Studie: Welches Schicksal erwartet die Telekom-Branche?
In nicht einmal drei Jahren, so die Prognose des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Deloitte, werde sich die Datenflut in Deutschland unter anderem aufgrund von Technologien wie Virtual Reality (VR) erneut potenziert haben. Dieser VR-Markt, so heißt es, werde in Deutschland spätestens 2020 einen Gesamtwert von einer Milliarde US-Dollar erreichen.
Der Anteil mobil generierter Daten steige bis dahin auf etwa 27 Prozent am Gesamtaufkommen, wobei ein weiteres Wachstum erwartet wird. Zum Vergleich: 2013 waren es noch zehn Prozentpunkte weniger.
Vier Entwicklungsszenarien bis 2030
Von dieser Entwicklung können natürlich auch Telekommunikationsunternehmen, in der Branche kurz „Telcos“ genannt, profitieren – oder eben nicht. Die Dynamik und Diversifizierung des Marktes, sagt Deloitte, mache durchaus auch „abweichende Entwicklungen” möglich. Mit der aktuellen Studie „To be or not to be“ zeigt das Unternehmen vier mögliche Entwicklungsszenarien zu künftigen Businessmodellen von Telco-Gesellschaften auf.
Grundsätzlich, sagt Alexander Mogg, Partner und Leiter TMT Strategy bei Deloitte, stelle sich seit geraumer Zeit die Frage, wohin sich die großen Netzbetreiber entwickeln werden: „Vor allem, da viele Leistungen, wie etwa die reine Konnektivität, immer stärker als Norm betrachtet werden und andere Akteure zunehmend die wertschöpfungsintensiven Segmente abdecken“.
Insgesamt entwirft die Studie von Deloitte vier extreme, nach Ansicht des Unternehmens „jedoch plausible“ Zukunftsszenarien für die heute noch nahezu marktbeherrschenden Telco-Unternehmen bis zum Jahr 2030. Das Spektrum reicht dabei „von einem Ausbau und der Sicherung dieser Position“ über „die Konzentration auf bestimmte Kompetenzbereiche und Wertschöpfungspotenziale“ bis hin zu „einem regelrechten Abstieg”, bei dem sie nur noch als Vorzeigemarke für neue, dominierende Akteure fungieren.
Szenario „Generalist mit Marktmacht“
In diesem Szenario besetzen und bedienen die Telco-Anbieter – wie derzeit üblich – sowohl den Bereich Technik und Infrastruktur als auch die Kundenbeziehungen. Bedingungen seien die Dominanz über die wesentlichen Elemente der Wertschöpfungskette sowie direkte Beziehung zu den Kunden. Dabei, heißt es, sei es maßgeblich, den Nutzern „hochrelevante Services und profitable Premium-Leistungen“ anbieten zu können.
Eine Plattform dient hier als zentrales Tool zur Verbindung von Unternehmen, Kunden und Partnern – und ist Mittelpunkt im gesamten Ökosystem. Maximale Effizienz, Technikführerschaft und Innovationskraft seien allerdings unverzichtbare Voraussetzungen, um diese Rolle ausfüllen zu können, sagt Deloitte.
Szenario „Maschinenraum“
Hier würden die Telco-Unternehmen zwar noch „die Lufthoheit über Technologie und Infrastruktur“ besitzen, wie es heißt, dem Endkunden gegenüber jedoch kaum mehr in Erscheinung treten. Als Innovationsmotor, so das Szenario, schaffen sie die Voraussetzung für neue Breitband-Services, während andere Player die Verbindungsstelle zum Kunden repräsentieren.
Im Rahmen eines entsprechenden Geschäftsmodells sind Telco-Anbieter hier also die Gatekeeper der Netze. In einem solchen Szenario müssten sie nicht nur stark in Forschung und Entwicklung investieren, sondern auch gute Beziehungen zur Politik pflegen.
Szenario „Schalterhalle“
Ein weiteres Szenario beschreibt den umgekehrten Fall. Hier haben die Telcos die Verantwortung für die Netze an sogenannte Vendoren, also Dienstleister, abgegeben und fokussieren sich allein auf die Kundenbeziehungen. Sie bieten den Nutzern innovative und netzunabhängige Services aus der Cloud.
Ihr Kapital sind dabei die umfassenden Kenntnisse der Kundenerwartungen und -bedürfnisse, die sie mit maßgeschneiderten Angeboten erfüllen können. Dazu betreiben sie aufwendige Datenanalysen und Segmentierungen, bieten hybride Pricing-Modelle und agieren grenzübergreifend. Auch hier unterhalten sie eine Cloud-gestützte Plattform in einem offenen Ökosystem.
Szenario „Abstieg zum Marken-Zombie“
Im vierten und letzten Szenario haben Telco-Unternehmen die Kernkompetenz sowohl im technischen Bereich an Vendoren als auch bei den Kunden an andere Player wie Internet- oder Tech-Konzerne verloren. Ihre Rolle beschränkt sich auf die einer „Sales-Division“ im Rahmen einer größeren Struktur. Ihre Existenzberechtigung liegt dabei hauptsächlich in der Markenreputation, die sie sich in besseren Zeiten erwerben konnten. Hauptsächlich werden sie Account-Manager an wenigen europäischen Hubs beschäftigen – und in die sogenannte Brand-Awareness investieren.
„Die Telekommunikationsunternehmen müssen sich entscheiden, welche Rolle sie zukünftig einnehmen wollen“, rät Alexander Mogg von Deloitte vorsorglich schon jetzt. Je nach Szenario erfordere das „natürlich unterschiedliche Strategien und Fähigkeiten“. Unabhängig davon sei es aber in jedem Fall ratsam, „bereits heute aktiv an regulatorischen Diskursen zu partizipieren, virtuelle und offene Plattformen zu entwickeln – und den potenziellen Nutzen von Technologien wie Künstliche Intelligenz und Automatisierung gezielt zu prüfen“. Außerdem gelte es, die Marke zu stärken und das Employer-Branding auszubauen, „um sich die besten Talente im Markt zu sichern“.
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Sehr interessaner Artikel