„Brat Summer“ auf allen Social Media-Plattformen: Warum hässlich das neue Cool ist
In den letzten Wochen sind Inhalte auf Social Media besonders oft neongrün. Zusätzlich nutzen User:innen unscharfe Schrift in Arial. Der Ursprung ist das Album „brat“ (auf Deutsch: Göre) der Pop-Sängerin Charli XCX. Auf dem Cover steht der Titel mittig auf dem berühmt gefärbten Hintergrund. Zusätzlich ist das Bild hochskaliert. Statt klaren Kanten wirkt so die Schrift unscharf und verpixelt. Eigentlich hässlich, oder?
Auf TikTok und Co. feiern jedoch viele Nutzer:innen den „Brat Summer“. In dem Trend möchten Nutzer:innen selbstbewusst, frech und uninteressiert wirken. Ganz zu der deutschen Übersetzung „Göre“ passt der Trend also nicht. Doch liegt der Erfolg des Trends nur an der Musik von Charli XCX? Oder steckt doch mehr dahinter?
Marken nutzen den Trend
Mittlerweile gibt es sogar Websites, wie den Bratgenerator, mit denen User:innen beliebigen Text im Stile des Covers nachbilden können. Und auch viele Brands springen auf. Sogar die offizielle Kampagnen-Seite der Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris nutzt den Stil des Covers auf X als Header-Bild und auf Instagram für Posts. Field Roast, ein Unternehmen, das Fleischersatzprodukte herstellt, startet passend zum Trend eine „Bratwurst“-Kampagne. Auch hierzulande postet der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) auf Instagram im Brat-Design.
Immer häufiger greifen Marken Internet-Hypes auf, die meistens aus TikTok oder Reddit stammen. Die Nutzung solcher Trends nennt sich popkulturelles Marketing. Ob ein Trend zur Brand passt, hängt dabei immer auch vom Unternehmen ab. Denn die Adaption muss auch authentisch wirken, sonst kann auch ein Post im Brat-Style Schaden anrichten. Wie popkulturelles-Marketing gelingen kann, erfährst du übrigens im aktuellen t3n-Podcast.
Und das hässliche Design?
Für viele Social-Media-Manager:innen und Designer:innen fühlt es sich trotzdem falsch an, Posts im Brat-Design zu posten. Die grüne Farbe ist zwar auffällig, aber wirkt auch etwas billig. Ebenso ist Arial als Schriftart bei einigen Kreativen verpönt. Denn der Font gilt als billige Kopie der beliebten Helvetica. Doch selbst der Brat-Summer ist nur ein kleiner Trend in einer immer größer werdenden Bewegung.
Denn auf Social-Media nutzen immer mehr Accounts absichtlich hässliches Design. Dabei hat der Trend seinen Ursprung im Anti-Design, einem Begriff, den es schon seit den 1960er-Jahren gibt. Ursprünglich bezog sich die Bewegung auf Gebrauchsgegenstände, die immer mehr Fahrt aufnimmt. Statt sauberen, geordneten Looks, die zum Verkaufen anregen sollen, wollten die Begründer:innen Konventionen sprengen. Was traditionell als schön und optisch ansprechend gilt, wird absichtlich abgelehnt.
Doch nicht nur Charli XCX profitiert von absichtlich hässlicher Gestaltung auf Social Media. Der Instagram-Kanal Grussmausi hat beispielsweise über 100.000 Follower:innen und postet Content mit grellen Farben und Tieren im Stil der frühen 2000er. Auf TikTok fing die Creatorin Emily Zugay schon 2021 damit an, Logos bekannter Marken hässlich neu zu gestalten. Und die Brands? Sie machten bei dem Spiel sogar mit und übernahmen zeitweise ihre Designs für die TikTok-Accounts.
Und auch die Cornflakes-Marke Surreal gestaltet viele ihrer Kampagnen absichtlich hässlich. So nutzen sie in einer Plakatkampagne absichtlich die verpönte Schriftart Comic Sans oder nutzen einfach einen Screenshot aus einer Power-Point-Präsentation. Ähnlich wie beim Cover von Charli XCX entsteht ein cooler und uninteressierter Eindruck. Die Botschaft ist klar: Das Design ist uns egal, die Message nicht. Und genau das Hässliche fällt dann besonders auf.
Ähnlich wie beim popkulturellen Marketing ist absichtlich schlechtes Design kein Allzweckmittel. Denn: Auch hier muss das Design zur Botschaft passen. Gelingt das nicht, kann die Marke billig und deplatziert wirken. Passt das hässliche Design zur Kampagne (und zur Brand), sorgt es für ordentlich Aufmerksamkeit und unterstreicht die Botschaft.