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Digitaler Führerschein: ID Wallet mit enormen Startschwierigkeiten

Die App „ID Wallet“, die Personalausweis und Führerschein digital und signiert speichern soll, funktioniert in vielen Fällen nicht und produziert dabei die unterschiedlichsten Fehlermeldungen.

4 Min. Lesezeit
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Andreas Scheuer präsentiert den digitalen Führerschein (Foto: Bundesverkehrsministerium)

Eine App von einer Firma namens Digital Enabling GmbH, deren einziges Produkt ebendiese App namens „ID Wallet“ ist und die auch zuvor nie irgendwelche Software in die App-Stores gebracht hat, soll Millionen Nutzenden in Deutschland den Zugang zu digitalen Versionen ihrer Personalausweise und Führerscheine bringen. Damit war das Unternehmen von der Bundesregierung beauftragt worden.

Gute Idee: Führerschein und Perso digital – aber mies umgesetzt

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Stolz hatten Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Bundeskanzleramtsminister Helge Braun (CDU) die ID Wallet am Donnerstag vorgestellt. Bürgerinnen und Bürgern könnten sich ab sofort ihre von der Bundesdruckerei ausgestellte sogenannte Basis-ID ziehen. Diese ID könne dann in Kombination mit einem aktuellen Personalausweis mit aktivierter Online-Funktion dazu genutzt werden, um online eine Anfrage beim Kraftfahrtbundesamt zu stellen.

Das wiederum würde nachschauen, ob für die jeweilige Person ein Führerschein-Eintrag bestehe. Wenn ja, würde dieser Führerschein auf das Smartphone in die ID Wallet übertragen. Damit könne man zwar initial noch nicht viel anfangen, weil in Polizeikontrollen im In- und Ausland auf jeden Fall die Papier- oder Kartenversion vorgelegt werden müsse, aber das solle sich bald ändern. Zumindest sei es bereits vom Start weg möglich, die digitalen Lappen etwa für das Ausleihen von Carsharing-Autos zu verwenden, wenn die Verleiher das Verfahren unterstützen.

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Seit diesem Startschuss ministerialer Schallkraft versuchen Menschen die versprochene digitale Fleppe – anders umgangssprachlich ebenso als Lappen bekannt – tatsächlich auch zu erhalten. Das indes gestaltet sich als überaus schwierig, denn die App zeigt sich sperrig. Allein die Vielzahl an Fehlermeldungen, zu der die ID Wallet fähig ist, begeistert eine breite Nutzerschaft.

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ID Wallet: Fehlermeldungen so weit das Auge reicht

Auf GitHub findet sich bereits ein Repository namens „IDwallet Fails“, in dem die „schönsten ID-Wallet-Fehlermeldungen“ gesammelt werden sollen. Die Sammlung beginnt mit einem regelrechten Klassiker, mit dem wir auch in unserem Redaktionstest direkt konfrontiert wurden.

Nach dem Start der App wird als erstes die Eingabe einer sechsstelligen PIN mit Bestätigung verlangt. Das funktioniert noch, danach erscheint ein grauer Screen mit der einzigen Aufschrift „ID Wallet“ und einem animierten Loader, auch als Sanduhr bezeichnet. Das Problem haben etliche Interessenten auf Twitter dokumentiert:

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Für den zuständigen Redakteur ist damit der Test bereits beendet, denn es gelingt bis zur Veröffentlichung dieses Beitrags – mithin eine gute Stunde lang – nicht, über den Sanduhr-Bildschirm hinauszukommen. Dabei gehören wir mit dem Erreichen des Status Sanduhr schon zu jenen, die weiter gekommen sind als andere. Es gibt ebenso Berichte über Komplettabstürze der App direkt nach der Pin-Eingabe.

Auf unserem Smartphone ist es bei der Sanduhr geblieben, anderen Nutzenden wurden ergänzend weitere Fehlermeldungen während der Anzeige des Loaders angeboten. Etwa jene, die einen „Fehler beim Anlegen eines Posteingangs“ bescheinigt oder jene, die besagt, dass sich die App nicht mit dem „Push-Dienst“ verbinden konnte.

Nicht alle Interessenten blieben indes so völlig erfolglos. Anderen gelang es durchaus, den Ausstellungsprozess für die Basis-ID zu starten, sie blieben dann aber mit der Vermutung, dass der Perso eventuell ungültig sein könnte, zurück.

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Damit begeben wir uns in den Bereich der Verdächtigungen, die die ID Wallet ohne Umschweife in Fehlermeldungen wie die folgende verpackt:

Ein digitaler Führerschein könne nur ausgestellt werden, wenn es auch einen passenden Eintrag im Zentralregister gäbe. Das ist aber nicht so heftig, wie die Verdächtigung, die dieser Twitter-Nutzer erhielt.

Wem der Führerschein entzogen wurde, der verfüge nicht über eine gültige Fahrerlaubnis und könne sich diese natürlich auch nicht in die App übertragen lassen. Der Twitter-Nutzer ist sich indes keiner Schuld bewusst.

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Nicht nur die Funktionen im Frontend lassen Übles befürchten

In Anbetracht dieses Starts verwundert es nicht, dass die offenkundigen funktionalen Macken nicht die einzigen Probleme sind. Manuel Atug vom Chaos Computer Club hat versucht, sich ein wenig mit den Hintergründen zu beschäftigen und ist dabei durchaus ins Staunen geraten.

So etwa bei der Frage, welche Blockchain die App verwendet. Antwort: Keine, sie setzt auf Distributed Ledger?! Oder bei der Feststellung, dass die App, anders als versprochen, kein Open Source ist. Und erst recht bei der Erkenntnis, dass das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik offenbar nicht nach seiner Einschätzung gefragt wurde.

Zweifel hinsichtlich des Datenschutzes scheinen auch angebracht. Die Entwicklerin Bianca Kastl etwa hat mehr als eine Handvoll Distributed-Ledger gefunden, mit denen die App Kontakt aufnimmt und auch Sebastian Fuhrmann konnte feststellen, dass die App Kontakt zu mindestens einer privaten Azure-Instanz aufnimmt. Alles in allem dürfen wir wohl davon ausgehen, dass es kurzfristig genauere Untersuchungen rund um die App geben wird. Wieso das wieder einmal nicht vor dem Start passiert ist, können wahrscheinlich nur zwei Minister beantworten, die die App ganz offenbar unbedingt noch vor der Wahl unters Volk gebracht sehen wollten.

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G. Fischer

Hab’s auch versucht und bin nicht weit gekommen. Im Nachhinein wundere ich mich über mich selbst, dass ich auf eine bloße Ankündigung unseres äußerst kompetenten Verkehrsministers reingefallen bin.

Antworten
Andy

Ich bin sowas von enttäuscht und genervt, das es nicht gelingt eine App vernünftig zu programmieren. Ich versuche jetzt seit 6 Tagen ( gefühlt 6 Monaten ), meine Personalausweis in diese App zu bekommen, was aber bei mir mit einem Iphone12 und IOS15 nicht gelingt. Wie kann man so eine App auf den Markt bringen und die Masse der Bürger, welche die App nutzen möchten so vor den Kopf stoßen.
Herr Scheuer, das ist ein absolutes Armutszeugnis. Von dem Desaster mt der Maut möchte ich hier garnicht erst anfangen. So wird das auf jeden Fall nichts mit der Digitalisierung in Deutschland.

Antworten
Klaus

Mir ist es bei ca. 20 Versuchen auch nicht gelungen, mehr zu sehen als die Sanduhr und den Hinweis, da habe etwas nicht geklappt, ich solle von vorn anfangen. Es ist ein Armutszeugnis, dass ein Ministerium sich traut, so einen Schrott freizugeben. Wie viele Millionen aber mag wohl die „Entwicklung“ der App gekostet haben?

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