Was passiert mit dem Strom, der erzeugt wird, ohne dass er genutzt wird? Und was passiert, wenn wir gerade Strom brauchen, aber keiner produziert wird? Diese Fragen beschreiben ein Grunddilemma der Energiewende, dem sich Audi und die Hager Group, ihres Zeichens Experten für elektrotechnische Installationen, nun angenommen haben.
Erneuerbare Energien auf dem Vormarsch, aber Versorgungssicherheit schwierig
Gerade bei erneuerbaren Energien ist es konzeptionell so, dass sie nicht bedarfsgerecht, sondern nach Wetterkonditionen zur Verfügung stehen. Gibt es viel Wind, gibt es viel Strom. Gibt es viel Sonne, gibt es viel Strom. Gibt es beides nicht, kann auch kein Strom erzeugt werden. So verpufft zu manchen Zeiten viel Energie, weil sie nicht umstandslos gespeichert werden kann, während sie zu anderen Zeiten dringend benötigt werden würde.
Die steigende Verfügbarkeit haushaltsnaher Stromspeicher, nämlich der Hochvoltbatterien moderner Elektroautos, kann beide Probleme lösen. Neben Tesla, Nissan und VW arbeitet nun auch Audi an einer Technologie, die gemeinhin als Vehicle-to-Grid oder Vehicle-to-Home, je nachdem, ob eine Einspeisung ins Haushaltsnetz oder ins öffentliche Stromnetz erreicht werden soll, bezeichnet wird.
Die Idee ist, dass Elektroautos (oder in der Garage verbaute Batteriespeicher) zu Zeiten hoher Stromverfügbarkeit laden und den gespeicherten Strom zu Zeiten schwacher Stromverfügbarkeit wieder abgeben. So könnten die Netze in Zeiten der sich beschleunigenden Energiewende stabilisiert werden. Das bedarf natürlich eines Skaleneffekts, der aktuell noch in weiter Ferne ist und deutlich mehr verkaufte E-Autos bedürfte.
So versorgt Audis E-Auto den Eignerhaushalt mit Strom
Audis Konzept des bidirektionalen Ladens richtet sich an Eigenheimbesitzer, verfolgt also den Vehicle-to-Home-Ansatz, der weit einfacher zu etablieren ist. In Audis Anwendungsfall besitzt der E-Autoeigner zusätzlich ein Haus, auf dem sich eine Photovoltaikanlage befindet. Die erzeugt bei Schönwetter Strom, den das Haus nicht im Verfügbarkeitszeitpunkt verbrauchen kann.
Dieser Strom wird nun in der Batterie des E-Autos gespeichert. Produziert die Photovoltaikanlage nun nicht genügend Strom, etwa nachts, soll die Audi-Batterie den zuvor gespeicherten Strom wieder in das Haushaltsnetz abgeben. Dabei haben die Forscher bereits eine Erweiterbarkeit des Systems mit einem fest im Haus verbauten Batteriespeicher vorgesehen.
Der übernimmt einerseits die Funktion des E-Autos im Stromkreislauf, wenn das Auto gerade seinem bestimmungsgemäßen Zweck dient, und sichert andererseits den Ladezustand der E-Auto-Batterie. Immerhin nutzt es nichts, wenn das Haus optimal mit Energie versorgt ist, das Auto dann aber mangels Ladung nicht mehr gefahren werden kann.
Für den Nutzer einfach: System funktioniert vollautomatisch
Im Forschungsprojekt nutzt Audi einen E-Tron mit seriennaher Ladetechnologie. In der Versuchsanordnung stand dem Stromer eine DC-Wallbox mit einer Ladeleistung von bis zu 12 Kilowatt sowie ein flexibel erweiterbarer Heimspeicher mit einer Kapazität von neun Kilowattstunden zur Seite.
Für den Kunden soll die Nutzung besonders einfach sein. Er stöpselt sein Fahrzeug an die Wandladestation an, die intelligente Technik leistet den Rest. Laut Audi-Projektleiter Martin Dehm soll ein vollgeladener Audi E-Tron in der Lage sein, ein Einfamilienhaus rund eine Woche mit Strom zu versorgen. Wann die Technik tauglich für den Alltagseinsatz sein wird, hat Audi nicht verraten.
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