Anzeige
Anzeige
Listicle
Artikel merken

Delivery Hero: Der kuriose Aufstieg des Berliner Liefer-Startups

Anfangs tippten die Gründer die Speisekarten noch händisch in ihre App ein, heute ist Delivery Hero ein globales Liefer-Imperium mit Börsennotierung . Ein Aufstieg nicht ohne Kuriositäten.

Von Daniel Hüfner
7 Min. Lesezeit
Anzeige
Anzeige

Das Büro von Delivery Hero in Berlin. (Foto: dpa)

Die Geschichte von Delivery Hero im Überblick

  • 2008: Weil Niklas Östberg als Unternehmensberater arbeitete und keine Kochkünste besaß, bestellte sich der Schwede das Essen gerne nach Hause. „Aber ich wollte nicht immer im Restaurant anrufen und alles erklären. Ich wollte in Ruhe mein Essen bestellen“, sagte er mal dem Tagesspiegel. Also gründete Östberg den Lieferdienst onlinepizza.se, den Vorläufer von Lieferheld.
  • November 2010: In Berlin trifft Niklas Östberg auf Nikita Fahrenholz, Claude Ritter und Fabian Siegel und gründet unter dem Dach des Berliner Inkubators Team Europe das Startup „Lieferheld“ – einen der ersten deutschen Online-Lieferdienste. Investoren wie Holtzbrinck Ventures geben eine Million Euro Startkapital.

Startschuss für Delivery Hero

  • Mai 2011: Delivery Hero wird offiziell unter dem Dach des Berliner Company-Builders Team Europe gegründet. Ziel ist es, ein globales Liefernetzwerk mit einem Umsatz von 100 Millionen Euro aufzubauen. Angeblich werden die Speisekarten der Restaurants zu Beginn und mit Hilfe von Studenten noch selbst eingescannt und händisch in die App eingetippt.
  • November 2011: Es gibt erste Finanzierungen für Delivery Hero und Lieferheld. Insgesamt acht Millionen Euro steuern Kite-Ventures, Point Nine Capital und der lettische VC Ru-Net bei.
  • Februar 2012: Mit Lieferheld erfolgt die erste Übernahme in der noch jungen Geschichte von Delivery Hero. Das Unternehmen gliedert Lieferheld als vollwertige Tochtergesellschaft in seine Gruppe ein. Zuvor bestand nur eine lose Verbindung.
  • Februar 2012: Die Delivery-Hero-Tochter Lieferheld steigt zum Marktführer in Deutschland auf. Nach eigenen Angaben sind bereits 5.200 Restaurants aus 700 deutschen Städten in der App vertreten. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits 250 Mitarbeiter bei Delivery Hero beschäftigt.

Der Expansionsrausch beginnt

Schnell arbeiteten Hunderte Mitarbeiter für Delivery Hero. (Foto: dpa)

  • April 2012: Die Expansionspläne sorgen bei Delivery Hero schnell für großen Kapitalbedarf. Nicht weniger als 25 Millionen Euro schießen die Altgesellschafter um Team Europe, Holtzbrinck Ventures und Tengelmann nach.
  • April 2012: Einen zweistelligen Millionenbetrag in bar aus der Finanzierungsrunde steckt Delivery Hero direkt in die Übernahme der Onlinepizza-Gruppe, zu der unter anderem (onlinepizza.se) in Schweden, Pizzaonline (www.pizzaonline.fi) in Finland und Pizzaportal (www.pizzaportal.pl) in Polen gehören.

Razzia bei Delivery-Hero-Tochter

  • April 2012: Der Liefermarkt in und außerhalb Deutschlands ist hart umkämpft. Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die vier Geschäftsführer der Delivery-Hero-Tochter Lieferheld wegen des Verdachts auf Computersabotage. Angeblich soll das Unternehmen mittels Internetattacken seinen Konkurrenten Lieferando für dessen Kunden unerreichbar gemacht haben. Beamte des Landeskriminalamts durchsuchen die Büroräume von Lieferheld in Berlin.
  • April 2012: Lieferheld selbst streitet die Vorwürfe vehement ab. Inzwischen deutet vieles auf eine gezielte PR-Kampagne durch Lieferando hin. Später stellt die Staatsanwaltschaft Berlin alle weiteren Ermittlungen ohne Ergebnis ein.
  • August 2012: 40 Millionen Euro bekommt Delivery Hero von Kreos Capital und anderen Altinvestoren. Das Gesamtvolumen der Investitionen liegt zu diesem Zeitpunkt schon bei 80 Millionen Euro.
  • November 2012: Auch den russischen Markt hat Delivery Hero im Visier. Der Start gestaltet sich allerdings schwieriger als erwartet. Die Eigenmarke Delivero wird eingestellt und man setzt stattdessen auf eine Kooperation mit dem Wettbewerber Foodik.
  • Dezember 2012: Wieder gibt es Ärger für die Lieferheld-Macher. Die Berliner Staatsanwaltschaft erlässt Strafbefehl wegen des „gemeinschaftlich begangenen Vergehens der gewerbsmäßigen unbefugten Verwertung einer Datenbank“. Die Gründer der Delivery-Hero-Tochter sollen im Oktober und November 2010 mehrere Restaurant-Datensätze vom Wettbewerber Pizza.de kopiert haben. Die Gesamthöhe der Geldstrafen soll sich auf 58.050 Euro belaufen.

Ein CEO geht von Bord

  • Januar 2013: Mit Fabian Siegel gibt einer von zwei Gründern seinen Posten als CEO bei Delivery Hero auf. Der Rücktritt soll Medienberichten zufolge nichts mit dem Strafbefehl der Staatsanwaltschaft zu tun haben. Mitgründer Niklas Östberg übernimmt von jetzt an die alleinige Geschäftsführung.
  • Januar 2013: Zur Abwechslung gibt es mal wieder positive Nachrichten: In Großbritannien übernimmt Delivery mit hungryhouse.co.uk und Eatitnow gleich zwei Wettbewerber. Angaben zum Kaufpreis wurden in beiden Fällen nicht gemacht.
  • Juli 2013: Die Kriegskasse für den globalen Wettbewerb der Lieferdienste wird weiter gefüllt. 30 Millionen US-Dollar erhält Delivery Hero von Phenomen.

Erste Gewinne für Delivery-Hero-Tochter

  • November 2013: Knapp drei Jahre nach der Gründung verkündet Lieferheld erstmals einen Gewinn – ohne jedoch konkrete Zahlen zu nennen. Delivery Hero selbst erwartet das Erreichen der Gewinnzone für das Jahresende 2013.
  • Januar 2014: Wieder gibt es neues Geld. Mit 88 Millionen Dollar stellt Delivery Hero eine der bis dato größten Anschlussfinanzierungen der noch jungen Berliner Gründerszene auf. Das Geld stammt vom Twitter-Investor Insight Ventures. Seit der Gründung von Delivery Hero sind nunmehr rund 200 Millionen Dollar in die Gruppe geflossen.
  • April 2014: Nur wenige Monate später folgt die nächste Riesen-Finanzierung. Unter anderem von den Altinvestoren gibt es noch einmal 85 Millionen Dollar.

Lieferheld-Mitgründer sagen Tschüss

  • Mai 2014: Mit Claude Ritter und Nikita Fahrenholz verabschieden sich gleich zwei Gründer der Delivery-Hero-Tochter Lieferheld aus dem operativen Geschäft. Sie gründen Book a Tiger, eine Online-Plattform zur Vermittlung von Putzkräften.
  • Juni 2014: Auch in Südamerika wollen immer mehr Menschen ihr Essen im Internet bestellen – entsprechend will Delivery Hero dort mitmischen. Zunächst wird der Marktführer Pedidos Ya aus Uruguay gekauft, wenige Wochen später folgt der kolumbianische Wettbewerber Clickdelivery.

Delivery Hero kauft den Erzrivalen

  • August 2014: Wenige Monate später dann platzt die Bombe: Delivery Hero übernimmt pizza.de, den langjährigen Erzrivalen. Zum Kaufpreis äußern sich die beiden Unternehmen zwar nicht. Die beiden Finanzierungsrunden aus den Monaten zuvor (insgesamt 173 Millionen Dollar) waren aber wohl diesem Zweck geschuldet.
  • August 2014: Erstmals kommen auch Gerüchte über einen möglichen Börsengang von Delivery Hero auf. In einem Interview mit Gründerszene erklärt CEO Niklas Östberg einen IPO als möglichen Weg, sofern das Marktumfeld denn stimme.
  • September 2014: Kurz nach der Übernahme von pizza.de erhält Delivery Hero von Alt- und Neuinvestoren noch einmal 350 Millionen Dollar frisches Kapital. Die Gesamtfinanzierung wird auf nunmehr 635 Millionen Dollar beziffert.
  • November 2014: Delivery Hero gehört laut Informilo zu den am schnellsten wachsenden Internetfirmen in Europa.

Rocket steigt bei Delivery Hero ein

  • Januar 2015: Zukäufe tätigt Delivery Hero nun in Tschechien. Dort übernimmt die Gruppe mit Jidloted und Damejidlo gleich zwei Wettbewerber für eine unbekannte Summe.
  • Februar 2015: Für nicht weniger als 496 Millionen Euro übernimmt Rocket Internet rund 30 Prozent der Anteile an Delivery Hero. Laut Gründerszene geht die Hälfte der Summe für die Übernahme von Anteilen aus Altgesellschaften drauf.
  • März 2015: Das rasante Wachstum von Delivery Hero stößt einigen Wettbewerbern sauer auf. In einem Interview mit der Berliner Zeitung sagt der Lieferando-Gründer, es sei „absurd, mit wie viel Geld sich Lieferheld die Marktführerschaft erkauft habe.“

Größter Zukauf der Unternehmensgeschichte

  • Mai 2015: Delivery Hero schreckt trotz Kritik von der Konkurrenz nicht vor weiteren Zukäufen zurück. Im Gegenteil: 590 Millionen Dollar lässt sich das Unternehmen die Übernahme des türkischen Marktführers Yemeksepeti kosten. Dessen CEO macht das so glücklich, das er jedem Mitarbeiter zum Dank rund 200.000 Dollar schenkt.
  • Juni 2015: Noch einmal fließen 110 Millionen Dollar aus dem Topf zweier US-Fonds in Delivery Hero. Die Bewertung der Berliner wird nun auf drei Milliarden Dollar taxiert.
  • September 2015: Wieder geht ein Lieferdienst in der Delivery-Hero-Gruppe auf. Diesmal: Foodora. Für das bis dato zu Rocket Internet gehörende Startup zahlt Delivery Hero rund 13 Millionen Euro.

Viele Entwickler müssen gehen

  • Februar 2016: Überraschend werden 30 von insgesamt 190 Entwickler-Stellen gestrichen. Nach eigenen Angaben will sich Delivery Hero stärker auf „technologische Kernprojekte“ konzentrieren. Dafür würden schlankere Strukturen benötigt. Zu diesem Zeitpunkt arbeiten bereits über 1.000 Mitarbeiter für den Lieferdienstvermittler.
  • Februar 2016: Aus dem Börsenambitionen macht Delivery Hero nun auch öffentlich keinen Hehl mehr. Gegenüber dem Branchenblatt Der Aktionär sagt CEO Niklas Östberg: „Wir gehen an die Börse – ob 2015 oder 2016, ist aber noch völlig offen.“

Delivery Hero in Geldnot?

  • März 2016: Weltweit arbeiten bereits 2.000 Menschen für Delivery Hero, in Berlin sind es 900. In 33 Märkten ist der Lieferdienstvermittler jetzt schon aktiv.
  • März 2016: Der Expansionsrausch führt aber auch zu Umstrukturierungen. Nachdem Delivery Hero den Logistikdienst Valk Fleet schließt und das China-Geschäft aufgibt, stehen Hunderte Arbeitsplätze zur Disposition. Auf Bewertungsportalen wie Glassdoor hagelt es negative Kritik von Mitarbeitern.
  • August 2016: Nach Informationen des Manager Magazins steckt Delivery Hero in Geldnot. Deswegen soll das Unternehmen einen Kredit über mindestens 30 Millionen Euro aufgenommen haben. Weil die Konditionen so teuer sind, werden die Ländergesellschaften von Delivery Hero angewiesen, Rechnungen so spät wie möglich begleichen.
  • Dezember 2016: Delivery Hero kauft Rocket Internet den Lieferdienst Foodpanda ab. Das trieb den Umsatz im ersten Quartal 2017 auf 121,2 Millionen Euro. Der operative Verlust sank auf 35,7 Millionen Euro.

Delivery Hero verdoppelt Umsatz

  • Mai 2017: Naspers steigt mit über 387 Millionen Euro bei Delivery Hero ein. Der südafrikanische Investor hat sich in Deutschland unter anderem auch an Kreditech beteiligt.
  • Mai 2017: Delivery Hero legt neue Geschäftszahlen vor. Mit 121 Millionen Euro hat sich der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum im ersten Quartal 2017 fast verdoppelt (2016: 63 Millionen Euro). Insgesamt lag er 2016 bei 297 Millionen Euro. Der Verlust im ersten Quartal 2017 liegt bei -47,6 Millionen Euro.

Ankündigung des Börsengangs

  • Juni 2017: Die monatelang brodelnde Gerüchteküche löst sich in Luft auf. Am 6. Juni kündigt Delivery Hero offiziell seinen Börsengang für die nächsten Monate an. Wenige Tage später gibt es auch ein konkretes Datum: 30. Juni 2017. Ein Freitag.
  • Juni 2017: Kurz vor dem Börsengang scheint die Nachfrage nach entsprechenden Anteilsscheinen größer zu sein als erwartet. Die Preisspanne für den Ausgabepreis einer Aktie reizt das Unternehmen mit 25,50 Euro voll aus. Die Bewertung liegt laut Schätzungen bei nun 4,4 Milliarden Euro.
  • Juni 2017: Delivery Hero geht am 30. Juni an die Frankfurter Börse. Knapp eine Milliarde Euro werden aufgenommen. Es ist die größte Neuemission des Jahres.
Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Schreib den ersten Kommentar!
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Melde dich mit deinem t3n Account an oder fülle die unteren Felder aus.

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Anzeige
Anzeige