Disney, Universal und News Corp denken bei ihren KI-Klagen nur an sich selbst

Man kann zu generativer KI stehen, wie man will. Fakt ist: Ein Großteil der Daten, mit denen große Sprachmodelle trainiert werden, dürften in irgendeiner Weise urheberrechtlich geschützt sein. Lizenzen dafür haben die wenigsten KI-Firmen.
In den USA mag die Verarbeitung dieser Daten noch als Fair Use durchgehen. Diese Ausnahme im US-Urheberrecht regelt, dass geschützte Werke laut des U.S. Copyright Office in manchen Fällen für „Kritik, Kommentar, Nachrichtenberichterstattung, Lehre und Forschung“ genutzt werden können, ohne dass der Rechteinhaber zustimmen muss. Vor allem, wenn das Ergebnis die geschützten Werke nicht direkt nachbaut.
Wie sich das auf KI auswirkt, zeigt ein brandaktuelles Gerichtsurteil aus Kalifornien. Eine Gruppe von Autor:innen hatte im August 2024 das KI-Startup Anthropic wegen der vermeintlich unrechtmäßigen Nutzung ihrer Werke verklagt. William Alsup, Richter am zuständigen Bezirksgericht, hat jetzt festgestellt, dass das Training von Sprachmodellen mit legal erworbenen Büchern unter Fair Use fällt.
Eine ähnliche Klage von dreizehn Autor:innen gegen Meta hat Richter Vince Chhabria, der am selben Bezirksgericht tätig ist, am vergangenen Mittwoch abgeschmettert. Aber nicht, weil die Vorgehensweise von Meta rechtens sei, sondern weil die Kläger:innen ihr Anliegen nicht richtig verargumentiert hätten.
Und jetzt kommt das große Aber: Im Streit zwischen Anthropic und den drei Autor:innen hat Alsup eingeräumt, dass die Nutzung von illegal heruntergeladenen Werken kein Fall für Fair Use ist. Anthropic darf also Bücher, Filme, Musik oder andere Medien, die es nicht selbst erworben hat, nicht nutzen.
Das ist zumindest ein Teilsieg für diese Autor:innen. Das Urteil stellt ein Stück weit das Geschäftsmodell generative KI infrage. Und es ist einer der wenigen Fälle, in denen ein Gerichtsurteil potenziell positive Auswirkungen auf die Kreativen selbst hat.
Wer profitiert von Klagen gegen KI-Startups?
Denn Klagen wie die jüngste gegen den Bild- und Videogenerator Midjourney oder einer weiteren Autor:innengruppe gegen Microsoft gibt es genug. Die Gegenseite besteht aber meist nicht aus einzelnen Künstler:innen, deren Werke die KI durch den Fleischwolf dreht und ohne Vergütung oder Quellenangabe wieder herauswürgt.
Stattdessen sind es meist Großkonzerne mit Milliardenumsätzen, die KI-Startups wie OpenAI vor Gericht zerren. Die New York Times zum Beispiel, News Corp, Disney, Sony, Universal. Und die interessieren sich wohl eher weniger dafür, wie Musiker:innen von drei bis neun US-Dollar für 1.000 Streams leben sollen.
Den Unternehmen dürfte es vielmehr darum gehen, eine weitere Umsatzquelle anzuzapfen. Denn gerade bei börsennotierten Firmen gilt das Prinzip des infinite growth, Wachsen um jeden Preis. Und wenn das nicht mehr mit normalen Mitteln geht, zaubert man neue Features aus dem Hut, nach denen niemand fragt, oder zieht eben gegen KI-Startups vor Gericht.
Das gewünschte Ergebnis: Lizenzierungs-Deals, bei denen besagte Startups die klagenden Konzerne an ihren Umsätzen beteiligen. Das zeigt sich allein darin, dass etwa News Corp und die New York Times mit manchen KI-Chatbot-Anbietern Deals abschließen und wieder andere verklagen. Der Weg ist anders, das Ziel das gleiche.
KI-Firmen müssen Kreativen mehr Respekt zollen
Dabei ist es dringend nötig, dass auch Kreative selbst, Journalist:innen, Musiker:innen, Videokünstler:innen eine eigene Lobby bekommen. Die kleinen wie die großen. Denn wenn KI-Startups mit fremden Inhalten Geld verdienen, müssen die Urheber:innen entlohnt werden. Mindestens müssen KI-Firmen nachhaken, ob die Werke der Kreativen benutzt werden dürfen.
Laut Ex-Meta-Manager Nick Clegg würde diese Bitte um Erlaubnis die KI-Industrie über Nacht zerstören. Das ist völliger Unsinn. Untergehen würden vielleicht die Firmen, die ihre Produkte mit allem trainieren, was die Welt zu bieten hat, ohne Rücksicht auf Verluste.
Überleben würden die fokussierten Spezialisten, die ihre Trainingsdaten auf fairem Weg beschaffen und sinnvolle Initiativen befeuern. Projekte aus Forschung und Industrie zum Beispiel, nicht den nächsten Ghibli-Meme-Generator. Und davon würden nicht nur Medienkonzerne profitieren, sondern wir alle.