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Ratgeber

Wie China einem Berliner Gaming-Studio zum Erfolg verhalf

„Curious Expedition“ wurde von einem Flop zum Indie-Hit. Dafür mussten die Entwickler viel Arbeit ins Spiel stecken – und den chinesischen Markt für sich erschließen.

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In "Curious Expedition" gibt es einiges zu entdecken. (Screenshot: Maschinen-Mensch)

Die Idee zu „Curious Expedition“ sei im Wartezimmer beim Zahnarzt entstanden. Für die wenigsten Menschen wohl ein sonderlich inspirierender Ort, doch für Riad Djemili der Ursprung für den heutigen Erfolg. „In einer Ausgabe der National Geographic habe ich einen Bericht über Expeditionen gelesen. Darin waren Schaugrafiken, zum Beispiel über Ressourcen, die auf solchen Reisen verbraucht werden“, sagt Djemili, Mitgründer von Maschinen-Mensch, dem Studio hinter „Curious Expedition“, das in Berlin ansässig ist.

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Das Spiel ist eine Simulation, in der Spieler und Spielerinnen sich auf die Reise machen, um unentdeckte Orte zu erkunden. Dabei müssen sie nicht nur ein fähiges Team zusammenstellen, sondern auch den Überblick über Ressourcen behalten, damit die Reise nicht mitten im Dschungel jäh zu Ende ist. Selbst Themen wie Kolonialismus greift das Spiel auf, indem es Rassismus und die Ausbeutung indigener Völker zum Teil der Spielerfahrung macht. Erstmals erschienen ist das Spiel im Early Access im November 2014 – mit ganzen 61 verkauften Kopien am ersten Tag.

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Inzwischen hat sich das Spiel jedoch schon über 250.000 Mal verkauft. Das Studio Maschinen-Mensch ist von zwei Mitarbeitern auf neun angewachsen und 2020 erschien der zweite Teil von „Curious Expedition“ – ebenfalls mit Erfolg. Wie hat das Studio es geschafft, vom Flop zum Hit zu werden?

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Die Serie „Kleine Studios, große Wirkung“
Der Games-Markt ist hart umkämpft. Studios, die über kein gigantisches Marketing-Budget verfügen, müssen oft andere Wege finden, um mit wenig Geld ihr Publikum zu erreichen. In dieser Serie wollen wir kleinere Videospiel-Studios vorstellen, die auf kreative Art ihre Spiele bewerben; die neue Kanäle nutzen, gekonnt mit Influencern zusammenarbeiten oder durch geschicktes „Word of Mouth“-Marketing zum Erfolg gefunden haben. Hier geben sie Tipps, wie auch mit wenig Geld ein gutes Spiel bekannt werden kann. Alle Artikel der Serie findet ihr hier.

Eigene Persönlichkeit als Marketing-Tool

„Wir haben ‚Curious Expedition‘ zunächst nur auf unserer eigenen Website verkauft – das war ein großer Fehler“, sagt Riad Djemili. Kaum jemand habe das Spiel gekauft und es habe eine hoffnungslose Stimmung geherrscht – von der sich Djemili und sein Geschäftspartner Johannes Kristmann aber nicht demotivieren ließen. Wenige Monate später boten sie das Spiel dann auf Steam an. „Da hat es dann funktioniert und das Spiel hat sich von Jahr zu Jahr besser verkauft“, sagt Djemili.

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Das sei jedoch nicht einfach so passiert. Vielmehr hätten sie von Anfang an darauf geachtet, das Marketing des Spiels auf sich zu fokussieren: die beiden Indie-Entwickler Riad und Johannes. „Wir haben nicht vorgegeben, total professionell zu sein. Wir haben unsere Story und die der Firma erzählt und so rübergebracht, was unser Spiel besonders macht“, sagt er.

Beide Entwickler kommen aus dem Blockbuster-Bereich, in dem Marketing-Briefings üblich sind, die genau detaillieren, was über ein Spiel gesagt werden darf und was nicht. „Wir haben unser eigenes Spiel genutzt, um frei zu sein und alles zu erzählen, was wir wollen.“ Dafür haben sie einen Blog genutzt, Twitter oder auch Youtube, wo sie immer wieder Videos hochluden, um kleine Updates zum Spiel zu geben. Noch heute sieht man im Intro-Video ihrer Steam-Seite zuerst ihre Gesichter, bevor Spielszenen zu sehen sind. „So haben die Leute ein Gefühl dafür bekommen, wer wir sind. Und wir konnten so eine starke Bindung zu unserer Community aufbauen.“

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Wie sie sich den chinesischen Markt erschlossen

Dieses Standing hat Maschinen-Mensch schlussendlich mit zum Erfolg geführt. Nicht nur stachen sie so hervor im großen Meer der vielen Indie-Spielen. Auch traten Fans an sie heran – und öffneten dem Studio so einen gigantischen Markt. „Eine chinesische Fancommunity ist an uns herangetreten, sie wollten unser Spiel übersetzen. Zuerst dachten wir, dass das irgendein Trick sei, schließlich hat ‚Curious Expedition‘ über 80.000 Wörter“, sagt Djemili. Doch habe man sich schließlich doch dazu entschieden, den Fans eine Version des Spiels zuzusenden, in der sie selbst eine Übersetzung vornehmen konnten.

„Wir waren erstaunt, nicht nur haben sie jedes gesprochene Wort übersetzt, sondern auch Grafiken angefertigt, etwa von unserem Logo – nur eben auf Chinesisch.“ Diese Sprachversion lud das Studio bei Steam hoch. „Inzwischen ist der chinesische Markt mit Abstand der größte für uns.“ Das Studio habe „Curious Expedition“ bereits bei einigen der chinesischen Verkaufsplattformen eingereicht, bisher jedoch ohne Erfolg. Es stecke noch in der Zulassung fest, könne daher nur über Steam verkauft werden. Steam wiederum ist in China nicht illegal – jedoch auch nicht vollkommen legal, zumindest die internationale Version. Ein chinesisches Steam ist Anfang des Jahres gestartet. Die Gefahr bestehe, dass die internationale Plattform jederzeit verboten werden könne. Ein Risiko, mit dem das Studio leben muss.

Sicherlich kann es als Zufall bezeichnet werden, dass eine chinesische Fangemeinde die Zeit und Arbeit gerade in dieses Spiel stecken wollte. Doch war es genau die Nähe zur Community und das Gesicht-Zeigen, das vermittelte, dass da Entwickler sind, zu denen man in Kontakt treten kann, die gerne Input annehmen. Bis heute unterhält das Studio einen regen Discord-Server, auf dem sich Fans und Entwickler und Entwicklerinnen austauschen.

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Tipps für angehende Entwickler und Entwicklerinnen

Freilich waren das nicht die einzigen Unternehmungen, die das Studio gemacht hat. 2017 etwa waren sie Teil eines Humble Bundles. Das sind Spiel-Sammlungen, die zu einem bestimmten Motto oder gemeinsinnigen Zweck zusammengestellt und zu einem günstigen Preis erworben werden können. Ihr Bundle verkaufte sich über 90.000 Mal und erschloss noch einmal ein größeres Publikum.

Dass das Spiel überhaupt so viele Jahre überleben konnte und von einem erfolgreichen Nachfolger abgelöst wurde, liegt auch nur daran, dass das Studio konstant an Updates des Spiels gearbeitet hat. „So sehr ich Story-getriebene Spiele auch mag – als Indie ist es ratsam, ein Spiel zu entwickeln, das erweiterbar ist“, sagt Djemili. Das würde dafür sorgen, dass Spieler und Spielerinnen immer wieder zurückkommen, um zu entdecken, was es Neues gibt. Genauso würde es aber auch den Entwicklern und Entwicklerinnen helfen: „Man kann sich ausprobieren und ein paar verrückte Ideen und Aspekte ins Spiel werfen und schauen, wie sie ankommen.“

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Der große Erfolg für „Curious Expedition“ kam also durch den chinesischen Markt, konstante Updates, Humbe Bundle – und die Persönlichkeit der Personen hinter dem Spiel. Und das ist auch der große Tipp, den Riad Djemili anderen Indie-Entwicklerinnen und -Entwicklern mitgeben möchte: Erzählt eine Geschichte. Listet nicht auf, was euer Spiel kann, welche Features es hat. Sondern überlegt euch, was ihr damit eigentlich ausdrücken wollt, wieso ihr das macht.

„Überlegt euch, welche Geschichte ihr als Künstlerinnen und Künstler zu erzählen habt. Sagt nicht, dass ihr ein Strategiespiel mit 30 Leveln und 15 Waffen produziert. Das Publikum ist an Menschen und Geschichten interessiert. Und anstatt total professionell wirken zu wollen, ist es besser, die Leute emotional abzuholen: Wieso macht ihr das, was ihr macht?“

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