Anzeige
Anzeige
News

Ist der China-Boom in deutschen Ladengeschäften bald vorbei?

Chinesen sorgen seit Jahren für gute Stimmung in deutschen Ladengeschäften. Doch mit dem Shopping-Boom könnte es bald vorbei sein. Schuld daran sind auch deutsche Steuerfahnder.

Von Stephan Mayer
3 Min.
Artikel merken
Anzeige
Anzeige

(Foto: Shutterstock)

Für die Ladenbesitzer der Frankfurter Goethestraße oder der Düsseldorfer Kö gehören sie schon seit Jahren zum gewohnten Anblick: Chinesen, die in Deutschland für gute Stimmung in den Edelboutiquen und Juwelieren sorgen und die dort erworbenen Produkte in Massen zurück nach China bringen.

Anzeige
Anzeige

Das betrifft aber keinesfalls nur Luxuswaren, sondern auch Drogerieartikel und ganz besonders Produkte wie Milchpulver, die in den vergangenen Jahren häufig im Zuge von Lebensmittelskandalen im Fokus standen. Das Verhalten der Einkäufer wird im Chinesischen als daigou (代购) oder waihai daigou (外海代购), wörtlich „Auftragseinkauf aus dem Ausland“, bezeichnet. Grund für die Beliebtheit der Auslandseinkäufe: Einheimische Kunden wollen sich vor billigen chinesischen Imitaten schützen und bevorzugen daher Produkte aus Übersee.

Spontane Razzien bei Einkäufern am Schanghaier Flughafen

Daigou war für chinesische Auslandsstudenten und Touristen jahrelang ein nettes Zubrot oder teilweise gar unkomplizierte Erwerbsgrundlage. Doch seit einiger Zeit wird durch das härtere Durchgreifen der Behörden im Reich der Mitte das profitable Business zunehmend erschwert.

Anzeige
Anzeige

Eine Welle von Fotos schwappte durch die Microblogging-Plattform Weibo und Chinas bedeutendstes soziales Netzwerk Wechat. Es waren Bilder von spontanen Razzien am Flughafen Schanghai-Pudong. Zwischen dem 1. und 7. Oktober 2018 wurden angesichts der Golden Week insbesondere Reisende aus Europa und Nordamerika massiv kontrolliert. Bei einem der Flüge wurden über 100 Gegenstände aus dem Verkehr gezogen, auf die Steuern zu entrichten waren.

Anzeige
Anzeige

Panik wegen neuer Regelung der chinesischen Regierung

Berichten von China.org.cn zufolge machen sich Daigou-Einkäufer wegen dem seit 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Electronic Commerce Act große Sorgen. Das Gesetz besagt, dass Einkaufsagenten eine Geschäftslizenz benötigen und Steuern zahlen müssen. Das betrifft auch Einfuhrzölle auf alle Waren, die diese importieren. Offenbar schrecken die strengeren Kontrollen erste Daigou-Händler bereits ab und einige von ihnen haben sich bei ihrem Auslandsaufenthalt gegen das Mitbringen großer Mengen an Luxuswaren entschieden.

Hinter den neuen Vorgaben der chinesischen Regierung stehen gewaltige ökonomische Interessen. Daigou-Einkäufer machten im Jahr 2018 einen Umsatz von 300 Milliarden US-Dollar – gut die Hälfte des 600-Milliarden-Dollar starken chinesischen Luxusmarkts. Daigou basiert letztlich auf einem engen Netzwerk von persönlichen Kontakten. Je mehr Kontakte, desto besser fürs Business. Es handelt sich bisher um eine rechtliche Grauzone. Händler umgehen die Richtlinien geschickt.

Anzeige
Anzeige

Längst hat Daigou Einfluss auf weite Teile des gesellschaftlichen Lebens in China. Internetnutzer scherzen, praktisch jeder verfüge in seinem Freundeskreis über jemanden, der Daigou betreibt. Es kursieren zudem Berichte von chinesischen Studierenden, die sich aufgrund der Auftragskäufe Luxusautos und Eigentumswohnungen finanzieren.

Auch das deutsche Finanzamt greift jetzt immer härter durch

Strengere Kontrollen an Flughäfen führen nach Meinung der Bloggerin Jiaqi Luo zu einer verstärkten Nutzung von Cross-Border-E-Commerce-Plattformen wie T-Mall, JD Toplife oder Secoo. Hier werden Käufer zu Consultants, um den wachsenden Ansprüchen der Zielgruppen in Mainland-China gerecht zu werden. Aber auch Onlinehändler bekommen striktere Vorschriften zu spüren. In diesen Wochen erlebt das Berliner Finanzamt in Neukölln einen regelrechten Ansturm von chinesischen Unternehmern. Der Grund: Nach einer Gesetzesänderung benötigen Tausende Händler aus dem Reich der Mitte eine deutsche Steuernummer.

„Innerhalb von anderthalb Jahren hat sich die Zahl der Anmeldungen fast verzwanzigfacht“, so der Berliner Finanzsenator Matthias Kollatz. Beim Berliner Finanzamt sind mittlerweile rund 6.600 Händler aus China registriert – eine Verzwanzigfachung innerhalb von eineinhalb Jahren. Vonseiten deutscher Steuerfahnder und Finanzbehörden gibt es seit einigen Monaten mit Hinblick auf Verjährungsfristen zunehmend Druck, chinesische Onlinehändler stärker unter die Lupe zu nehmen.

Anzeige
Anzeige

Fazit: Auch in Zukunft wird es zahlreiche Händler geben, die Luxuswaren in Deutschland und anderen europäischen Ländern einkaufen, um in China weiterzuverkaufen. Doch der Markt wird sich in den kommenden Jahren professionalisieren. An die Stelle von Studierenden und Touristen, die sich durch Daigou ein schnelles Zubrot verdienen, werden künftig Scouts treten, die im Auftrag professioneller Plattformbetreiber und Onlinehändler unterwegs sein werden.

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Ein Kommentar
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Julian

Shanghai, nicht Schanghai.
Genauso wie China, nicht Schina.

Antworten
Abbrechen

Melde dich mit deinem t3n Account an oder fülle die unteren Felder aus.

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Anzeige
Anzeige