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Vor 1,5 Jahren wechselten Millionen ins Homeoffice – doch das Büro stirbt nicht aus

Mit fortschreitenden Impfungen und niedrigen Infektionszahlen holen Unternehmen immer mehr Beschäftigte aus dem Homeoffice zurück. Firmen tüfteln an Modellen für die neue Arbeitswelt. Dabei zeigt sich: Das Büro spielt weiter eine zentrale Rolle.

4 Min. Lesezeit
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(Foto: Monkey Business Images/Shutterstock)

Ungeachtet des Trends zum Homeoffice wird das Büro vorerst nicht aus dem Arbeitsalltag verschwinden. Zwar halten sich Unternehmen in Deutschland noch etwas bei der Anmietung neuer Flächen zurück, doch eine Abkehr vom Büro im großen Stil bleibt bislang aus. Ökonomen, Makler und Immobilienexperten erwarten, dass Corona die Arbeitswelt mit mehr Homeoffice umwälzen wird, einen Abgesang auf das Büro aber halten sie für verfrüht.

Vor rund eineinhalb Jahren wechselten Millionen Arbeitnehmer wegen der Corona-Pandemie quasi über Nacht ins Homeoffice, mittlerweile ist eine stetig wachsende Mehrheit der Beschäftigten wieder im Unternehmen tätig. Im Juli arbeitete nur noch gut ein Viertel zumindest zeitweise zu Hause, schätzte das Münchner Ifo-Institut. Die Ökonomen führen das nicht nur auf das Ende der Homeoffice-Pflicht für Unternehmen zurück, gegen die sich Wirtschaftsverbände vehement sperrten. „Die Menschen suchen wieder häufiger den persönlichen Kontakt im Büro“, sagte Ifo-Wissenschaftler Jean-Victor Alipour.

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Überdurchschnittlich oft in den eigenen vier Wänden arbeiten noch Beschäftigte in Dienstleistungsberufen – Tendenz fallend. In der Industrie, im Handel und am Bau, wo das Homeoffice ohnehin nur beschränkt möglich ist, sind Heimwerker nur eine kleine Minderheit.

Arbeitsmarkt bleibt stabil

Dass Unternehmen das Büro nicht abgeschrieben haben, zeigt auch die Widerstandskraft der Büromärkte – trotz des Wirtschaftseinbruchs in der Pandemie. Verzeichnete der Großmakler Jones Lang LaSalle (JLL) bei den Vermietungen im Krisenjahr 2020 eine Abnahme von über einem Drittel in den sieben größten deutschen Städten, blieben seither große Rückgänge aus. Im ersten Halbjahr verbuchte JLL bei stabilen Spitzenmieten einen Flächenumsatz von 1,31 Millionen Quadratmetern – ein Minus von nur einem Prozent zum Vorjahreszeitraum.

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Auch wenn das Vorkrisenniveau noch nicht erreicht ist: „Der Markt hat sich schnell gefangen“, sagt Stephan Leimbach, Chef für Bürovermietungen bei JLL Deutschland. Dank der Staatshilfen seien Insolvenzen im großen Stil ausgeblieben und auch der Arbeitsmarkt sei robust. Die meisten Mietverträge laufen ohnehin über Jahre. Für die zweite Jahreshälfte erwartet JLL eine Belebung der Vermietungen und 2021 ein Plus von fünf Prozent zum Vorjahr. Konkurrenten wie Colliers und BNP Paribas Real Estate erwarten ebenfalls bessere Geschäfte.

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Auch bei Investoren stehen Büroimmobilien in Top-Lagen hoch im Kurs. So kaufte die Allianz mit der Bayerischen Versorgungskammer das Bürohochhaus „T1“ im Frankfurter Bankenviertel für die Rekordsumme von 1,4 Milliarden Euro. Vier Jahre vor Eröffnung sind zwei Drittel der Flächen an Mieter aus der Banken- und Beratungsbranche vergeben.

Für Unternehmen sind die Einsparmöglichkeiten durch weniger Büroflächen verlockend, doch einige Chefs legen Wert darauf, ihre Mitarbeiter im Büro zu haben. „Wenn es einen gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice geben würde, dann bräuchte ich garantiert 50 Prozent mehr Leute, weil die Effizienz leiden würde“, sagte Wolfgang Grupp, Chef des Textilherstellers Trigema, jüngst dem Spiegel.

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Wie sieht die neue Arbeitswelt aus

Viele Firmen tüfteln inmitten der Pandemie noch, wie die neue Arbeitswelt aussehen könnte. Ein Modell zeichne sich aber in Kundengesprächen ab, sagte JLL-Experte Leimbach. „Die meisten Firmen können sich ein bis zwei Tage Homeoffice für die Belegschaft vorstellen und drei bis vier Tage sollen die Leute ins Büro kommen.“

In diese Richtung zeigen die Ansätze vieler Unternehmen. Bei Porsche etwa können die Mitarbeiter künftig an bis zu zwölf Tagen im Monat mobil arbeiten, wenn sie nicht gerade in Bereichen wie der Produktion tätig sind. Bei Siemens sollen alle Beschäftigten weltweit im Schnitt stets zwei bis drei Tage pro Woche mobil arbeiten dürfen. Die Deutsche Bahn will mobiles Arbeiten dort möglich machen, „wo es die bestehenden Arbeitsanforderungen erlauben“, und auch Bosch sowie Coca Cola setzen auf eine Mischung aus Büro und Homeoffice.

Weiter geht der Softwarekonzern SAP. „Wenn es die Tätigkeit nicht zwingend verlangt, an einem bestimmten Ort präsent zu sein, haben die Mitarbeiter bei der Wahl ihres Standorts alle Freiheiten“, sagte Deutschland-Personalchef Cawa Younosi. Generell ist Homeoffice in der Informationswirtschaft stärker auf dem Vormarsch als in der Industrie, zeigt eine Studie des Mannheimer Forschungszentrums ZEW.

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Nicht nur Unternehmen wollen, dass die Beschäftigten hin und wieder ins Büro kommen – Nachfrage kommt auch vom Personal. „Viele junge Leute gehen gerne in die Firma, da sie oft in kleinen Wohnungen leben, Single sind und Gesellschaft suchen“, meint Leimbach. Bei Firmen gebe es eine große Unsicherheit über die neue Arbeitswelt. „Viele warten, was die Konkurrenz macht und wer als erster springt.“

Flexible Arbeitsmodelle können zu Problemen führen

Für einige Unternehmen gehe es nach Monaten des Homeoffice erstmal darum, eine Art Normalbetrieb wiederzuerlangen, bevor flexible Modelle ausprobiert würden, meint Michael Voigtländer, Immobilienexperte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Der Zug Richtung Homeoffice sei nicht mehr aufzuhalten, denn flexible Arbeitsmodelle sind auch ein gutes Argument im Werben um Fachkräfte. Die Umsetzung sei aber gar nicht so einfach. „40 Prozent weniger Büroanwesenheit heißt nicht 40 Prozent weniger Fläche.“

In der Praxis haben flexible Modelle wie geteilte Schreibtische Tücken. Voigtländer verweist auf Studien, wonach die meisten Beschäftigten gerne mittwochs und freitags Homeoffice machen wollen. „Da sind viele Absprachen nötig, wer wann ins Büro kommen kann.“

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Der Trend gehe zu mehr Abstand zwischen den Schreibtischen und mehr Räumen für Kommunikation, sagt Leimbach von JLL. „Das eigene Privatbüro mit festem Platz und Namensschild an der Tür sehen wir auf dem Rückzug.“ Technisch seien geteilte Schreibtische kein Problem. Es sei eher eine Frage der Kultur, einen Platz zu beziehen, an dem vor kurzem noch Familienfotos von Kollegen standen. „Das fühlt sich für viele an, als würden sie sich in ein fremdes Wohnzimmer setzen.“ dpa

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