Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
News
Verpasse keine News mehr!

Digitale Dystopie: Wie Nordkorea jede Smartphone-Aktivität seiner Bürger überwacht

Stellt euch vor, euer Smartphone beobachtet euch nicht nur, es verändert aktiv, was ihr tippt, und meldet alles – ohne euer Wissen an Regierungsbehörden. Was wie eine Dystopie klingt, ist in Nordkorea Realität.

3 Min.
Artikel merken
Anzeige
Anzeige
Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un. (Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Uncredited)

Was für uns selbstverständlich erscheint – freier Zugang zu Informationen, Meinungsäußerung per Fingertipp und eine gewisse digitale Privatsphäre – ist in Nordkorea reine Utopie. Berichte über aus dem Land geschmuggelte Smartphones zeichnen ein detailliertes Bild davon, wie Technologie dort zur lückenlosen Überwachung der Bürger:innen eingesetzt wird. Die Erkenntnisse sind so faszinierend wie beunruhigend und zeigen die Kehrseite einer vernetzten Welt.

Anzeige
Anzeige

Der unsichtbare Beobachter in der Hosentasche

Im Zentrum der Überwachung stehen Funktionen, die tief im Betriebssystem nordkoreanischer Smartphones verankert sind. Wie die britische BBC unter Berufung auf Analysen eines geschmuggelten Geräts berichtet, fertigen diese Handys offenbar automatisch alle paar Minuten Screenshots an. Diese Bildschirmaufnahmen, so heißt es, würden in einem für Nutzer:innen unzugänglichen Ordner gespeichert, auf den nur staatliche Behörden des Regimes in Pjöngjang Zugriff hätten.

Damit entstünde eine Art digitales Tagebuch der Handynutzung, das jede Aktivität penibel dokumentiert – vom Besuch erlaubter Webseiten im staatlich kontrollierten Intranet „Kwangmyong“ bis hin zur Nutzung vorinstallierter Apps. Das globale Internet bleibt für die nordkoreanische Bevölkerung ohnehin gesperrt.

Anzeige
Anzeige

Wenn die Autokorrektur zur Zensur wird

Doch die Kontrolle geht über das reine Beobachten hinaus. Berichten zufolge greifen die Geräte aktiv in die Kommunikation ihrer Besitzer:innen ein. Gibt eine Person beispielsweise das in Südkorea populäre Wort „Oppa“ (eine informelle Anrede, die oft für den Partner oder einen älteren Freund genutzt wird) ein, soll die Autokorrektur dies umgehend in „Genosse“ (Dongmu) ändern. Angeblich wird dann sogar eine Warnung angezeigt, dass „Oppa“ nur für Geschwister zu verwenden sei.

Noch deutlicher wird die Zensur bei politisch heiklen Begriffen. So soll die Eingabe von „Südkorea“ automatisch durch abwertende Begriffe wie „Marionettenstaat“ oder „Puppenstaat“ ersetzt werden.

Anzeige
Anzeige

Diese Manipulationen dienen offensichtlich dazu, das staatliche Narrativ zu festigen und jegliche positive Assoziation mit dem südlichen Nachbarn oder anderen als feindlich betrachteten Staaten im Keim zu ersticken.

Technologie im Dienste der Doktrin

So läuft die Überwachungssoftware, wie Analysen von Geräten wie dem Modell „Samtaesung 8“ zeigen, auf einer Hardware-Basis, die zwar teils auf älteren Chipsätzen beruht, aber durchaus über moderne Merkmale wie erweiterte Speicherkapazitäten (bis zu 256 GB beim Samtaesung 8) und fähige Kameras verfügt. Betrieben werden diese Smartphones mit stark modifizierten Android-Versionen (beim Samtaesung 8 eine Android 11-Basis), wobei teils kuriose Hinweise auf chinesische Ursprünge bei Komponenten oder Basismodellen die komplexe technologische Abschottung des Landes unterstreichen.

Anzeige
Anzeige

Diese Smartphones sind von Grund auf als Werkzeuge der Indoktrination und Überwachung konzipiert. Jeglicher Versuch, die Software zu manipulieren, ausländische Medieninhalte auf das Gerät zu laden oder die Überwachungsfunktionen zu umgehen, gilt als schwere Straftat. Organisationen wie Amnesty International weisen seit Langem auf die extremen Einschränkungen der Meinungs- und Informationsfreiheit in Nordkorea hin.

Die Erkenntnisse über die Funktionsweise dieser Geräte stammen häufig von Organisationen wie Daily NK, einem in Seoul, Südkorea, ansässigen Onlinedienst, der oft mit Informant:innen und Überläufer:innen aus Nordkorea zusammenarbeitet. Die Telefone selbst werden unter großem Risiko aus dem Land geschmuggelt.

Was wir daraus lernen können

Nordkoreas Umgang mit Technologie ist weit mehr als ein Beispiel für staatliche Überwachung im digitalen Zeitalter – er steht sinnbildlich für die totale Kontrolle eines Regimes, das jeden Aspekt des Alltags seiner Bürger:innen bestimmt. Die gezielte Manipulation von Smartphones, das streng überwachte Intranet und die systematische Zensur von Sprache und Inhalten sind dabei nur ein Teil eines vielschichtigen Systems, das auch international längst Wirkung zeigt.

Anzeige
Anzeige

Denn, wie wir bei t3n in weiteren Beiträgen dokumentiert haben, reichen Nordkoreas digitale Aktivitäten von Cyberangriffen und Industriespionage hin zu ausgefeilten Hackeroperationen, mit denen das Regime Devisen beschafft und westliche Unternehmen infiltriert. Damit wird deutlich, dass die digitale Abschottung nach innen mit einer aggressiven digitalen Offensive nach außen einhergeht.

Für uns als technikaffine Gesellschaft bleibt die Erkenntnis, dass technologische Innovation immer auch Verantwortung bedeutet – und der Schutz von Privatsphäre, Meinungsfreiheit und offenen Systemen keine Selbstverständlichkeit ist, sondern täglich verteidigt werden muss.

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Kommentare

Community-Richtlinien

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Kommentar abgeben

Melde dich an, um Kommentare schreiben und mit anderen Leser:innen und unseren Autor:innen diskutieren zu können.

Anmelden und kommentieren

Du hast noch keinen t3n-Account? Hier registrieren