Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat am Donnerstag entschieden, dass Händler, die ihre Produkte auf einer Online-Plattform wie etwa dem Marketplace von Amazon anbieten, für eine irreführende Kundenbewertung nicht haften müssen. Damit wiesen die Richter eine Klage des Verbands Sozialer Wettbewerb ab. Dessen Vertreter wollten erreichen, dass den Händlern die Rezensionen von Kunden zuzurechnen seien, wie die Tagesschau berichtet.
Kläger wollte Löschung von Rezensionen
Konkret ging es bei der Klage um Kinesiologie-Tapes, die von dem beklagten Online-Händler via Amazon angeboten wurde. Mehrere Kunden hatten in ihrer Bewertung angegeben, dass diese Tapes schnell gegen Schmerzen helfen würden. Eine solche Wirkung ist aber wissenschaftlich nicht nachgewiesen. Der Verband Sozialer Wettbewerb klagte gegen den Händler, um diesen zu veranlassen, bei Amazon eine Löschung der entsprechenden Kundenbewertungen zu fordern. Falls das nicht möglich sei, so der Kläger, dürfe der Händler die Produkte nicht via Amazon anbieten.
Zur Vorgeschichte gehört zudem, dass der Händler einige Jahre zuvor selbst die von ihm vertriebenen Kinesiologie-Tapes als „zur Schmerzbehandlung geeignet“ beworben hatte. Nach einer Klage des Verbands hatte der Händler im November 2013 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Gut drei Jahre später bot der Händler die Tapes bei Amazon an – jetzt aber ohne die Werbung für mögliche schmerzlindernde Wirkung. Diese sah der klagende Verband dafür in den Kundenrezensionen. Dort hieß es etwa „Linderung der Schmerzen ist spürbar“ oder „Schnell lässt der Schmerz nach“.
BGH: Keine Haftung für Kundenbewertung
Der BGH entschied aber zugunsten des Händlers. Den Anbieter eines auf der Online-Handelsplattform Amazon angebotenen Produkts treffe für Bewertungen des Produkts durch Kunden „grundsätzlich keine wettbewerbsrechtliche Haftung“. Die Karlsruher Richter erkannten zwar an, dass es sich bei den Kundenbewertungen um irreführende Äußerungen Dritter gehandelt habe. Aber: „Die Beklagte hat mit den Kundenbewertungen nicht geworben“. Stattdessen seien die Kundenbewertungen als solche gekennzeichnet und fänden sich bei Amazon getrennt vom Angebot des Online-Händlers.
Positiv für die Entscheidung dürfte auch gewesen sein, dass es bisher keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Kinesiologie-Tapes gesundheitsgefährdend seien. Außerdem sei ausschlaggebend, dass „Kundenbewertungssysteme auf Online-Marktplätzen gesellschaftlich erwünscht sind und verfassungsrechtlichen Schutz genießen“, so die BGH-Richter in der Begründung ihrer Entscheidung.
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Das vorige Urteil war auch einfach nur ein Witz. War ja quasi die einfachste Möglichkeit, einen unliebsamen Wettbewerber vom Verkauf auszuschließen, rechtlich „sauber“. Tatsächlich total hirnrissig.
Kaum zu glauben, dass in diesem Land einmal der gesunde Menschenverstand vor einem Gericht obsiegt. ;)
VG, content-werkstatt