu einer Art Chatbot à la ChatGPT oder Gemini Live zu machen. Diese Schritte könnten indes erst mit iOS 20 kommen, heißt es mittlerweile.
Ob Apple Siri in den Griff bekommt, ist zu hoffen, aber noch ungewiss. Bis dahin bleibt iPhone-Nutzer:innen, die mit einem smarteren Assistenten interagieren wollen, der Griff zu ChatGPT oder Gemini. Allerdings sind diese Werkzeuge bei weitem nicht so tief in Apples Betriebssystem und Ökosystem integriert, wie es eine KI-basierte Siri sein wird.