Neue EU-Richtline: Das müssen Shopbetreiber jetzt beachten
Unter dem Hashtag #klarnaschulden wetteiferten vor einigen Monaten junge Tiktok-Nutzer um den größten Klarna-Schuldenberg. Erst kaufen, dann bezahlen. Sogenannte Buy-now-pay-later-Optionen, kurz BNPL, sind beliebte Bezahlmethoden beim Onlineshopping.
Kein Wunder, denn natürlich ist es zunächst einmal verlockend, über BNPL-Anbieter einzukaufen und die Rechnung nicht umgehend, sondern erst nach vier Wochen oder gar in Raten zu begleichen. Andererseits können sich so in kürzester Zeit eine Menge Schulden ansammeln, die sich nicht so einfach begleichen lassen.
Eine neue EU-Richtlinie könnte dem Ganzen bald einen Riegel vorschieben. Um zu verhindern, dass sich vor allem junge Menschen früh verschulden, plant die EU eine verpflichtende Bonitätsprüfung im Vorfeld solcher Geschäftsmodelle.
Die Nutzung von Buy-now-pay-later-Lösungen durch Kunden und Onlineshops
BNPL hat in den letzten Jahren sowohl im Online- als auch im stationären Handel an Popularität gewonnen. Vor allem junge Kundinnen und Kunden nutzen die Dienste von Afterpay, Klarna und Co., um beim Kauf überwiegend hochpreisiger Waren, die sie sich kaum leisten können, die Rechnung in Raten zu begleichen oder das Zahlungsziel um einen bestimmten Zeitraum zu verlängern.
Zu diesem Ergebnis kommt auch eine repräsentative Umfrage der Schufa zur Nutzung von Onlinebezahldiensten in Deutschland. Fast die Hälfte der befragten 16- bis 25-Jährigen (44 Prozent) gab an, die BNPL-Funktion bereits genutzt zu haben.
40 Prozent räumten ein, schon einmal die Zahlungsfrist versäumt zu haben und deswegen gemahnt worden zu sein. Rund ein Fünftel (18 Prozent der Befragten) war schon einmal aus Geldmangel nicht in der Lage, die Schulden zu begleichen.
Dennoch haben Services wie Klarna den E‑Commerce deutlich vereinfacht und verbessert. Onlineshops können ihren Kunden eine weitere Zahlungsmöglichkeit anbieten und ihnen damit mehr Flexibilität und Sicherheit bieten.
Und auch die Betreiber der Onlineshops profitieren von der Nutzung. Durch die Zahlung einer Rechnungsgebühr an den BNPL-Anbieter geben sie das Ausfallrisiko ab und müssen nicht befürchten, auf den unbezahlten Rechnungen ihrer Kunden sitzen zu bleiben.
Was ist das Ziel der EU-Richtlinie?
Was viele Kunden nicht wissen: Rechtlich gesehen nehmen sie mit der Nutzung dieser Zahlungsmöglichkeiten einen Kredit beim jeweiligen BNPL-Anbieter in Anspruch. Bisher bedeutet dies, dass Kunden bei Ratenkäufen oder Überschreitung des Zahlungsziels Gebühren an den jeweiligen Zahlungsdienstleister zahlen müssen.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Krediten erfolgt jedoch keine Bonitätsprüfung im Vorfeld. Der Grund dafür liegt in der aktuellen Verbraucherrichtlinie. Sie regelt die rechtlichen Voraussetzungen für die Vergabe von Krediten bis zu 100.000 Euro. Bei Kleinstkrediten, die weniger als 200 Euro betragen oder in weniger als drei Monaten zurückgezahlt werden, ist bisher keine Bonitätsprüfung erforderlich. Für die Kunden bedeutet dies oft hohe Kosten in Form von Überziehungs- und Verzugszinsen, wenn sie den Kredit nicht wie vereinbart zurückzahlen können.
Um Verbraucher besser vor Überschuldung zu schützen, soll die EU-Richtlinie nun aktualisiert werden. Sie soll künftig auch BNPL-Produkte umfassen und sieht vor, dass auch bei Beträgen unter 200 Euro eine Kreditwürdigkeitsprüfung durchgeführt werden muss. Außerdem regelt sie zinslose Kredite mit einer Laufzeit von bis zu drei Monaten und schützt Verbraucher vor exorbitanten Kosten bei Zahlungsausfall.
So sollten Shopbetreiber mit den kommenden Änderungen umgehen
Auch wenn Shopbetreiber in der Regel keine Kosten durch nicht bezahlte Rechnungen ihrer Kunden haben, könnten sie in Zukunft von den geplanten neuen EU-Richtlinien betroffen sein. Schließlich kann eine vorgeschaltete Bonitätsprüfung eine bislang angenehme und reibungslose Kundenerfahrung schnell ins Gegenteil verkehren.
Shopbetreiber sollten sich daher unbedingt mit der Frage auseinandersetzen, ob sie tatsächlich darauf angewiesen sind, ihren Kunden einen BNPL-Service anzubieten. Der Fokus sollte dabei auf der Käufergruppe liegen, die den meisten Umsatz generiert. Dabei sollte auch die Qualität ihres Zahlungsverhaltens berücksichtigt werden.
Im nächsten Schritt sind die angebotenen Produkte und das generelle Preissegment des Onlineshops zu bewerten. Dabei gilt: Je teurer und exklusiver die angebotenen Waren, desto persönlicher, individueller und kundenorientierter sollte auch der Shop sein. Um die Kundenbedürfnisse bestmöglich zu befriedigen, empfiehlt es sich, möglichst viele Zahlungsarten anzubieten.
Technische Anforderungen an den Shop
Entscheidend für das zukünftige Angebot von BNPL-Lösungen ist aber vor allem die Architektur des Onlineshops und des E‑Commerce-Systems. Ob die vorgelagerte Bonitätsprüfung problemlos integriert werden kann oder die Architektur grundlegend umstrukturiert werden muss, hängt von zwei wesentlichen Faktoren ab: dem technischen Set-up des Shops und der Möglichkeit, technische Addons in die bestehende Architektur zu implementieren.
Fazit
Die Aktualisierung der Verbraucherrichtlinie führt zu einer Verschärfung der Bedingungen für BNPL-Optionen. Händler müssen sich daher die Frage stellen, ob ihr Onlineshop auf das Angebot solcher Zahlungsmöglichkeiten ausgerichtet und angewiesen ist.
Sie müssen analysieren, welche Bezahldienste ihre Zielgruppe tatsächlich nutzt und in Hinblick auf die technischen Voraussetzungen sorgfältig abwägen, welchen Aufwand die Integration einer vorgeschalteten Bonitätsprüfung in ihren Shop erfordert. Es liegt in der Verantwortung des Shopbetreibers, die Anforderungen der Verbraucherrichtlinie zu erfüllen und seinen Kunden eine sichere und effiziente Zahlungsmethode anzubieten.