Bitcoin als sicherer Hafen? Die Kryptowährung ist kein Mittel für Depotabsicherung
Während sich die Aktienmärkte schon seit Wochen allen wirtschaftlichen Hiobsbotschaften zum Trotz erstaunlich optimistisch und bullish zeigen, kennen aktuell auch viele Kryptowährungen, allen voran der Bitcoin, nur den Weg nach oben. Der Bitcoin notierte kürzlich oberhalb seines bisherigen All-Time-High in Höhe von 71.000 US-Dollar (umgerechnet rund 66.000 Euro). Doch was ist, wenn’s mal nicht mehr so rund läuft und etwa die Aktienmärkte schwächeln?
Ein beliebtes Argument für Kryptowerte (und speziell den Bitcoin) im Portflio war lange Zeit, dass beim Bitcoin keine positive Korrelation mit anderen Anlageklassen wie Aktien, Anleihen, Gold oder Immobilien bestehe. Kryptowährungen könnten so zum wirksamen Diversifikationselement im Portfolio werden.
Doch Hartmut Giesen, zuständig für Business Development Fintech, digitale Partner und Krypto / Blockchain bei der Hamburger Sutor Bank, muss da die Anleger:innen enttäuschen. „Dem war und ist allerdings nicht so. Historisch hat der Bitcoin keine stabile Korrelationsbeziehung zu anderen Anlageklassen.“
Keine sinnvolle Absicherung fürs Depot
Und nicht einmal die Korrelation von Bitcoin mit Technologieaktien, die häufig als besonders eng angesehen wird (und theoretisch auch naheliegt), sei eher erratisch, wie Zahlen von Coinbureau zeigen. Giesen sieht Kryptowährungen daher nicht als sinnvolle Absicherung oder unabhängige Asset-Klasse, mit der sich ein Depot besser diversifizieren ließe. Diese sei zwar immer mal wieder zu beobachten gewesen, auch über längere Zeiträume. Als stabil und vorhersehbar sieht er sie aber nicht.
Laut Coinbureau-Daten erreichte die 30-Tage-Korrelation zwischen Bitcoin und dem Nasdaq Composite im Juni 2024 einen Höchststand von 0,9, bevor sie im Juli auf -0,9 sank – wobei der Wert 1 eine perfekte Korrelation indizieren würde, also einen regelrechten Gleichlauf. Demnach bewegte sich die Korrelation über die letzten fünf Jahre hinweg zwischen -0,3 und 0,2. Der stärker technologieorientierte Nasdaq Technology 100 weist dabei erwartbar eine höhere Korrelation zu Bitcoin auf als der breitere Nasdaq Composite.
Korrelation schwankend und nicht zuverlässig
Dabei sind die Korrelationswerte aber hochvolatil, hohe wechseln sich mit niedrigen Korrelationen ab. „In der Regel werden Bitcoins von ähnlichen makroökonomischen Kräften beeinflusst wie Technologieaktien – allerdings nur solange es keine kryptointernen Ereignisse gibt, die die Preise beeinflussen. Kommt es zu solchen Ereignissen, verringert sich die Korrelation zum Teil sehr plötzlich und stark“, führt Krypto-Experte Giesen aus.
Kurzfristig gab es etwa im Februar dieses Jahres Ausreißer, da regulatorische und technologische Ereignisse den Kryptomarkt beeinflussten, beispielsweise die Zulassung von Krypto-ETFs oder das Halving beim Bticoin. Auch die hohe Marktliquidität, die durch den Verkauf von beschlagnahmten Vermögenswerten durch deutsche Behörden und die Freigabe von Assets, die im Rahmen der Insolvenz der Kryptobörse Mt. Gox eingefroren wurden, haben für Verwerfungen gesorgt. Es ist also zu erwarten, dass bei entsprechenden Marktereignissen die Besitzer und Investoren von Kryptowerten nervös werden.
Ein systematischer Hedge, der anderes als Technologieaktien leistet, sei also bei Kryptowerten nicht zu erwarten. „Eher lässt sich Bitcoin als spekulativer Technologiewert anstatt einer unabhängigen Anlageklasse kategorisieren“, sagt Giesen.
Vier kryptointerne Faktoren beeinflussen die Marktentwicklung
Die Korrelation zwischen Bitcoin und Technologieaktien wird laut einer Studie von Coinbureau von insgesamt vier unabhängigen Krypto-inhärenten Faktoren beeinflusst. Der erste Faktor betrifft die Stimmung und die Spekulation: Das Verhalten der Investor:innen, beeinflusst durch Nachrichten und soziale Medien, führt zu Volatilität und Spekulation am Kryptowährungsmarkt, was die Korrelation mit Technologieaktien verringert. Faktor zwei bezieht sich auf die technologische Entwicklung und Akzeptanz: Denn der Fortschritt und die Akzeptanz von Blockchain-Technologien können sich auf die Kursentwicklung von Bitcoin auswirken, und vor allem Innovationen wie künstliche Intelligenz und dezentralisierte Systeme könnten dabei in Zukunft eine größere Rolle spielen.
Der dritte Faktor betrifft die Regulierung von Kryptowährungen: So haben Regulierungsentscheidungen, vor allem in den USA, in den letzten Jahren immer wieder starken Einfluss auf die Preise von Kryptowährungen gehabt, etwa durch die Klassifizierung von Kryptowährungen als Wertpapiere oder durch Krypto-ETFs. Der vierte Faktor bezieht sich schließlich auf die Marktliquidität und institutionelle Investoren: Die Beteiligung institutioneller Investoren sowie Schwankungen in der Liquidität wirken sich auf die Kursentwicklung aus und verstärken die Ähnlichkeit von Bitcoin mit traditionellen Technologieaktien.
Fazit: Kryptowährungen nicht automatisch und zuverlässig in der Korrelation
Spricht also etwas gegen ein Investment in Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum oder Solana? Natürlich nicht – und schon gar nicht als Alternative zu Fiat-Währungen oder Beimischung für Anleger:innen, die das Thema inhaltlich verstehen und dem Konstrukt technisch und wirtschaftlich vertrauen. Auch Anleger:innen, die langfristig an weiter steigende Kurse glauben, können prinzipiell jederzeit einsteigen.
Nachgewiesen ist damit aber auch, dass die den Kryptos zugesprochene Nicht-Korrelation (oder gar negative Korrelation) zu bestimmten anderen Asset-Klassen nicht zuverlässig funktioniert – und vor allem, dass sie nicht über jeden Anlagezeitraum nachweisbar ist. Sie schwankt stark und kann daher insbesondere für nervöse Anleger:innen keinen ruhigen Schlaf versprechen. Das hat unter anderem mit dem politischen und wirtschaftlichen (und im Falle der Kryptowährungen auch technischen) Nebeneffekten zu tun, aber auch mit dem Marktverhalten großer Player.
Alle Inhalte dienen ausschließlich der Information. Sie stellen keine Wertpapieranalyse im Sinne des § 34b WpHG, Empfehlung, Anlageberatung oder Aufforderung zum Handeln dar und ersetzen keine fachkundige, individuelle Anlageberatung.