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Plötzlich Chef: Diese Tipps sollten neue Führungskräfte beherzigen

Mit dem ersten Führungsposten beginnt ein neuer Abschnitt. In unserer Themenwoche Karriere erklären wir, worauf sich Chefs konzentrieren sollten.

Von Lisa Hegemann
8 Min. Lesezeit
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(Bild: Photocase / Kallejipp)

Dass sie nicht mehr einfach nur Angestellte ist, merkte Friederike Tschacksch nach wenigen Monaten. Im Mai 2015 gründete die studierte Betriebswirtin gemeinsam mit Philipp von Sahr und Beatrice von Wrede das Startup „Gegessen wird immer“, das qualitativ hochwertige Lebensmittel versendet. Tschacksch hatte zuvor unter anderem bei Zalando gearbeitet, immer im Team, als eine von Vielen. Mit der Gründung von „Gegessen wird immer“ änderte sich ihre Rolle.

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Das Unternehmen ging aus dem Startup „Dein Biogarten“ hervor. Die drei Gründer wollten eigentlich alle Mitarbeiter in ihre neue Firma mitnehmen. Doch im ersten Jahr veränderte sich viel – nicht jeder konnte sich mit der überarbeiteten Vision identifizieren. Zwar mussten Tschacksch und ihre Mitgründer keine Kündigungen aussprechen, doch trotzdem verließen einige Beschäftigte das Unternehmen. „Es war sehr hart, die Mitarbeiter gehen zu lassen“, sagt die Gründerin. Das Führungsteam kannte die Angestellten lange, wusste um deren persönlichen Geschichten. Rückblickend betrachtet sagt Tschacksch, dass ihr damals das erste Mal bewusst geworden sei, dass sie nun aus einer anderen Position heraus agiere: „Plötzlich steckte ich in der Chefrolle.“

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Friederike Tschacksch beschreibt damit einen Wandel, den viele neue Führungskräfte durchmachen: die Metamorphose vom Mitarbeiter zum Chef. Statt Aufgaben entgegenzunehmen, müssen sie selbst entscheiden. Statt in einem Team zu arbeiten, müssen sie es führen. Statt die eigenen Sorgen zu diskutieren, müssen sie die anderer ernst nehmen. Statt Verantwortung abzugeben, müssen sie für Fehler geradestehen. Sie setzen nicht nur um, sie gestalten mit.

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„Führung ist ein komplett neuer Job“, meint Gudrun Happich, die beim Galileo-Institut in Köln Führungskräfte berät. Die fachliche Expertise eignen sich Neu-Chefs an den Universitäten oder in der Ausbildung an. „Aber nennen Sie mir eine Hochschule, die den Studiengang ‚Führung‘ anbietet“, so Happich. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass vielen Nachwuchsführungskräften der Wandel vom eher ich-bezogenen Arbeiten zum vorwiegend moderierenden Anleiten schwerfällt. Denn es geht nicht mehr nur um Fachwissen. „Der Chef muss nicht überall besser sein als die Mitarbeiter“, sagt Happich. Er muss seine Mitarbeiter aber konsultieren, wenn er über eine Präsentation oder ein Projekt nicht ausreichend informiert ist. Mit anderen Worten: „Er muss nicht alles wissen, aber er muss es in Erfahrung bringen können.“

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Chef: Partner statt Diktator

Zusammenarbeit lautet das neue Schlagwort in der heutigen Arbeitswelt, wie die Initiative Neue Qualität der Arbeit herausfand. In Interviews mit 400 Führungskräften gab mehr als jeder Zweite an, die Kooperation mit den Mitarbeitern gewinne an Bedeutung. Während ein Angestellter hauptsächlich seinen Aufgaben nachgeht, müssen sich Chefs deshalb vor allem auf eine Fähigkeit konzentrieren: Kommunikation.

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Das klingt erst einmal offensichtlich, doch dahinter steckt mehr als nur das obligatorische Mitarbeitergespräch oder der alltägliche Arbeitsauftrag nach unten. Wolfgang Habelt, Professor an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München, bezeichnet die neuen Führungskräfte als „Partner für Dialoge“. Sie müssen ständig mit ihren Mitarbeitern sprechen, in der Lage sein, ihre Strategie zu erklären, auf ihre Mitarbeiter einzugehen und Feedback zu geben. Sie müssen wissen, wer an was arbeitet – aber auch, wen was bewegt.

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Der Chef als Diktator hat ausgedient. „Führungskräfte müssen es jedem Mitarbeiter gestatten, Handlungsfreiräume für Ideen zu entwickeln“, so Professor Habelt. Der Grundsatz „Die einen führen, die anderen machen“ sei out. Doch viele Manager verharrten trotzdem in dieser Rolle. „Sie bleiben auch in der neuen Position Verwalter“, sagt Habelt. Die Führungskräfte zögen sich auf autokratische Führungsstile zurück: Sie planten, organisierten, kommandierten. Ganz getreu dem Motto: „Jeder kann machen, was ich will.“ Auch deshalb gilt die unzureichende Kommunikation bis heute als einer der häufigsten Fehler bei der Mitarbeiterführung, wie die Personalberatung Robert Half 2015 in einer Umfrage feststellte.

Beatrice von Wrede, Philipp von Sahr und Friederike Tschacksch (von links nach rechts) haben 2015 das Startup „Gegessen wird immer“ gegründet. Die drei Unternehmer treffen Entscheidungen gemeinsam. (Foto: Gegessen wird immer)

Aber wie geht Chefsein besser? Beraterin Happich hat auf diese Frage eine simple Antwort: Fragen stellen. „Anstatt einem Mitarbeiter eine Anweisung aufzudrücken, kann eine Führungskraft ihn auch um seine Meinung bitten“, so die Chefin des Galileo-Instituts. Das stoße auf weniger Widerstand. Und: Der Mitarbeiter fühle sich nebenbei auch noch in den Entscheidungsprozess eingebunden.

Trotzdem bleibt das Chefsein eine Gratwanderung, denn nicht jede Entscheidung lässt sich zu jedermanns Zufriedenheit treffen. Das weiß auch Friederike Tschacksch. „Wir vertreten manchmal sicherlich Standpunkte, die unsere Mitarbeiter anders bewerten“, sagt die Gründerin. Als Chef müsse sie aber die Metaebene im Blick behalten. Für Teammitglieder, die im operativen Geschäft tätig seien, sei das schwieriger.

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Startete „Gegessen wird immer“ mit einer Handvoll Mitarbeiter, so ist das Team mittlerweile auf 23 Angestellte angewachsen. Für die Gründer stellte sich deshalb früh die Frage: Was kommunizieren wir an die Mitarbeiter und was behalten wir besser für uns? „Wir mussten erst einmal ein Gefühl dafür bekommen“, sagt Tschacksch rückblickend. Heute gibt es klare Regelungen: Die Informationen, die Mitarbeiter für eigenverantwortliche Entscheidungen benötigen, werden ohne Wenn und Aber kommuniziert.

Trotzdem geben die drei Gründer nicht alles ungefiltert weiter. „Unsere Mitarbeiter bekommen keine Informationen, die Panik auslösen“, sagt Tschacksch. Bei unsicheren Aussagen warten sie und ihre Mitgründer lieber mit der Kommunikation. So vermeldete beispielsweise kürzlich ein Wettbewerber von „Gegessen wird immer“ sein Aus. Auch wenn die drei Gründer schon vorher Gerüchte gehört hatten, behielten sie die Informationen zunächst für sich. Sie wollten keine Spekulationen auslösen. Erst als das offizielle Statement vorlag, sprachen sie auch intern darüber.

Dass sich der Umgang gewandelt hat, merkt Tschacksch auch an anderer Stelle. „Was mich am meisten überrascht hat, war die veränderte Wahrnehmung der Mitarbeiter“, so die Gründerin. Im alten Job habe sie als Team-Mitglied gezählt. Jetzt hingegen sei sie nicht mehr „so drin“. Das liege auch an der Gründer-Rolle: Manche Entscheidungen könne sie nicht mit dem Team treffen. „Die muss ich mit meinen Mitgründern festlegen“, sagt Tschacksch.

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Eine Erfahrung, die nicht nur sie macht. Für Menschen, die im selben Unternehmen aufsteigen, ist die Umstellung besonders schwierig: Früher haben sie gemeinsam im Team über den Chef gelästert – nun sind sie selbst der Vorgesetzte. Anders als bei Gründern, die sich ein eigenes Unternehmen und ein eigenes Team aufbauen, müssen Abteilungs- und Teamleiter in größeren Unternehmen in zwei Richtungen kommunizieren.

Chefs müssen Orientierung geben

Wer beispielsweise in das mittlere Management aufsteigt, findet sich in der klassischen Sandwich-Position wieder: Einerseits muss er die Interessen der Mitarbeiter vertreten, andererseits aber auch die Wünsche der oberen Führungsebene durchsetzen. „Vorgesetzte haben Ziele und Strategien von der Geschäftsführung aufzunehmen, eventuell auch selbst an diesen mitzuwirken“, sagt Professor Habelt. Doch sie wüssten oft nicht, wie sie ein Konzept formulieren und hinterher inspirierend und gewinnend an ihre Mitarbeiter kommunizieren könnten.

Gleichzeitig fordern auch die Angestellten Veränderungen, die die Führungskraft dann wiederum nach oben weitergeben muss. Wer in dieser Position ist, sollte sich überlegen, wofür er eigentlich steht. Denn: „Chefs müssen Orientierung geben“, sagt Habelt. Sie müssten sich mit den Erwartungen von Mitarbeitern, Kollegen und Geschäftsführung auseinandersetzen und diese in die eigenen Pläne einbauen. Das verlange viel „politisches und diplomatisches Geschick“, so der Professor: Ein Chef müsse Menschen zusammenführen und die eigene Vision positionieren.

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Diesen Wandel dürfe eine Führungskraft durchaus thematisieren. Um auch die Mitarbeiter auf die neue Rolle einzustellen, helfe ein Gespräch. „Ein Chef sollte die Umstellung in seinem Team offen ansprechen“, sagt Beraterin Happich. Neue Führungskräfte könnten durchaus sagen, dass sie sich in ihrer neuen Rolle noch nicht gefunden haben und daher Zeit brauchen. Vor dieser Offenheit hätten allerdings viele Angst. „Sie sind der Meinung, über Probleme rede man als Chef nicht“, so Happich. Eine antiquierte Ansicht, die sich auch heute noch in vielen Unternehmen findet.

Ungewohnt für Neu-Chefs: mit den alten Kollegen anders umzugehen. „Eine Führungskraft muss realisieren, dass sie weiterhin nett zu den Kollegen sein kann, aber dass sie eben nicht mehr einer von ihnen ist“, sagt Happich. Dazu zähle, nicht mehr jeden Klatsch und Tratsch erzählt zu bekommen. „Wenn ich mitkriege, dass ich nichts mehr mitkriege, habe ich alles richtig gemacht.“

Auch Probleme lassen sich nicht mehr mit den alten Kollegen besprechen. Abteilungs- oder Teamleiter können sich bei schwierigen Entscheidungen immerhin mit anderen Führungskräften auf gleicher Ebene beraten. Diese können die Situation oft nachvollziehen und Tipps geben. Kompliziert wird es für Chefs, die allein an der Spitze eines Unternehmens stehen: Sie sollten sich entweder mit anderen Unternehmern besprechen oder einen externen Sparringspartner suchen.

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Gudrun Happich berät seit 20 Jahren Führungskräfte. Ihr Tipp für neue Chefs: Sie müssen nicht in jedem Bereich besser sein als ihre Mitarbeiter. (Foto: Gudrun Happich)

Auch für Gründer kann das hilfreich sein. Gerade jene, die frisch von der Universität kommen und gleich ein eigenes Unternehmen aufbauen, sollten sich Feedback von außen holen – sowohl zu ihrer Idee als auch zu ihrem Führungsstil. Sonst droht die Gefahr, sich zu verrennen.

Einfacher ist das bei mehreren Gründern. Im Fall von „Gegessen wird immer“ entscheiden Tschacksch, von Sahr und von Wrede beispielsweise gemeinsam. Wenn sich einer der drei mit einem Beschluss unwohl fühlt, wird er nicht umgesetzt. „Wenn mir jemand vor einem Jahr gesagt hätte, welche Entscheidungen ich heute treffen muss: Ich weiß nicht, ob ich mir das zugetraut hätte“, sagt Tschacksch. Dank ihrer Mitgründer könne sie aber Zweifel immer offen äußern. Probleme löse man im Team.

Gerade Gründer sind als Führungskräfte nahezu täglich mit den unterschiedlichsten Entscheidungen konfrontiert – von der Frage, wie der nächste Flyer aussehen soll, bis hin zu dem Thema, wie sich die Unternehmer die kommenden drei Jahre vorstellen. Friederike Tschacksch nennt das „rauszoomen“ und „reinzoomen“: „Wir befinden uns als Gründer ständig in einem Spannungsfeld zwischen kleinen Problemen und großer Planung“, sagt sie. In der einen Minute müsse sie einem Mitarbeiter helfen, einen Kunden zu beruhigen. Und in der nächsten spreche sie mit ihren Mitgründern über die langfristige Finanzierung von „Gegessen wird immer“. „Immer, wenn ein Thema erledigt ist, kommen neue und größere Aufgaben auf uns zu“, sagt sie.

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Auch wenn die neue Rolle Unwägbarkeiten mit sich bringe, so habe sich der Schritt für sie gelohnt, sagt Friederike Tschacksch: Insgesamt genieße sie ihr Gründerdasein. „Ich kann viel mehr bewegen, als ich das in anderen Unternehmen je konnte“, sagt sie. „Und es macht einfach viel Spaß, ein Unternehmen zu führen, hinter dem ich zu 100 Prozent stehe.“

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Dein t3n-Team

Andreas Zander

Eine der weitreichenden Veränderungen auf dem Weg zum Vorgesetzten oder Unternehmer ist, dass man in der r vorherigen Position noch alles mit den KollegenInnen besprechen konnte und nun ist man als CEO, faktisch allein. M isstrauen und Erwartungen der Mitarbeiter können einen in Situatione bringen die ungewohnt und neu sind.
Die Situation ändert sich immer, egal ob man im selben Unternehmen befördert wird oder nach einem Stellenwechsel in die Chefetage aufsteigt.
Das Gleiche gilt ebenfalls für Menschen, die erst auf den unteren bis mittleren Stufen der Karriereleiter stehen, oder auf dem Terrain derSelbständigkeit nur wenig oder gar keine Erfahrung haben.
Hier kann ein persönlicher Mentor die fehlende Kommunikation ausgleichen und für die Dinge ein offenes Ohr haben, die nicht für die Mitarbeiter geeignet sind.
Denn als Chef arbbeiten SIe ab sofort auf einem Präsentierteller. EIn persönlicher Coach oder Mentor ist ihr persönlicher Partner zur Reflexion ihres Handelns bei
der Entwicklung ihrer Visionen und gibt ihnen ein ehrliches Feedback.
Verschiedene Sichtweisen und die Verlässlichkeit eines Partners helfen die neue Aufgabe souverän zu meistern.

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