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Kommentar

Deepfakes mit Herz: Ukrainisches Olympia-Projekt zeigt würdevollen Umgang mit KI-Avataren

Deepfakes haben bisher für Negativschlagzeilen gesorgt – jetzt gibt es eine positive. In einem neuen Werbespot treten KI-Avatare gefallener ukrainischer Soldat:innen auf. Das zeigt: Deepfakes können auch sinnvoll und bewusst eingesetzt werden.

3 Min.
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2018 nahm Maksym Halinichev an den Olympischen Jugendspielen teil – auf dem Foto kämpft er gegen den Usbeken Abdumalik Khalokov. (Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Jonathan Nackstrand)

Die Aufnahme von Maksym Halinichev, auf dem er lächelnd eine Medaille in der Hand hält, ist verblasst – in dem dunklen Raum fällt sie dennoch auf. Bilder seiner vergangenen Boxkämpfe werden an die Wand projiziert, in sanftem Licht ist ein Gesicht zu erkennen. Ein leichtes Lächeln umspielt die Lippen: „My name is Maksym and I’m an Ukranian boxer”, sagt eine Stimme im Hintergrund.

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„The Revived”: 6 ukrainische Athlet:innen als KI-Avatare

Nicht Maksym Halinichev spricht, er steht auch nicht in dem abgedunkelten Raum: Es ist ein Deepfake. Das Video bewirbt das erste digitale olympische Team der Ukraine unter dem Namen „The Revived” (dt. die Wiederbelebten) – die Botschaft: „Gefallene ukrainische Athlet:innen zu Olympia 2024 zurückbringen”. Mit der Aktion werden Spenden für Minensuchgeräte in der Ukraine gesammelt. Entwickelt wurde die Kampagne von der deutschen Agentur Team BBDO, Auftraggeber sind die NGO Brand Ukraine – eine Organisation, die ukrainische Marken stärken soll – und das ukrainische Ministerium für Jugend und Sport.

Die Hauptfigur des Videos ist Halinichev. 2018 gewann er bei den Olympischen Jugendspielen Silber; vier Jahre später verpflichtete er sich als Soldat und ging an die Front. Etwa ein Jahr später starb er im Alter von 22 Jahren. Sein Ziel, an den Olympischen Spielen teilzunehmen, konnte er nicht erreichen.

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Von der Olympia-Teilnahme habe er geträumt, seitdem er zehn Jahre alt war – das erzählt der KI-Halinichev in dem 1:15 Minuten langen Werbevideo, das bei Youtube und auf der Landingpage zu sehen sowie von Markenbotschafter:innen verbreitet werden soll.

Die Auftraggeber Brand Ukraine und das ukrainische Ministerium für Jugend und Sport wollen so an die Menschen und ihr Schicksal erinnern, das auch viele weitere Ukrainer:innen und ihre Familien betrifft. Denn während die Olympischen Spiele stattfinden, herrscht Krieg. Dieser Krieg betrifft auch die Athlet:innen. Es ist diese Botschaft, die als erstes transportiert wird; erst danach folgt ein Aufruf zum Spenden. So wird der Spot zu einem lehrreichen Beispiel, wie Deepfakes in der Werbung angemessen und sinnvoll eingesetzt werden können.

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Menschen interessieren sich für Geschichten von Menschen

Auf der Landingpage wird einerseits betont, dass der Spot in enger Zusammenarbeit mit den Familien der verstorbenen Athlet:innen entstanden ist. Martin Haerlin, der als Director mit KI-Fokus an dem Projekt beteiligt war, erklärt auf Linkedin, jede Version sei den Angehörigen vorab gezeigt und nichts ohne ihre Zustimmung veröffentlicht worden. Zudem teilte er ein Video, das das Prompting des Deepfakes in Auszügen zeigt; weitere Einblicke in die Entstehung hat er angekündigt.

Diese Transparenz ist notwendig. Ohne die Zustimmung der Betroffenen beziehungsweise Angehörigen sollten solche Spots nie entstehen. Laut dem US-amerikanischen Marketing-Fachmedium Ad Age wurden die Avatare mit Fotos trainiert, die die Familien zur Verfügung gestellt haben.

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Menschen identifizieren sich mit anderen Menschen, sie folgen ihnen: Persönliche Geschichten berühren uns. Im Spot wird die Geschichte Halinichevs erzählt, so persönlich, wie es nur möglich ist. Auch das ist gelungen: Der Spot berührt, weil er authentisch ist, ohne dabei zu dick aufzutragen.

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Aus diesem Grund wirkt das Video auch nicht, als würden die getöteten Sportler:innen instrumentalisiert. Denn hier steht die Botschaft im Vordergrund: Gefallene ukrainische Athlet:innen sollen zu Olympia gebracht werden. Das ist ein bewusstes und gekonntes Wecken von Aufmerksamkeit.

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KI-Einsatz ist transparent dargestellt

Auch bei Maksym Halinichevs Stimme wurde mit KI gearbeitet. Wie die zuständige Agentur gegenüber Ad Age erklärt, ist die Stimme im Spot eine Kombination aus der geklonten KI-Stimme des Sportlers und der echten Stimme eines Schauspielers. Die echte Stimme wurde für die Intonation gebraucht. So wurde mithilfe von KI die Stimme generiert, die im Video zu hören ist.

Insgesamt ist so ein technisch gut umgesetzter Spot entstanden, der auch inhaltlich überzeugt. Zuschauer:innen können erkennen, dass es kein echter Mensch ist, der hier spricht – aber genau das passt zu dem, was gesagt wird. Halinichev kann nicht mehr selbst sprechen, aber sein Schicksal hat eine Botschaft: nicht zu vergessen und sich mit den Bildern und Geschichten der Verstorbenen auseinanderzusetzen. Der junge Ukrainer konnte 2024 nicht an den Olympischen Spielen teilnehmen, durch den Spot ist er dennoch Teil der Spiele: Die Premiere fand im Olympischen Dorf statt.

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