Blaumachen: 39% der Befragten finden es in Ordnung – eine Gruppe macht es besonders häufig

Der durchschnittliche Krankenstand befand sich 2023 in Deutschland auf Rekordhoch. Der Hauptgrund für die Abwesenheit bei der Arbeit waren laut Bundesgesundheitsministerium Atemwegserkrankungen, an zweiter Stelle folgten bereits psychische Erkrankungen.
Doch was ist mit Arbeitnehmer:innen, die zu Hause bleiben, obwohl sie physisch und psychisch eigentlich arbeitsfähig wären? Also das tun, was man landläufig als Blaumachen bezeichnet? Wie oft bleiben sie ohne triftigen Grund im Bett und haben sie dabei ein schlechtes Gewissen? Dieser Frage ging jetzt eine Studie des auf E-Learning spezialisierten Pinktum Institute nach. Die Unternehmensberatung Pawlik Sales Consultants hat die Umfrage in Auftrag gegeben.
39 Prozent finden Blaumachen in Ordnung – Männer mehr als Frauen
Das Institut befragte im Mai 2024 1068 Erwerbstätige – und 39 Prozent davon gaben an, dass sie Blaumachen okay finden. Dabei gibt es einen deutlichen Gender-Gap: Der Aussage stimmten 46 Prozent der befragten Männer zu. Bei den Frauen waren es nur 30 Prozent.
Etwas mehr als jeder dritte Beschäftigte (34 Prozent) gab laut der Umfrage an, sich heute häufiger krankschreiben zu lassen als früher. Als Gründe gaben sie unter anderem Unzufriedenheit mit ihrem Job an. 43 Prozent der Befragten gab schließlich zu Protokoll, dass ihre Arbeit nicht genügend wertgeschätzt wäre. Auch ein gefühlt zu geringes Gehalt kann eine Rolle spielen. Dabei wird ein gelegentliches grundloses Fehlen als Ausgleich empfunden, der nur fair ist. Fast ein Viertel gab an, dass es für das Unternehmen eh keinen Unterschied machen würde, wenn er oder sie im Büro erschiene oder nicht.
Ok Boomer – Klischees über Generation Z bestätigt?
Die von älteren Alterskohorten gerne für ihre angeblich mangelnde Arbeitseinstellung kritisierten Generationen Y oder Z scheinen in der Umfrage tatsächlich das Klischee zu bestätigen. 50 Prozent der Befragten aus der zur Generation Z zählenden Altersgruppe zwischen 18 und 29 Jahren gaben an, kein Problem mit Blaumachen zu haben. Bei den 30- bis 39-Jährigen aus der Generation Y waren es sogar 63 Prozent.
Unter den Babyboomern stimmten der Aussage pro Blaumachen hingegen nur 16 Prozent zu. Bei der nächstjüngeren Kohorte der 50- bis 60-Jährigen waren es sogar nur 13 Prozent.
Chefs machen gerne blau
Führungskräfte haben laut der Umfrage nur wenig Probleme mit dem Blaumachen – zumindest, wenn sie selbst sich krankschreiben lassen. Die Hälfte der Chef:innen findet diese Praxis in Ordnung – bei den Angestellten sind es hingegen nur 28 Prozent!
Als Grund für die fragwürdige Arbeitsmoral in den (mittleren) Führungsetage gibt der Auftraggeber der Studie eine Entwicklung der letzten Jahre an. Das Topmanagement habe zuletzt die einfachen Angestellten im Blick gehabt und stark in ihre Motivation investiert. Das mittlere Management habe man vergessen, ihnen den meisten Druck aufgeladen, sagt Joachim Pawlik.
Bagatellisiert die Studie Erschöpfung?
Bei der Umfrage gibt es ein nicht geringes terminologisches Problem. So wird bei den nicht-medizinischen Gründen fürs Blaumachen neben den oben genannten Faktoren auch explizit Erschöpfung genannt. 55 Prozent der Befragten fühlen sich erschöpfter als vor drei Jahren.
Doch dadurch, dass sie nicht unter den physischen oder psychischen Gründen angeführt wird, die eine Krankschreibung legitim erscheinen lässt, wird Erschöpfung bagatellisiert. Doch Erschöpfung ist durchaus eine Erkrankung, mit der wir auf Stress reagieren. Außerdem kann Schlappheit auf tieferliegende körperliche und seelische Störungen verweisen. Die Umfrage trennt hier aber terminologisch nicht deutlich zwischen einfacher Müdigkeit und Erschöpfung. Sie benennt Erschöpfung jedoch immerhin als klares Problem unserer Arbeitswelt.
Viele kommen aber auch krank zur Arbeit
Die Studie zeigt übrigens auch eine umgekehrte Entwicklung zum Trend zum Blaumachen. Vier von zehn Befragten gaben an, trotz Krankheitssymptomen zur Arbeit zu gehen – unter anderem aus Angst, den Job zu verlieren.