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Carsten Maschmeyer schockt DHDL-Gründer: „Muss Ihnen mein Beileid aussprechen“

Zwei Gründer zeigen bei „Die Höhle der Löwen“ eine App, die Wartezeiten an Supermarktkassen verkürzen soll. Investor Carsten Maschmeyer sieht keine Chancen – und fällt ein hartes Urteil.

Von Daniel Hüfner
6 Min. Lesezeit
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„Die Höhle der Löwen“-Investor Carsten Maschmeyer. (Foto: RTL NOW / Bernd-Michael Maurer)

Ein derart vernichtendes Urteil über den Auftritt zweier Gründer hat es bei „Die Höhle der Löwen“ lange nicht mehr gegeben. „Ein Jammer, die ziehen mit einer Wasserpistole in den Atomkrieg“, rief Investor Carsten Maschmeyer seinen Mitlöwen am Dienstagabend kopfschüttelnd zu. Gemeint waren die beiden Wirtschaftsmathematiker Andreas Klett und Leo von Klenze, die das Studio erst wenige Sekunden zuvor verlassen hatten – ohne Deal. Dabei sollte der Auftritt in der TV-Show ihrer Idee eigentlich zum Durchbruch verhelfen. Was war passiert?

Scansation-App soll Einkauf erleichtern

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Andreas Klett und Leo von Klenze stellten den Löwen ihren digitalen Shoppingbegleiter Scansation vor: eine kostenlose App, die Kunden lästige Wartezeit beim Supermarkteinkauf ersparen soll. Die Funktionsweise: Während des Einkaufs werden die Produkte mit dem Smartphone eingescannt und in einem Online-Warenkorb in der App abgespeichert. Ist der Einkauf beendet, fotografiert der Kunde seine Produkte im Einkaufswagen und die App erstellt einen QR-Code, den das Kassenpersonal einlesen und abrechnen kann. „Das Gute ist“, sagt Gründer von Klenze über die Vorteile der App: „Ich muss nichts mehr aufs Band packen, die Kassenkraft scannt keinen einzigen Artikel mehr, sondern nur noch den QR-Code.“

Als weitere Besonderheit preisen die Scansation-Macher den Datenschutz an. Die App werde anonym genutzt, sodass Marktbetreiber die Kundendaten nicht persönlich zuordnen könnten. Sehr wohl wisse der Supermarkt aber, dass der anonyme Käufer zum Beispiel immer gerne eine bestimmte Pasta-Sorte kauft. „Mit dieser Information kann er passende Angebote auf das Smartphone des Kunden schicken“, erklärt Andreas Klett den Löwen. Nach zweijähriger Entwicklungsdauer soll die App nun flächendeckend im Handel eingesetzt werden, wofür sich die Gründer neben Vertriebshilfe auch frisches Kapital erhoffen. 15 Prozent ihrer Unternehmensanteile bieten Klett und von Klenze den Löwen dafür an – im Tausch für 500.000 Euro.

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Scharfe Kritik von den Löwen

Doch schnell wird klar: Die Gründer werden an diesem Abend nicht einmal in die Nähe eines Investments der Löwen kommen. Was nach dem Pitch folgt, ist ein Paradebeispiel für schonungslose Kritik von Startup-Investoren:

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  • Löwe Nils Glagau ergreift das Wort als erster: „Ich habe den Prozess noch nicht ganz verstanden“, sagt der Pharmaunternehmer. Sein Problem: Da Kunden oft mit einem randvollen Einkaufswagen zur Kasse gehen, könne ja kein Kassierer kontrollieren, ob alle Waren auch korrekt mit der App gescannt worden seien. „Haben die Ladenbesitzer da nicht schon ein bisschen Respekt vor, dass das die Leute missbrauchen?“, fragt Glagau. Die Antwort der Gründer fällt wenig überzeugend aus: „Teilweise“, sagt Scansation-Gründer Klett, behauptet aber zugleich, dass Diebstahlschutz für viele Supermärkte gar kein kein so wichtiges Thema sei.
  • Da widerspricht Ralf Dümmel vehement: Diebstahlschutz sei im Handel sehr wohl ein wichtiges Thema. „Gerade Großkonzerne fragen danach“, so der Handelsexperte.
  • Jetzt mischt sich erstmals Carsten Maschmeyer in die Diskussion ein. Der selbsternannte „Kassenexperte“, der angeblich schon als Schüler an der Kasse von Supermärkten gearbeitet hat, sagt: „Meine erste Assoziation als Kassierer ist: Klasse, jetzt habe ich einen ruhigeren Job. Aber im Grunde wird ja der Kunde zum Kassierer“, stellt Maschmeyer fest. Als die Gründer das bejahen, bohrt der Löwe nach: Wollen die Kunden das überhaupt? Hätten sie Lust dazu, Dutzende Artikel selbst zu scannen? Gut vorbereitete Gründer würden jetzt die Ergebnisse einer Kundenumfrage präsentieren, doch darauf geht Andreas Klett nicht ein. Er preist stattdessen ein weiteres Feature an: Eine integrierte Einkaufsliste in der App, die aus vorherigen Einkäufen erstellt und die Waren automatisch abhakt.
  • Da schrillen bei Nils Glagau erneut die Alarmglocken: „Kein Einkaufsladen möchte, dass ein Kunde so kontrolliert in die Einkaufswelt geht“, kontert der Investor. Impulskäufe seien für Händler schließlich ein wichtiger Umsatzbringer.
  • Auch Investor Georg Kofler wundert sich, allerdings über einen anderen Punkt: „Wir haben gedacht, dass da wenigstens ein Bezahlsystem mit der App verbunden ist“, sagt der Social-Media-Experte. So müssten Kunden nicht mal mehr zur Kasse und der Betrag könnte nach dem Scannen etwa automatisch von der Kreditkarte abgebucht werden. Ein Einwurf, der auch den Innovationsgrad von Scansation infrage stellt, denn: Selbstbedienungskassen gibt es in Supermärkten wie Real und Kaufland seit Jahren. Amazon erprobt sogar schon komplett kassenlose Märkte.
  • Als die Gründer daraufhin eine Terminallösung als „mögliche Zukunft“ präsentieren, äußert auch Löwin Dagmar Wöhrl erstmals Kritik. „Verstehe ich das also richtig, dass Sie bis jetzt in keinem Markt sind?“, fragt die Investorin. Mit ihrer Antwort katapultieren sich die Gründer weiter ins Abseits: Sie könnten mit Stolz behaupten, einen ersten Markt in München mit der Technik ausgestattet zu haben. „Das war 2017“, sagt Scansation-Gründer Klett. Also vor zwei Jahren.
  • Bei den Löwen macht sich daraufhin kollektives Entsetzen breit: „Sie haben jetzt in zwei Jahren erst einen Laden in München überzeugt?“, fragt Carsten Maschmeyer ungläubig. Das sage doch alles, springt ihm Nils Glagau bei. „Will das der Einzelhandel? Will das der Endverbraucher? Ich würde jetzt mal sagen: Nein“, so der Unternehmer.
  • Die Gründer kontern: Erst kürzlich habe man Scansation in einem zweiten Ladengeschäft installiert. Immerhin Georg Kofler gibt den Gründern daraufhin noch eine Chance und fragt: „Wie viele Märkte braucht ihr denn ungefähr, um – sagen wir – fünf Millionen Euro Umsatz und 500.000 Euro Gewinn zu machen?“
  • „Ungefähr knapp um die 1.000 Märkte“, antwortet Klett. Doch da winkt Carsten Maschmeyer sofort ab: Nee nee, das reiche alles nicht, kontert der Investor und verweist auf seine Beteiligung am Bezahl-Startup Barzahlen. Deren Gründer hätten den Launch gar um zwei Jahre verschoben, weil ihre App bei weniger als 3.500 angeschlossenen Märkten für Kunden keinen Mehrwert geboten hätte. Die Scansation-Gründer stünden deshalb vor zwei riesigen Herausforderungen: „Sie brauchen viele Millionen User und Tausende Märkte, die die App akzeptieren. Denn was nützt es den Usern, wenn sie in die Läden gehen und die App funktioniert nicht?“, erklärt Maschmeyer.
  • Für die Gründer eine nachvollziehbare Kritik – die sie postwendend damit zu entkräften versuchen, dass sie in „Die Höhle der Löwen“ bewusst auf der Suche nach einem Löwen mit Vertriebspower sind. Da platzt allerdings Dagmar Wöhrl der Kragen: „Warum kommen Sie dann mit so einer Bewertung rein?“, sagt Wöhrl. 500.000 Euro für 15 Prozent der Anteile erscheinen der Löwin nicht fair für einen Investor, der „die Hauptarbeit“ leisten soll. Wöhrl steigt deshalb aus.
  • Nils Glagau wird sogar noch deutlicher: „Diese Bewertung aufzurufen, finde ich frech“, sagt der Löwe und verweist noch einmal auf die erst zwei überzeugten Ladengeschäfte. „Habe ich keine Lust drauf, ich bin raus“, sagt Glagau. Auch Ralf Dümmel und Georg Kofler ist das Ticket zu teuer – sie steigen ebenfalls aus.

„Ich kann nur helfen, indem ich Ihnen mein Beileid ausspreche“

So bleibt am Ende nur noch „Kassenexperte“ Carsten Maschmeyer als möglicher Geldgeber übrig. Der aber hat sich die härteste Kritik des Abend noch aufgespart. Als die Gründer auf Nachfrage angeben, bereits 75.000 Euro in die ihre Idee investiert zu haben, sagt Maschmeyer, er überlege wirklich, wie er den beiden Gründern helfen könne. „Aber eigentlich kann ich Ihnen nur helfen, indem ich Ihnen mein Beileid ausspreche“, sagt der Investor in die sichtlich irritierten Gesichter der Scansation-Gründer.

Für Maschmeyer stünden Klett und von Klenze vor einem „unbewältigbaren Aufgabenturm“, der nicht zu schaffen sei. „Ihr Fundament ist zu schwach“, sagt der Investor. Zu wenig bahnbrechend sei die Idee, zu gering die Marktchancen angesichts der großen Konkurrenz. „Es tut mir leid, wie sie da dastehen, die zwei Märkte in zwei Jahren sprechen ja eine deutliche Sprache. Das ist kein Startup, das ist Startdown“, so Maschmeyer. Es sind die letzten Worte des Löwen – denn dann ist auch er raus.

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Klaus

Einfach mal in die Schweiz schauen wie man sowas macht, Migros und Coop haben super Lösungen, die von den Kunden sehr gut angenommen werden. Warum die Deutschen-Ketten sowas nicht einführen kann ich nicht verstehen.

Antworten
Micha

Hier in der Gegend gibt es das mehrfach von den Märkten angeboten.
Einmal die Variante von EDEKA, bei der man einen smarten Einkaufswagen hat, der einen dann gleich noch auf Angebote aufmerksam macht oder ein integriertes Navi für den Markt hat, sodass man das gesuchte Produkt auch findet. Eine andere Variante gibt’s bei den Wez-Märkten, bei der es die Scanner direkt im Markt gibt und für die man dann auch eine eigene Kasse hat. Ab und an kommt es vor, dass das Kassenpersonal von der Kasse aufgefordert wird drei beliebige Produkte zu scannen. Das dient der Prüfung, ob der Kunde diese drei Produkte ebenfalls gescannt hat.

Ich nutze beide Varianten sehr gern.

Antworten
Dominik Schläpfer

Also ich glaube da sind die DHDL Investoren total auf dem falschen Dampfer! Hier in der Schweiz gibt es bei den Grossverteilern Migros und Coop ähnliche Systeme ohne Handy. Das nennt sich Selfscanning. Das Vertrauen der Händler ist da. Sehr selten gibt es Stichproben. Die Kund*innen benutzen das sehr gerne. Ich schätze hier in St. Gallen sind es um die 50%

Antworten
Holger Schaal

In den Niederlanden gibt’s das auch bei Albert Heijn – in verschiedenen „Geschmacksrichtungen“ – mit Handscanner oder auch Mobiltelefon – siehe https://www.ah.nl/over-ah/services/zelfscannen (vermutlich gibt’s das dann auch bei Albert Heijn in Belgien…).

Antworten
Chris

Self-Scanning hat durchaus Potential, wenn es für den Kunden einen echten Mehrwert gibt. Allerdings hab ich mich bei der vorgestellten App gefragt, warum man nicht direkt in der App bezahlen kann. Selbst scannen und wieder an der Kasse anstehen, ist doch Unfug.

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