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Unfall im Homeoffice: Wer haftet jetzt?

Viele arbeiten aktuell in den eigenen vier Wänden. Beschäftigte sind während ihrer Arbeit versichert – aber wie sieht es aus, wenn ein Unfall im Homeoffice passiert? Wann ist es ein Arbeitsunfall?

Von Kira Schwitzki
4 Min. Lesezeit
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(Foto: Pheelings media / shutterstock)

Die meisten, die von zu Hause aus arbeiten, sitzen am Laptop oder PC. Zugegeben, die Wahrscheinlichkeit, sich am Bildschirmarbeitsplatz zu verletzen, mag verglichen mit den Risiken von Bauberufen oder professionellen Sportler*innen gering sein. Aber auch im Homeoffice passieren trotz aller Vorsicht immer wieder Unfälle.

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Bei Arbeitsunfällen haftet in der Regel die gesetzliche Unfallversicherung für entstandene Personenschäden. Doch wie ist der Versicherungsschutz im Homeoffice geregelt? Denn wenn Arbeitsplatz und Wohnraum verschmelzen, kann es schwierig werden, Berufliches und Privates strikt voneinander abzugrenzen.

Homeoffice, mobiles Arbeiten und Telearbeit – was ist der Unterschied?

Sprechen wir umgangssprachlich vom „Homeoffice“, machen wir damit meistens lediglich deutlich, dass in irgendeiner Form von zu Hause aus gearbeitet wird. Aus arbeitsschutzrechtlicher Sicht unterscheidet man jedoch grundsätzlich zwei Arbeitsmodelle: Telearbeit und mobile Arbeit.

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Die Telearbeit erfordert eine klare vertragliche Vereinbarung zwischen Unternehmen und beschäftigter Person. Arbeitgeber*innen sind in diesem Fall dafür zuständig, einen festen Arbeitsplatz im Privatbereich der Mitarbeitenden einzurichten. Und zwar mit allem Drum und Dran: Mobiliar sowie Arbeitsmittel müssen bereitgestellt und sicher installiert werden. Auflagen und Rahmenbedingungen hierfür gibt die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) vor.

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Anders sieht es aus, wenn Mitarbeitende zeitweise im Homeoffice arbeiten, dort aber keinen fest eingerichteten Telearbeitsplatz haben: Dann ist die Rede von mobiler Arbeit. Ob Schreibtisch, Küchentisch oder Balkon für das Homeoffice herhalten, ist dabei unerheblich. Im Gegensatz zur Telearbeit unterliegt mobiles Arbeiten daher auch nicht den Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung.

Auch im Homeoffice geschützt

Sowohl für Telearbeit als auch für mobiles Arbeiten gilt: Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und Unfallverhütungsvorschriften (UVV) sind im Homeoffice nicht weniger relevant als im Büro. Die Fürsorgepflicht verlangt es von Arbeitgeber*innen, für die Sicherheit ihrer Mitarbeitenden zu sorgen. Da Beschäftigte gerade im Homeoffice eine erhöhte Eigenverantwortung für ihren Gesundheitsschutz tragen, sollten Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen umso mehr Unterstützung anbieten. Dazu zählt auch, Mitarbeitende in gesundheitsfördernden Maßnahmen wie dem Einhalten von Arbeitszeiten und Pausen oder der ergonomischen Arbeitsplatzgestaltung zu unterweisen.

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Unberührt bleibt im Homeoffice auch der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Geschieht ein Unfall im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, übernimmt die Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse Kosten für Behandlung und Ausfallzeiten.

Die Vermischung der beruflichen und privaten Sphären wirkt sich allerdings auf den Versicherungsschutz im Homeoffice aus. Wann ein Unfall von der Rechtsprechung als Arbeitsunfall beurteilt wird, hängt stark vom Einzelfall ab. Hier lohnt es sich, einen Blick auf vergangene Urteile des Bundessozialgerichts zu werfen.

Haftung ist Einzelfallsache

Was fürs Büro zählt, betrifft ebenso das Homeoffice: Entscheidend ist nicht die Unfallumgebung, sondern immer die Frage, ob Handlung und Unfallereignis in einem sachlichen Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit stehen. Auch genannt Handlungstendenz.

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Grundsätze hierzu lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Unfälle, die unmittelbar durch die Ausübung der beruflichen Tätigkeit veranlasst werden, deckt die gesetzliche Unfallversicherung ab. Werden dienstliche Tätigkeiten für private Zwecke unterbrochen, sind Beschäftigte währenddessen nicht mehr unfallversichert. Pausen jeglicher Art werden als eigenwirtschaftliche Tätigkeiten bewertet, zum Beispiel auch private Telefonate.

Unterwegs zur Betriebsstätte befinden sich Beschäftigte ab Verlassen ihrer Haustür auf einem nach Sozialgesetzbuch versicherten Arbeitsweg. Verletzen sich Angestellte auf dem Weg vom Homeoffice zu einem Kundentermin oder Meeting im Büro, liegt ein Wegeunfall vor. Bei Wegeunfällen innerhalb des Homeoffice lehnt die DGUV eingeforderte Leistungen allerdings häufig ab. Zum Beispiel, wenn der Schreibtisch für einen Gang zur Kaffeemaschine in der Küche verlassen wird.

Hier führen die Wege auseinander

In diesen Fällen unterscheiden sich die Regelungen für Homeoffice und Büro: Zwar sind in den Betriebsräumen Hin- und Rückwege zu Kantine oder WC versichert, im Homeoffice allerdings nicht. So lautet das Urteil des Sozialgerichts München auf die Klage eines Beschäftigten, der einen Sturz zwischen Toilette und seinem Homeoffice-Arbeitsplatz geltend machen wollte. Der Unfall habe sich auf dem Weg zu einer höchstpersönlichen Verrichtung ereignet. Arbeitgeber*innen sei es außerdem nicht möglich, in den privaten Räumlichkeiten ihrer Mitarbeitenden für die umfassende Sicherheit der Einrichtung zu sorgen.

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Durchsetzen konnte sich hingegen eine Klägerin, die auf dem Weg zu ihren im Keller eingerichteten Büroräumen auf der Treppe stürzte und sich an der Wirbelsäule verletzte. Der Unfall geschah, als die Angestellte mit Laptop bepackt auf dem Weg zu einem dienstlichen Telefongespräch stolperte. Die Berufsgenossenschaft lehnte ihren Antrag ab, das Bundessozialgericht entschied im November 2018 jedoch: Es handelt sich um einen Arbeitsunfall.

Nachholbedarf gibt es bei der aktuellen Rechtslage zur Unfallversicherung von Arbeitnehmer*innen, die ihre Kinder vom Homeoffice aus zu einer Betreuungsstelle bringen. Denn wer seine Kinder auf dem Weg zur Betriebsstätte in der Kita oder Schule absetzt, ist unterwegs in der Regel gesetzlich unfallversichert. Als eine Mutter auf dem Rückweg von der Kita ins Homeoffice mit ihrem Fahrrad stürzte und sich den Ellenbogen brach, wies das BSG in seinem Urteil vom Januar 2020 jedoch die Erstattung der Behandlungskosten zurück.

Kabel-Wirrwarr und Lego-Bausteine

Es ist nicht verwunderlich, dass die Corona-Pandemie auch das Unfallgeschehen beeinflusst hat – so geht es aus einer veröffentlichten Statistik der DGUV hervor. Im ersten Halbjahr 2020 sank die Zahl der Arbeitsunfälle um 15,2 Prozent, gemeldete Wegeunfälle gingen sogar um 20,2 Prozent zurück.

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Statistisch gesehen bilden Stürze die häufigste Ursache von Unfällen. Wichtig ist deshalb: Auch im Homeoffice sollten Stolperfallen unbedingt aus dem Weg geräumt werden. Ansammlungen loser Kabel, herumliegendes Spielzeug und improvisierte Leitern haben schon zu so manchem Unglück geführt.

Es ist leichter gesagt als getan, aber nicht nur für den Unfallschutz sollten Privates und Berufliches im Homeoffice so gut es geht voneinander getrennt werden. Geschieht ein Unfall, ist es unbedingt notwendig, die genauen Umstände des Ereignisses zu dokumentieren. Unfallzeitpunkt, Ort sowie Beweismittel und Zeugenaussagen zur Tätigkeit im Augenblick des Unfalls sind ausschlaggebende Indizien für die Ermittlung der Handlungstendenz – und die Klärung der Frage, ob ein Arbeitsunfall vorliegt oder nicht.

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Titus von Unhold

„Die Fürsorgepflicht verlangt es von Arbeitgeber*innen, für die Sicherheit ihrer Mitarbeitenden zu sorgen.“

Juristisch leider nur eine Halbwahrheit und damit vollkommen falsch, das fängt schon bei den Begrifflichkeiten an. Das SGB VII verlangt vom Unternehmer dass er gegenüber den Beschäftigten seiner versicherten Betriebsstätte der Gefährdung entsprechende Unfallverhütungsmaßnahmen betreibt. Das hat absolut gar nichts mit der zivilrechtlichen Arbeitgebereigenschaft des BGB zu tun, denn gemäß ArbSchG sind die Maßnahmen auch gegenüber Verrichtungsgehilfen i.S.v. 831 BGB zu ergreifen, auch wenn beide rechtlich selbständige Unternehmer sind. Die BetrSichV, neben 12. BImSchV Teilnachfolger der StöV, geht sogar soweit dass bestimmte Vorschriften generell auch auf Besucher anzuwenden sind.

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