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Ratgeber

Coronavirus: Deine Rechte und Pflichten im beruflichen Umfeld

Nachhaltige Verunsicherung herrscht aktuell über das Thema Coronavirus. Was du als Arbeitnehmer in rechtlicher Hinsicht wissen solltest und wann dein Chef dich schützen muss, fassen wir in diesem Beitrag zusammen.

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Das Coronavirus sorgt für Verunsicherung. (Foto: SamaraHeisz5 / Shutterstock)

Ist die Diskussion Panikmache der Behörden oder ist alles nur halb so schlimm? Unternehmen schicken ihre Mitarbeiter ins Homeoffice, einige Veranstalter sagen Messen ab (andere wiederum nicht). Klar ist nur, dass vieles nicht klar ist – und die Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung groß. Rechtsanwalt Christian Solmecke hat einige Fragen rund um die Arbeitswelt aufgegriffen und gibt Antworten, die dir zumindest zeigen können, wie die rechtliche Situation ist. Doch immerhin sind viele Chefs schon im Hinblick auf ihre Fürsorgepflicht und im Interesse reibungsloser Abläufe daran interessiert, den Mitarbeitern entgegenzukommen.

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Davon abgesehen gibt es aber auch einige rechtliche Verpflichtungen im Umgang mit der (möglichen) Gefahr. So sind Arbeitnehmer auch dann zur Arbeit verpflichtet, wenn sie befürchten, sich auf dem Weg oder im Büro mit dem Coronavirus anzustecken. „Der Arbeit fernbleiben dürfen Arbeitnehmer nur, wenn sie auch tatsächlich arbeitsunfähig sind. Die Angst vor einer Ansteckung auf der Arbeit oder dem Weg dorthin ist nicht ausreichend“, erklärt Christian Solmecke. Dabei trägt der Arbeitnehmer das Wegerisiko, muss also pünktlich im Büro erscheinen, auch wenn beispielsweise kein Bus oder keine Bahn fährt. „Gibt es jedoch keine Möglichkeit zur Arbeit zu kommen, kann auch das Gehalt ausbleiben“, weiß der Fachanwalt. Eine Abmahnung kommt dann allerdings auch nicht direkt: Das wäre lediglich dann der Fall, wenn die Unpünktlichkeit selbst zu verschulden ist. Anders ist es nur, wenn Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen ausdrücklich eine andere Regelung vorsehen.

Büro wegen Coronavirus zu? Geld gibt’s weiterhin

Schließt der Arbeitgeber, wie beispielsweise in einem Betrieb in Bayern, sein Büro oder seine Firma, muss der Mitarbeiter keinen „Zwangsurlaub“ nehmen. Wenn der Arbeitgeber von sich aus den Betrieb schließt und Arbeitnehmer nicht zur Arbeit erscheinen können, befindet sich der Arbeitgeber in Annahmeverzug. Urlaub müssen Arbeitnehmer dafür nicht nehmen. Schließt die zuständige Behörde ein Werk, dann dürfte es sich dagegen um einen Fall des Betriebsrisikos handeln. „Zum Betriebsrisiko des Arbeitgebers gehören all diejenigen Umstände, welche die Arbeitsleistung und damit deren Annahme durch den Arbeitgeber aus Gründen unmöglich machen, die im betrieblichen Bereich liegen“, erklärt Solmecke. Wird der Betrieb wegen des Coronavirus geschlossen, so wird der Arbeitnehmer in vielen Fällen daran gehindert, seine vertraglich geschuldete Arbeit leisten zu können. Da dies im Risikobereich des Arbeitgebers liegt, erhält der Arbeitnehmer gemäß § 615 Satz 3 BGB Lohnfortzahlung. Das kann natürlich auch bedeuten, dass der Arbeitgeber dem Angestellten entsprechende Homeoffice-Lösungen bereitstellt.

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Falls die Behörden aus einem Grund Beobachtung beziehungsweise Quarantäne einzelner Personen anordnen, sieht der Fall anders aus: „Bei einem infektionsschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots wegen eines bloßen Verdachts besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Der betroffene Mitarbeiter hat aber Anspruch auf Entschädigungsleistung gemäß § 56 Abs. 1 IfSG. Dieser orientiert sich an der Höhe des Krankengeldanspruchs“, erklärt Solmecke. Man ist also analog zum normalen Krankenstand weiterhin abgesichert. Wenn sich nachträglich herausstellt, dass eine Person tatsächlich krank ist und krankgeschrieben wird, gelten die normalen Regeln für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Man bekommt dann sechs Wochen lang sein Gehalt vom Arbeitgeber und danach Krankengeld.

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Auslandsreisen: Es kommt darauf an

Generell darf der Arbeitgeber dich auch weiterhin ins Ausland schicken, es besteht kein allgemeines Leistungsverweigerungsrecht. Ob der Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung im Ausland verpflichtet ist, ergibt sich im Übrigen aus dem Arbeitsvertrag. Doch auch wenn der Arbeitsvertrag Auslandsreisen vorsieht, kann der Arbeitgeber seine Angestellten nicht uneingeschränkt ins Ausland schicken. Nach § 106 Gewerbeordnung (GewO) darf er das ihm zustehende Weisungsrecht nur nach „billigem Ermessen“ ausüben. „Im Rahmen einer Abwägung der gegenseitigen Interessen muss zwingend auch die Fürsorgepflicht beachtet werden, welche den Arbeitgeber trifft. Hierzu zählt insbesondere der Schutz der Gesundheit der Mitarbeiter.

Medienanwalt Christian Solmecke aus Köln. (Bild: Christian Solmecke)

Liegt eine erhebliche Gefährdung des Arbeitnehmers vor, entspricht eine Auslandsreise nicht mehr billigem Ermessen“, erklärt Christian Solmecke den etwas komplexeren Sachverhalt. Das gelte insbesondere, wenn für die Region eine offizielle Reisewarnung ausgegeben wurde. Aktuell gilt das für einige Regionen in China, nicht aber beispielsweise für Italien. Dienstreisen nach Italien steht somit aktuell noch nichts im Wege, wenngleich auch hier die Reise billigem Ermessen entsprechen muss.

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Allerdings kann – siehe oben – auch die individuelle Situation des Mitarbeiters relevant sein. Wenn eine Vorerkrankung, etwa eine Immunschwäche, besteht, kann es in einer vorzunehmenden Abwägung dazu führen, dass der Mitarbeiter die Reise verweigern kann. Das allerdings muss dann im Einzelfall geprüft werden.

Geschlossene Schulen und Kitas könnten Probleme bringen

Doch als Arbeitnehmer bist du ja oft nicht allein, sondern hast gegebenenfalls auch Kinder, deren Schule oder Kita geschlossen werden könnte. Kinderbetreuung ist aber, so sieht es das Gesetz, dein Thema – und Eltern haben sich daher um alternative Betreuung zu kümmern. Immerhin kann vor allem bei kleineren Kindern ein sogenanntes Leistungsverweigerungsrecht für ein Elternteil in Frage kommen, wenn in einem solchen Fall partout keine Betreuung aufzutreiben oder zu organisieren ist. „Dann muss der Arbeitgeber im Zweifel den Arbeitnehmer freistellen – dies dann allerdings unentgeltlich“, so Solmecke.

Andererseits ist auch das, ähnlich wie das Thema der nicht fahrenden Busse und Bahnen, eine Sache der Absprache. Ist das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer intakt, dann ist es sicher auch häufig möglich, Fehlzeiten nachzuarbeiten oder kurzfristig Urlaub zu nehmen. Einen Anspruch darauf gibt es aber nicht. Der Arbeitnehmer kann nicht von sich aus kurzfristig Urlaub nehmen, denn jeder Urlaub muss beantragt und genehmigt werden.

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In vielen Fällen – und damit sind wir beim nächsten Streitpunkt – ist es auch möglich, gerade im digitalen Umfeld von zu Hause aus zu arbeiten. Allerdings reicht auch hier die bloße Angst vor einer Ansteckung nicht aus, um nicht ins Büro zu kommen. Denn ob Arbeitnehmer von zu Hause aus arbeiten dürfen, entscheidet alleine der Arbeitgeber. „Sofern es bei deinem Arbeitgeber eine solche Sonderregelung wegen des Coronavirus derzeit nicht gibt, gilt als Arbeitsort weiterhin der vertraglich vereinbarte Ort, welcher im Zweifel der Betrieb ist.“ Erscheint man nicht zur Arbeit, kann der Arbeitgeber abmahnen und letztlich sogar kündigen. Allerdings sind viele Arbeitgeber natürlich daran interessiert, dass der „Laden läuft“ und dürften gerade in einem solchen Fall zu Zugeständnissen bereit sein, wenn sie für alle Beteiligten Vorteile bringen.

Eher nebenbei laufen einige Verpflichtungen, die unter die „generelle Fürsorgepflicht des Arbeitgebers“ seinen Arbeitnehmern gegenüber laufen. So muss dein Arbeitgeber Hygienevorschriften beachten, um die Verbreitung von Krankheiten zu verhindern. Daher finden sich in vielen Einrichtungen Desinfektionsmittel und Hygieneempfehlungen. Den Arbeitgeber trifft zudem die Pflicht, seine Mitarbeiter über Infektions- und Erkrankungsrisiken aufzuklären. Das gilt vor allem dann, wenn dem Arbeitgeber erhöhte Risiken bekannt sind, etwa wenn sich unter den Mitarbeitern China-Reisende befinden.

Konferenz gecancelt? Auch hier spielen die Umstände eine Rolle

Zusätzlich werden ja aktuell auch zahlreiche Messen, Konferenzen und Massenveranstaltungen abgesagt, bei denen eine größere Ansteckungsgefahr vermutet wird. So kurzfristig kann das auch bedeuten, dass man etwa Hotel oder Flug stornieren muss. Ausführlich hatten wir das ja schon im Kontext der MWC-Absage vor zwei Wochen erklären lassen. Eine dort noch nicht thematisierte Situation ist die Absage durch die Verwaltung – der Veranstaltung hat dann keine Wahl und unterliegt höherer Gewalt.

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In diesem Fall liegt, so umschreibt es Solmecke, „juristisch eine sogenannte Unmöglichkeit vor“. Der Veranstalter wird dann von seiner Leistungspflicht, die er dem Besucher vertraglich schuldet befreit. Das Resultat: Er muss nicht mehr leisten, ist dazu ja schlichtweg auch nicht in der Lage. „Das neue Coronavirus dürfte in Verbindung mit den behördlichen Maßnahmen somit ein Ereignis darstellen, dass höhere Gewalt auslösen kann. Dies führt dazu, dass der Besucher dann auch keinen Eintritt mehr bezahlen muss. Besucher werden also umgekehrt ebenfalls von ihrer Leistungspflicht (Eintrittspreis) befreit.“ Umgekehrt betrifft das dann ja auch Hotels und Flüge, die nicht stattfinden können. Für die Unternehmen bedeutet das Einnahmeausfälle, die bis zum Konkurs führen können, für die Kunden allerdings auch, dass sie aus dem nicht erfüllbaren Vertrag entlassen sind.

Fazit: Gar nicht erst zum Streit kommen lassen

Einige der Sachverhalte fallen unter höhere Gewalt und sind nicht zu ändern. Doch in der aktuellen Situation ist auch vieles verhandelbar –und beispielsweise dürfte ein Arbeitgeber, der das Thema Homeoffice mit Argwohn sieht, zurzeit eher bereit zu Zugeständnissen sein, um den Betrieb bestmöglich am Laufen zu halten. Davon abgesehen sollten Unternehmen aber auch scheinbar alternativlose Praktiken in Frage stellen: Muss der Mitarbeiter persönlich zum Kunden und ist nicht eine Videokonferenz mindestens ein adäquater Ersatz, der zudem noch höhere Planungssicherheit gewährleistet? In größeren Unternehmen könnte es sich zudem lohnen, mal mit dem Betriebsrat zu sprechen. Denn bekanntermaßen wird nicht immer alles in allen Abteilungen gleich gehandhabt. Klar dürfte es aber auch für den Arbeitgeber sein, dass er nicht nur auf dem Papier eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Mitarbeiter hat, sondern dass dieser eine solche gegebenenfalls auch einfordern kann und wird.

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