Anzeige
Anzeige
News
Artikel merken

Bitkom-Studie: Autobranche glaubt nicht an ihre eigenen Visionen

Eine repräsentative Umfrage des Bitkom legt nahe, dass die Wenigsten in der Autobranche an ihre eigenen, großzügig formulierten Visionen glauben. Außerdem entwickelt man womöglich am Kunden vorbei.

Von Ekki Kern
5 Min. Lesezeit
Anzeige
Anzeige

Concept-Cars überall: Doch wer glaubt eigentlich daran, dass diese schon bald auf unseren Straßen unterwegs sind? (Bild: Volkswagen)

Nicht alle Studien, die sich mit der Autoindustrie beschäftigen, liefern überraschende Erkenntnisse – eine aktuelle und repräsentative Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom aber sehr wohl. 177 Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer von Unternehmen der Automobilindustrie mit 20 oder mehr Mitarbeitern hat man befragen lassen. Das wohl interessanteste Ergebnis: Die Branche glaubt offenbar nicht wirklich an ihre eigenen Visionen.

Anzeige
Anzeige

So antworteten ganze 91 Prozent der Studienteilnehmer auf die Frage, wann denn die Szenarien zur Zukunft der Mobilität in Deutschland Realität werden, mit  „nie“. Fünf Prozent konnten sich mit der Option „in 40 Jahren oder später“ anfreunden, nur zwei Prozent mit „bis in 30 Jahren“.

Automobilbranche glaubt nicht an die großen Visionen. (Grafik: Bitkom)

Automobilbranche glaubt nicht an die großen Visionen. (Grafik: Bitkom)

Ähnlich überraschende Ergebnisse lieferte die Frage nach autonomen Fahrzeugen. Was denn „aus Ihrer Sicht die größten Vorteile selbstfahrender Autos“ seien, lautete sie. Während 79 Prozent der Unternehmen der Autobranche mit „mehr Fahrkomfort“ antworteten, ist dieser offenbar nur 18 Prozent der Bevölkerung wichtig.

Anzeige
Anzeige

Mit 43 Prozent und somit mit einigem Abstand zweitwichtigster Vorteil neuer Fahrzeuge ist für die Branche die „geringe Umweltbelastung“. Diese spielt allerdings für die Bevölkerung (19 Prozent) nur eine untergeordnete Rolle.

Anzeige
Anzeige
Autonome Autos: Hersteller sehen vor allem mehr Komfort. (Grafik: Bitkom)

Autonome Autos: Hersteller sehen vor allem mehr Komfort. (Grafik: Bitkom)

Ist die Marktforschung der Autohersteller also unterentwickelt? Achim Berg, Präsident des Bitkom, haben einige Ergebnisse seiner Forschung auch überrascht. Genauer in diese Richtung nachgefragt habe die Studie aber nicht. „Ich denke, die Deutschen sind eher sicherheitsfokussiert“, sagt er im Gespräch mit t3n auf der IAA-Pressekonferenz.

„Digitalisierung als Herausforderung“

Grundsätzlich will die Umfrage herausgefunden haben, dass die Automobilindustrie die Digitalisierung „zunehmend als Herausforderung“ sehe. Aktuell würden zehn Prozent der Automobilzulieferer und -hersteller einräumen, dass sie die Digitalisierung „eher als Risiko für das eigene Unternehmen“ sehen, 88 Prozent sehen sie hingegen als Chance.

Anzeige
Anzeige
Jedes fünfte Unternehmen hat Probleme mit der Digitalisierung. (Grafik: Bitkom)

Jedes fünfte Unternehmen hat Probleme mit der Digitalisierung. (Grafik: Bitkom)

Interessant: Vor zwei Jahren hatten gerade einmal drei Prozent der Unternehmen von einem Risiko gesprochen und volle 97 Prozent von einer Chance. Zugleich habe jedes zweite Unternehmen (50 Prozent) angegeben, bei der Digitalisierung eher zu den Nachzüglern zu gehören, immerhin 43 Prozent würden sich als Vorreiter sehen.

„Auch für die Automobilindustrie wird es künftig heißen: digital first. Gerade für die Automobilnation Nummer eins ist Digitalisierung nicht Kür sondern Pflicht“, sagt Achim Berg. Das könne nicht jedes Unternehmen alleine stemmen, deshalb brauche man noch stärker als bislang den Austausch untereinander – mit anderen Unternehmen der Automobilbranche, mit Digitalunternehmen und mit Startups.

Kompatibilität des Cockpits mit Smartphones

Immerhin: Große Einigkeit herrsche in der Branche darüber, dass künftig digitale Technologien über den Verkaufserfolg entscheiden werden. So sagen 82 Prozent, dass die Kompatibilität des Cockpits mit den gängigen Smartphones 2030 für die Käufer wichtiger sein werde als heute.

Anzeige
Anzeige

Ebenfalls von größerer Bedeutung sein werden wohl neue Fahrassistenzsysteme und Technologien für das autonome Fahren (je 80 Prozent) sowie neue Dienste auf der Grundlage von vernetztem Fahren und Car-to-Car-Kommunikation (71 Prozent).

Digitale Technologien entscheiden in Zukunft über den Erfolg. (Grafik: Bitkom)

Digitale Technologien entscheiden in Zukunft über den Erfolg. (Grafik: Bitkom)

Weiter an Bedeutung gewinnen werden nach Ansicht einer Mehrheit auch Umwelteigenschaften wie Verbrauch (75 Prozent) und die Art des Antriebs (74 Prozent), also ob etwa ein Elektromotor genutzt wird. Demgegenüber werden Automarke (23 Prozent) oder Motorleistung (17 Prozent) nur für eine Minderheit wichtiger werden, prophezeit die Umfrage.

Autonomes Fahren in der Fläche relativ früh erwartet

Autonome Fahrzeuge, wie wir sie kennen, werden nach Meinung der Branchenexperten spätestens in 50 Jahren die Autos verdrängt haben. 57 Prozent gehen davon aus, dass spätestens in 50 Jahren ausschließlich autonome Fahrzeuge zugelassen werden, jeder Neunte (11 Prozent) glaubt sogar, dass dies bereits in 30 Jahren der Fall sein wird.

Anzeige
Anzeige

Allerdings sind die Unternehmen offenbar skeptisch, ob sie von diesem Trend profitieren werden. Zwar sagt mehr als jeder Vierte (26 Prozent), dass Deutschland aktuell als Anbieter von Technologien für das autonome Fahren eine international führende Rolle einnehme, aber nicht einmal jeder Fünfte (19 Prozent) glaubt offenbar, dass dies auch in Zukunft so sein wird.

Entsprechend gehen zwei Drittel (66 Prozent) davon aus, dass neue Automobilhersteller wie Tesla das Rennen beim autonomen Fahren für sich entscheiden werden. Die deutschen Automobilhersteller sehen nur 17 Prozent als Sieger, knapp dahinter kommen große IT- und Internet-Unternehmen. Ihnen trauen 13 Prozent zu, den Markt für autonome Fahrzeuge zu erobern.

Noch sei Zeit, die Strategie zu beschleunigen und dafür zu sorgen, dass das Rennen anders ausgeht, sagt Achim Berg: „Dazu müssen wir jetzt aber Gas geben.“ Wichtig sei, den jeweils anderen nicht nur als Konkurrenten zu sehen sondern als Partner. Digitalisierung funktioniere nicht im Alleingang, sie brauche Ökosysteme.

Anzeige
Anzeige

Eigenes Auto bald kein Statussymbol mehr?

In der Branche geht eine große Mehrheit davon aus, dass sich die Automobilindustrie in den kommenden 30 Jahren grundlegend verändern wird. 62 Prozent prognostizieren, dass spätestens in 30 Jahren das eigene Auto kein Statussymbol mehr sein wird. 69 Prozent sind sich sicher, dass das Auto in diesem Zeitraum für den Individualverkehr stark an Bedeutung verlieren wird, 65 Prozent erwarten, dass die Marktanteile von klassischen Autoherstellern gleichzeitig deutlich zurückgehen werden. Und 80 Prozent rechnen damit, dass sich Autohersteller zu Anbietern von Mobilitätsdiensten entwickeln.

Zumindest für die Ballungsräume sieht eine Mehrheit einen gravierenden Wandel in den nächsten 30 Jahren. 56 Prozent erwarten, dass dort die Mehrheit der Autofahrer kein eigenes Fahrzeug mehr besitzen wird, zwei Drittel (68 Prozent) sagen, dass die Mehrheit der Menschen dort dann Carsharing oder dank autonomer Fahrzeuge On-Demand-Shuttles nutzen wird.

„Ich bin sicher, es wird keine 30 Jahre mehr dauern, bis Mobilität zu einem Gesamtsystem wird, in dem Personen und Güter dank digitaler Technologien intelligent, schnell und sicher von A nach B kommen“, sagt Berg. „Unsere Kinder werden sich nicht mehr die Frage stellen, ,Was fährst du?‘, sondern ,Wie fährst du?‘.“

Anzeige
Anzeige

Schließlich habe der Bitkom noch eine Zukunftsprognose vorgenommen, sagt Achim Berg auf der IAA in Frankfurt. Diese sehe wie folgt aus:

Zukunft der intelligenten Mobilität. (Grafik: Bitkom)

Zukunft der intelligenten Mobilität. (Grafik: Bitkom)

Disclosure: Die Reise unseres Autors zur IAA wurde von Daimler finanziert. Einfluss auf die Berichterstattung hat das nicht.

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Schreib den ersten Kommentar!
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Melde dich mit deinem t3n Account an oder fülle die unteren Felder aus.

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Anzeige
Anzeige