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Cynefin-Framework: Wann ist agiles Arbeiten überhaupt sinnvoll?

Nicht jede Herausforderung in Unternehmen muss agil gelöst werden. Wie ihr entscheidet, wann ein Projekt agil gelöst werden sollte und wann nicht – und was das für eure Arbeit bedeutet.

Von Stefan Luther
4 Min. Lesezeit
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Nicht jede Herausforderung in Unternehmen muss agil gelöst werden. (Grafik: MicroOne/Shutterstock)

Die agile Problemlösung entstand in der Softwareentwicklung und wird mittlerweile auch sehr häufig im Non-Dev-Bereich – also etwa im Marketing – angewendet. „Agilität“ klingt nach Freiheit statt harter Struktur. Genau das ist auch das Problem: Der Begriff ist zu einem Buzzword verkommen und viele hinterfragen diese Methode nicht mal mehr. Schlimmer noch: Agilität ist zu einem Synonym für „Arbeiten ohne Ziel“ geworden.

Die 5 Kategorien von Problemen

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Um diese Fehlinterpretation von Agilität aus den Köpfen zu bekommen und nur dann agil zu arbeiten, wenn es wirklich sinnvoll ist, könnt ihr das Cynefin-Framework zurate ziehen. Es wurde ursprünglich im Jahr 1999 von Dave Snowden im Kontext von Wissensmanagement und Organisationsstrategie entwickelt. Dem Framework nach kann jede Herausforderung einer von fünf Domänen zugeteilt werden:

  1. Einfach: Die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung ist eindeutig; es gibt nur einen sinnvollen Weg, die Aufgabe effektiv zu erledigen. Beispiel: „Fülle das Formular aus und du bekommst deine Reisekosten erstattet.“ Lösung: Entsprechend der Aufgabe handeln und das Problem lösen.
  2. Kompliziert: Es besteht ebenfalls eine feste Beziehung zwischen Ursache und Wirkung, sie ist aber nicht offensichtlich und es wird spezielles Wissen und/oder eine Analyse benötigt, um sie zu verstehen. Beispiel: „Sie sind der neue Architekt. Hier sind die Baupläne Ihres Vorgängers und wir benötigen auf der zweiten Etage noch zwei Meetingräume.“ Lösung: Problem wahrnehmen, analysieren und handeln.
  3. Komplex: Die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung ist im Vorfeld nicht definierbar. Beispiel: „Die neue Version der App soll in zehn Minuten live gehen, ich bin aber unsicher, ob alles funktionieren wird.“ Lösung: Es muss ausprobiert und geschaut werden, was passiert, und dann das weitere Vorgehen entsprechend angepasst werden.
  4. Chaotisch: Die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung geht verloren. Beispiel: „Die Website ist plötzlich offline und wir wissen nicht, wieso. Bring sie schnellstmöglich wieder online!“ Lösung: Handeln, beobachten, was passiert, und dann darauf reagieren.
  5. Unmöglich: Das Problem lässt sich jetzt nicht direkt lösen – also muss die Problemdefinition verändert werden. Hier kann man wunderbar den Wunsch von Elon Musk nennen, auf den Mars zu fliegen. Aktuell noch unmöglich, aber durch „kleinere“ Missionen in den Weltall werden die entsprechenden Fragezeichen geklärt.

Bloß nicht in den 500-Millionen-Euro-Abgrund

Die meisten Herausforderungen der Digitalisierung gehören zu den Kategorien chaotisch, komplex und kompliziert. Hier ist ein agiles Vorgehen sehr sinnvoll. Agilität bedeutet in diesem Fall, ein Vorgehen so anzugehen, dass man durch iterative Stufen einem Zielergebnis näher kommt.

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Aber Vorsicht: Das funktioniert nicht, indem einfach ins Blaue hinein gearbeitet wird. Es braucht auch hier eine klare Struktur, die aus Planning, Previews und Reviews besteht – soviel zum Thema, Agilität bedeute „Arbeiten ohne Ziel“! Das Gegenteil ist der Fall: Wenn eine Herausforderung nach dem Cynefin-Framework kategorisiert wurde, sollte zunächst ein Plan abgeleitet werden, nach dem das Team dann vorgeht. Während der schrittweisen Bearbeitung braucht es dann immer wieder Previews, um den aktuellen Stand auf die Probe zu stellen. Nach Abschluss des Projektes ist eine Review zu empfehlen, bei der dann die Prozesse kritisch beleuchtet werden. Leitfragen dabei: Waren die Methode und Kompetenzen richtig eingesetzt? Wo hat es unnötige Schleifen gegeben? Welchen Schritt können wir beim nächsten Mal effektiver und effizienter gestalten? Und: Wurde der Plan – wenn auch über Umwege – erfüllt?

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So zeigt sich: Ein agiles Projekt funktioniert dann, wenn eine klare Richtung – ein Nordstern – im Vorfeld definiert wurde. Beachtet ein Team das nicht, verschwendet es nicht nur Ressourcen, sondern arbeitet auch zu lange in einer Art Blackbox – was im schlimmsten Fall damit endet, dass es an seiner Zielgruppe vorbei gearbeitet hat. Ein negatives Paradebeispiel ist hier ganz klar Lidl, die in sieben Jahren rund 500 Millionen Euro für ein neues Warenwirtschaftssystem basierend auf SAP ausgegeben haben, nur um es dann am Ende für gescheitert zu erklären.

Lerne jetzt in unserem Videokurs die Grundlagen der Agilität kennen!

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Agiles Arbeiten ist effektiv, aber aufwendig

Eine agile Arbeitsweise hätte hier vermutlich schon viel eher die technischen Missstände aufgedeckt. Aber das geht nicht mal eben so: Eine agile Problemlösung ist viel aufwendiger, als einer klassischen einfachen Struktur zu folgen. Dreh- und Angelpunkt des Cynefin-Frameworks ist dabei das Testing, auf dessen Ergebnisgrundlage dann entsprechend Handlungsempfehlungen gegeben und am Ende Arbeitsprozesse angepasst werden können. Denn – als kleiner Reminder – die größten Herausforderungen in der Digitalisierung lassen sich den drei schwierigsten Domänen des Cynefin-Modells zuordnen, bei denen es keine direkten, eindeutigen Lösungen gibt. Diese muss man sich erarbeiten, indem man testet, daraus lernt und diese Erkenntnisse entsprechend adaptiert. Damit der gesamte Prozess am Ende wirklich effektiv ist, braucht es eine Person, die penibel darauf achtet, dass sich die gleichen Iterationsstufen immer wieder wiederholen. Sprich:

  • Es wird eine Vermutung der Problemlösung im Rahmen der definierten Zielsetzung aufgestellt.
  • Das Team setzt einen ersten Lösungsansatz um.
  • Dieser Lösungsansatz wird intern oder im „Friends and Family“-Umfeld getestet.
  • Die Ergebnisse des Tests werden ausgewertet und der Lösungsansatz entsprechend angepasst und der komplette Vorgang wiederholt, bis das komplexe Problem gelöst wurde.

Ein Paradebeispiel für ein erfolgreiches agiles Vorgehen aus der jüngeren Vergangenheit ist Booking.com, die teilweise acht neue Features pro Tag testen. Diese Slideshare veranschaulicht den umfangreichen Prozess sehr gut.

Agiles Arbeiten ist kein Selbstläufer und mitunter der deutlich schwierigere Weg, eine Herausforderung zu lösen. Wer aber das Cynefin-Framework zugrunde legt, kann die Planung und Umsetzung von Projekten viel effektiver angehen, weil die genauen Methodiken für die einzelnen Arbeitsschritte dann passender ausgewählt werden können.

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