Digitalisierung in Werkshallen: Thyssenkrupp vernetzt seinen Maschinenpark

Der deutsche Industriekonzern Thyssenkrupp hat heute bekanntgegeben, seinen Maschinenpark in der Werkstoffsparte mit der neuen digitalen Plattform „Toii“ zu vernetzen, die Anlagen direkt miteinander kommunizieren lässt. In Zukunft solle diese durch Predictive Maintenance den Wartungsbedarf der Maschinen voraussagen, heißt es.
„Toii“ sei dabei ein doppeltes Wortspiel, sagt Thyssenkrupp: Einerseits stehe der Begriff für die Umkehrung von IIoT, der Abkürzung für „Industrial Internet of Things“. Andererseits erinnere er durch den Wortklang an das englische „toy“ (Deutsch für „Spielzeug“) und vermittele damit, dass die Anbindung eines stark heterogenen Maschinenparks an vorhandene IT-Strukturen über die neue Plattform nun „spielend leicht ermöglicht“ werde, wie es heißt.
Toii wurde nach Angaben des Konzerns von Unternehmensexperten aus dem Bereich Software-Engineering komplett im eigenen Haus entwickelt und speziell auf die Gegebenheiten bei Thyssenkrupp Materials Services zugeschnitten. Der Anlagenpark der Business-Area, die sich auf den weltweiten Handel mit Werk- und Rohstoffen sowie auf sogenannte Anarbeitungsdienstleistungen konzentriert, sei eine komplexe Angelegenheit, sagt Thyssenkrupp: Die Maschinen würden verschiedene Arbeiten ausführen, von zahlreichen Herstellern stammen und unterschiedlich alt sein.
Vernetzung von Maschinen und IT-Systemen
Mit Hilfe von Toii könnten nun Bandsägen und Kantmaschinen, mobile Objekte, darunter Krane und Gabelstapler, und komplexe Produktionsanlagen wie komplette Längs- und Querteilanlagen sowie anspruchsvolle Anarbeitungslösungen durch Fräsmaschinen und Laseranlagen „ganz im Sinne des ‚Industrial Internet of Things‘ vernetzt werden“.
Die digitale Plattform ermögliche sowohl den Datenaustausch und die Kommunikation von Maschinen untereinander als auch zwischen Maschinen und IT-Systemen. So könnten Abläufe optimal und flexibel geplant und aufeinander abgestimmt werden, und zwar standortübergreifend, also auch weltweit.
Ein weiterer großer Nutzen der Plattform sei die einfache Datenanalyse. Was wurde wann in welcher Stückzahl produziert? Wo steht eine Wartung an oder wo entwickelt sich ein Problem? Welche Materialien müssen nachgeliefert werden? Alle diese und viele weitere Fragen beantworte das neue System, indem es die Daten nicht nur sammele, sondern auch analysiere. Die Ergebnisse seien per Mausklick abrufbar, anschaulich aufbereitet und leicht verständlich, sagt Thyssenkrupp.
Digitaler Wandel für die Werkshallen
Man habe eine Komplettlösung geschaffen, die es ermögliche, „die Automatisierung in der Produktion schnell voranzutreiben und unsere Abläufe deutlich effizienter zu machen“, sagt Hans-Josef Hoß, Vorstandsmitglied von Thyssenkrupp Materials Services. Damit bringe man den digitalen Wandel jetzt auch in das „Kernland“ des Geschäfts von Thyssenkrupp: die Werkshallen.
Immerhin: In mehreren Pilotprojekten habe sich Toii bereits bewährt, sagt Thyssenkrupp. So sei bei Materials Processing Europe in Mannheim beispielsweise eine neue Querteilanlage, die aus Breitband Tafelbleche herstellt, komplett mit der Plattform vernetzt worden. Das Ergebnis: Toii übermittele Arbeitsaufträge aus dem SAP-System direkt und in Echtzeit an die Maschine und steuere ihre Einstellungen von Größen, Gewicht bis zu Stückzahlen.
Zudem fragt die Plattform alle von SAP benötigten Werte automatisch bei der Anlage ab. So sei der Status der Produktion und des fertigen Produkts jederzeit einsehbar. Aber auch andere Maschinen seien bereits mit Toii digital vernetzt worden und automatisiert. Zum Beispiel die Dickenmessung von Metallstreifen zur effektiven Qualitätskontrolle sowie der maschinelle Plattenzuschnitt. Dieser habe durch die Plattform sogar komplett in eine Fertigungslinie integriert werden können.
Toii, heißt es von Thyssenkrupp, sei „hoch skalierbar“. Ein internationales Team von IT-Profis der Business-Area aus Deutschland, Indien und den USA habe die Plattform gemeinsam entwickelt. Neben diversen Projekten in Deutschland seien auch Einsätze in Großbritannien und den USA geplant. Derzeit würden alle Daten auf einem zentralen Server in Deutschland gehostet. Um alle datenschutzrechtlichen Anforderungen jedoch berücksichtigen zu können, entstünden im Zuge des weiteren Rollouts auch lokale Serverlandschaften in Großbritannien und den USA.
Trotz zahlreicher Innovationen des Konzerns schätzen Experten die wirtschaftliche Lage von Thyssenkrupp derzeit nicht durchweg positiv ein. Die Börsenzeitung etwa sprach erst kürzlich vom „wackligen Riesen“, bei dem „ein Kostensenkungsprogramm das nächste jage“. Nach der Stahlsparte, die ihre Kapitalkosten nicht verdiene und eine halbe Milliarde Euro einsparen solle, sei nun der schwächelnde Anlagenbau dran, der die Kosten um eine Viertelmilliarde drücken müsse. Das verstärke den Eindruck, dass Thyssenkrupp beim Umbau des Traditionsunternehmens zum modernen Industriekonzern nur langsam vorankomme, schrieb die Zeitung.
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Aha, lassen sich damit also noch schneller noch mehr Waffen herstellen?