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Fair Share: Deutsche Musikgrößen wollen Streaming-Einnahmen gerechter verteilt sehen

Namhafte deutsche Musiker fordern von den Plattenfirmen eine gerechtere Verteilung der stark wachsenden Einnahmen aus dem Musik-Streaming. Dazu müsste sich die Abrechnung der Dienste grundlegend ändern.

3 Min. Lesezeit
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Robin Schulz ist einer der Initiatoren hinter Fair Share. (Foto: Shutterstock)

Unter dem Motto „Fair Share“ wollen 14 Manager, Verleger und Anwälte deutscher Musikstars, darunter Rammstein, Helene Fischer, Robin Schulz, Sarah Connor und Alvaro Soler, gemeinsam nicht weniger als eine völlige Neuaufstellung der Abrechnungsmodalitäten des immer lukrativer werdenden Streamings durchsetzen. Dazu haben sie einen Brief mit der Einladung zu einem gemeinsamen Gespräch an die vier wichtigsten Plattenfirmen Universal, Sony, Warner und BMG (Bertelsmann Music Group) geschickt. Das Gespräch sollte nach Vorstellung der Unterzeichner noch in diesem Monat in Berlin stattfinden, ist aber dem Vernehmen nach auf wenig Resonanz gestoßen.

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Konkret fordern die Musiker den Umstieg vom Pro-Rata-Modell auf die benutzerbasierte Abrechnung, im technischen Terminus als User-Centric-Payment-System (UCPS) bezeichnet. Im vergangenen Jahr hatte der Streaming-Dienst Deezer unter dem Hashtag MakeStreamingFair ebenfalls für das neue Modell geworben. In dieser Woche hatte sich zudem der Deutsche Musikverleger-Verband (DMV) zu einer Unterstützung der Fair-Share-Initiative entschlossen.

Pro-Rata-Modell verteilt Gelder nach Marktanteil

Das bisher ausschließlich genutzte Pro-Rata-Modell hat mehrere Nachteile. Der offensichtlichste besteht in einer ungerechten Verteilung der Gelder. Im Pro-Rata-Modell fließen nämlich alle Nutzergelder in einen Topf. Aus diesem Topf werden dann die Künstler gemäß ihrer Marktanteile bezahlt.

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Das führt zum einen dazu, dass große und bekannte Künstler immer gut verdienen, und bewirkt zum anderen, dass Kundengelder an Künstler fließen, die der konkrete Kunde im Zweifel nicht nur nie hört, sondern auch freiwillig niemals hören würde.

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Das User-Centric-Payment-System funktioniert vollkommen anders. Hier werden die Zahlungen des einzelnen Streaming-Kunden auf den Hörverlauf eben dieses Kunden verteilt. So können Stream-Hörer sicher sein, dass von ihren Zahlungen nur Künstler profitieren, die sie sich auch tatsächlich angehört haben.

Pro-Rata-Modell hat das Phänomen der Bot-Hörer erschaffen

Diese direkte Ungerechtigkeit in der Verteilung ist aber nur eines der Probleme des Pro-Rata-Modells. Es hat sich nämlich gezeigt, dass dieses sehr leicht durch Bot-Accounts oder besonders hartnäckige Fans manipuliert werden kann. So aktivieren findige Unterstützer Bots, die nichts anderes tun, als rund um die Uhr einen bestimmten Song oder Künstler zu streamen. Das soll nicht nur zu erheblichen Verwerfungen in der Abrechnung führen, sondern zudem ein völlig falsches Bild der vorherrschenden Musikkultur zeichnen.

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Ähnlich wie es möglich ist, Likes in sozialen Netzwerken zu kaufen, gibt es inzwischen ein mehr oder weniger offenes Angebot, Streaming-Hörer zu kaufen. Damit wirkt die Manipulation immerhin authentischer, bleibt aber eine Manipulation.

Gießkannenprinzip Pro-Rata fördert Streambaiting

Ebenso regulierend könnte sich das UCPS auf das sogenannte Streambaiting auswirken. Darunter ist das gezielte Veröffentlichen von Songs gemeint, die besonders gut auf das Medium abgestimmt sind, über das sie ausgeliefert werden. Darunter finden sich vielfach Unmengen an Remixes erfolgreicher Stücke, sowie sehr kurze, zur sinkenden Aufmerksamkeitsspanne der Hörerschaft passende Titel. Dabei haben sehr kurze Titel immer den Vorteil, dass sie weniger lange gehört werden müssen, um einen gezählten Stream darzustellen.

Musiker mit hohem Marktanteil profitieren von Pro-Rata

Unter wirtschaftlicher Betrachtung erscheint es zunächst unverständlich, warum sich nun ausgerechnet Sangesgrößen für das benutzerbasierte Modell einsetzen. Immerhin sind sie diejenigen, die aufgrund ihrer Marktanteile von Pro-Rata am meisten profitieren. Immerhin kommt es nicht auf die konkrete Anzahl echter Hörer an, sondern lediglich auf die Gesamtzahl der Streaming-Kunden.

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Weniger bekannte Künstler sind die eigentlichen Verlierer des Systems, wie Deezer anhand einer einfachen Musterberechnung schon im Herbst vergangenen Jahres anschaulich gezeigt hatte. Dass sich deutsche Musiker nun dennoch für einen Wechsel aussprechen, zeigt, dass es ihnen nicht nur ums Geld, sondern auch um die Bewahrung der musikalischen Vielfalt und die Unterstützung für musikalischen Nachwuchs geht.

Das geht aus einer offiziellen Erklärung der Sprecherin der Musikerinitiative „Fair Share“ der Künstlermanagerin Gaby Allendorf hervor, die t3n vorliegt. Sie schreibt, dass das Thema aus Sicht der Initiative „eine weitaus größere Dimension hat als eine rein wirtschaftliche Komponente“.

Die Musikindustrie habe sich stets auch einem kulturellen Auftrag verpflichtet gesehen und deshalb nicht nur Nachwuchstalente, sondern auch Musik jenseits des Mainstreams und Musik für bestimmte Zielgruppen wie zum Beispiel für Kinder, gefördert, so Allendorf.

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Streaming-Markt lukrativ wie nie

Wie der Bundesverband der Musikindustrie (BVMI) mitgeteilt hatte, war die Zahl der in Deutschland gezählten Musikstreams im Jahr 2019 erstmals über die 100-Milliarden-Marke gesprungen. Insgesamt 107 Milliarden Abrufe zählte der BVMI hierzulande.

Im Jahr 2018 generierten die Deutschen danach lediglich 79,5 Milliarden, 2017 rund 56,4 Milliarden Streams. Damit habe sich die Zahl der Streams seit 2017 fast verdoppelt, was den Streaming-Markt laut BVMI als „umsatzstärkstes Format im deutschen Musikmarkt“ weiter etabliert hat.

 

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Dein t3n-Team

frank

Es geht auch komplett anders. Muss man nur wollen. Zu diesem Thema passend, die Streaming Alternative aus Berlin „RESONATE“ (https://resonate.is/).

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