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Breuninger tritt den Dienst als chinesische Datensammel-Station an

Alipay und Wechatpay starten bei Breuninger. Das Kaufhaus macht sich damit zum Helfershelfer für Chinas digitales Unterdrückungssystem. Der chinesische Markt ist mittlerweile so wertvoll, dass Ethik keine Rolle mehr spielt. 

Von Jochen G. Fuchs
3 Min. Lesezeit
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Chinesische Kunden können jetzt bei Breuninger mobil mit Alipay oder Wechatpay bezahlen – und sich ausspionieren lassen. (Foto: Breuninger)

Breuninger installiert in allen Kaufhäusern die Mobile-Payment-Dienste Alipay und Wechatpay – und wird damit zur großen Spionagestation für Chinas Social-Control-System. Durch die Implementierung macht sich das Kaufhaus zum Helfershelfer für Chinas digitales Unterdrückungssystem. Die Reaktion des Unternehmens auf die Anschuldigungen zeigen, wie wichtig die chinesische Wirtschaft für den deutschen Markt geworden ist.

Chinas Social-Control-System wird von Alipay gefüttert

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Am 1. Mai hat China mit der landesweiten Einführung eines Unterdrückungssystems begonnen, das seinesgleichen sucht: Das sogenannte „Social-Credit-System“ soll bis 2020 für jeden Menschen chinesischer Nationalität eingeführt werden.

Das System ist im Prinzip eine Art allumfassende Schufa. Mittels eines Scoring-Wertes beurteilt der chinesische Staat den Wert eines Nutzers. Jede Schönfärberei hinsichtlich eines Scorings verbietet sich, es geht nicht um Vertrauenswürdigkeit, Verlässlichkeit oder irgendeinen anderen Wert, den westlich geprägte Demokratien mit einem Kredit-Scoring verbinden.

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Es geht um den Wert eines Menschen. Allein die Begriffe „Scoring“ oder „Credit“ zu verwenden, aktiviert bereits ein Framing, das automatisch zu gedanklichen Parallelen mit unseren westlichen Scoring-Systemen führt. Und das wäre, trotz der Risiken und negativen Nebenwirkungen unserer Scoringsysteme, eine Verharmlosung. Aus diesem Grund wird dieses System hier als Social-Control-System bezeichnet.

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Das System basiert auf einem Big-Data-Ansatz, der Informationen aus vielen Quellen auswertet. Die wichtigsten Lieferanten für die auszuwertenden Daten, die Aufschluss über die Systemtreue und den Wert des einzelnen Menschen für das System geben, sind die digitalen Paymentdienste von Tencent und Alibaba: Wechatpay und Alipay. Und diese führt Breuninger jetzt im stolzesten Brustton der Überzeugung ein, wie ein Zitat aus der Pressemeldung zeigt: „Damit ist Breuninger der erste deutsche Department Store, der in all seinen elf Häusern die beiden führenden digitalen chinesischen Bezahloptionen anbietet.“

Breuningers Wertesystem endet am Smartphone-Wallet

In seiner Unternehmensphilosophie betont Breuninger, dass sich das Unternehmen „verantwortungsvoll mit gesellschaftlichen Fragen“ auseinandersetzen will und sich unternehmerischer Verantwortung stellt. Auf die Frage der t3n-Redaktion, wie sich der Einsatz eines Datensammeldienstes aus den Händen eines repressiven Regimes mit der Breuninger Philosophie in Einklang bringen lässt, antwortete das Unternehmen lapidar: „Grundsätzlich steht es jedem Kunden völlig frei, welche Zahlungsmöglichkeit er nutzt, ob Mobile Payment, mit Giro-, Kreditkarten oder in bar.“

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Das Maskottchen des Payment-Diensts Wechatpay und Breuningers „Breuni-Bär“. (Foto: Breuninger)

Entweder hat sich Breuninger von Wechatpays knuddeligem Maskottchen einlullen lassen oder Breuningers Wertesystem endet am Smartphone-Wallet. Welche Folgen das haben kann, lässt sich an einem hypothetischen Beispiel einfach demonstrieren: Sollten chinesische Kunden etwas bei Breuninger kaufen, dass dem System in China nicht gefällt, könnten Strafpunkte im Social-Control-System dazu führen, dass der Kunde seine Reiserechte verliert und China nie wieder verlässt.

Die Kaufkraft der chinesischen Wirtschaft ist zu enorm, um ignoriert zu werden

Auf einer rein wirtschaftlichen Ebene ist Breuningers Entscheidung nachzuvollziehen. Auch der Hinweis des Unternehmens, dass andere Marktteilnehmer diese Dienste in Deutschland schon anbieten, ist korrekt. Der Payment-Service-Provider Concardis hat seit 2016 rund 250 Händler mit 1.000 Verkaufsstellen in Deutschland angebunden.

Den Anfang machte damals das kleine Juwelierhaus Wempe in Frankfurt, Hamburg und Köln. Doch diese Integrationen sind im Verlaufe eines Pilotprojektes entstanden. Jetzt will Alipay in Europa groß starten und ein dichtes Netz an Akzeptanzstellen errichten. Die großen Namen wie Breuninger haben dabei eine Signalwirkung für den ganzen Markt.

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Breuninger erklärt in seiner Pressemeldung zum Start der Dienste, dass im vergangenen Jahr über 12,4 Millionen Touristen aus Fernost kamen und das Unternehmen mit einer Wachstumsrate von 68 Prozent pro Jahr rechnet. Viele der Touristen kaufen Luxuswaren wie Designer-Handtaschen, Schuhen und Bekleidung bei Breuninger. Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als „beliebtes Ziel für Reisende aus China“.

So nachvollziehbar Breuningers Entscheidung aus wirtschaftlicher Sicht auch sein mag, es ist ein Ausverkauf westlicher, demokratischer Werte, wenn Umsatz über Unterdrückung gestellt wird. Die Tatsache, dass auch in westlichen Ländern negative Auswüchse der digitalen Überwachung festzustellen sind, sollte keine Entschuldigung sein. Sondern unsere Alarmglocken eher noch lauter läuten lassen.

Passend zum Thema: Alipay expandiert: Wieso wir das nicht zulassen dürfen.

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Datenschützer

Würde bei diesem Laden jetzt nicht mehr kaufen, aber davor habe ich da auch nichts gekauft. Viel zu teuer.

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JMonod

Wer von den Autoren von t3n hat in China schon einmal versucht, mit einer Kreditkarte ein Taxi zu bezahlen? Dort wird nur noch mit Alipay oder WeChat bezahlt. Einfach, unkompliziert und aus einer Hand. Chinesen kennen das nicht anders und sind auf Reisen immer wieder sehr verwundert, wir kompliziert hier alles ist. Manche haben hier zum ersten Mal eine Plastikkarte in der Hand, um Zahlungen tätigen zu können. Sogar auf Bauernmärkten in Provinzen haben die Bauern QR Codes zu ihren Produkten an den Ständen. Es ist eine andere Alltagskultur. Dass wir das furchtbar finden und die Gefahr von Denunziantentum und totaler Kontrolle wittern, ist klar. Chinesen hingegen sehen das relativ locker und belächeln uns eher.
Und wer glaubt, Medien, Konzerne, Werber, Banken und alle anderen Dienstleister, die sich digital aufstellen, können ohne Daten leben und agieren, der sollte sein Einhorn wieder in die Garage stellen und die Märchenbücher kurz mal weglegen. Jede Medaille hat eine Kehrseite und der Mensch ist von Natur aus so gierig, dass er sie auch nutzen wird.

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Forwhat

Rossmann hat Alipay doch auch schon lange als Zahlungsoption..

Antworten
Good News

Der Artikel ist drei Wochen alt – warum erst jetzt online? Könnte fast den Anschein haben, dass der Autor eine Rechnung mit dem Händler hat. Wirecard kommt gar nicht vor aber deren Mitbewerber. Auch wenn das ein Kommentar ist, ist das journalistisch fragwürdig…

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Jochen

Mich würde interessieren, welche Daten überhaupt an die Bezahldienste weiter gegebn werden: Zitat: „Sollten chinesische Kunden etwas bei Breuninger kaufen, dass dem System in China nicht gefällt,…“
Werden denn überhaupt Artikeldaten weiter gegeben oder geht es nur um die Abrechnung eines Gesamtbetrags für den Einkauf?
Für mich eine sehr einsitige Betrachtung, denn auf der einen Seite hört man dauernd, wie rückständig die Deutschen beim Bezahlen sind. Auf der anderen Seite wird die Alternative hier verteufelt. Was denn nun?

Antworten
Bedenkerträger

Sensibilität für Datenschutz in allen Ehren, aber dieser Kommentar ist völlig daneben!

Wenn ich in Deutschland in eine höhere Mahnstufe bei bspw. einem Kauf auf Rechnung komme, landet das auch bei den Auskunfteien. Dass das dann bei einer Schufa-Auskunft steht, die ich z.B. für einen Mietvertrag benötige, ist doch dieselbe Richtung. Wenngleich dieser „Social Score“ schon in eine sehr abstruse Blickrichtung zeigt. In diesem einen Punkt kann man dem Kommentar meinetwegen Recht geben.

….ABER: Das jetzt in Form eines „Helfers Helfer“ einem deutschen Händlern anzulasten, ist schon arg weit hergeholt. Man hat Chinesische Kunden, Chinesen zahlen ausschließlich über AliPay und Co. und man bietet deshalb die Lösung an. Kundenorientiert und wirtschaftlich sinnvoll. Da jetzt Ethik reinzumixen und zudem Ursache und Wirkung zu vertauschen ist etwas Fehl am Platz. Sommerloch lässt wohl grüßen.

Btw: In China bietet jeder Bauer auf dem Land Alipay an und die Chinesen nehmen aus Convenience-Gründen das dankend an. In Deutschland dagegen scheitern Banken seit Jahren an Mobile Payment und der gemeine Deutsche bunkert lieber sein Münzgeld unterm Bett. Ganz ehrlich: Da wünsch ich mir in 2018 zumindest teilweise etwas China auch bei uns!!!

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Rrrrralph

Da trifft doch China auf Scientology!!!

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