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Diese 3 Beispiele zeigen, warum uns China in vielen Dingen voraus ist

Mit der künstlichen Intelligenz in Deutschland ist es wie bei einem Autounfall: Alle gucken hin, aber keiner tut etwas.

Von Steven Mc Auley
5 Min. Lesezeit
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(Foto: Shutterstock)

Die Forderungen von Führungskräften „Wir brauchen mehr Machine-Learning-Experten in Deutschland“ oder „Die Politik muss das Thema KI mehr nach vorne treiben“ sind genauso sinnvoll wie die Bemerkung „Jemand müsste mal einen Krankenwagen rufen“ nach einem Autounfall. Alle reden. Keiner macht was.

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In China sieht das anders aus. Die Volksrepublik setzt seit Jahren flächendeckend auf KI. In 2018 hat China laut dem China-Instituts Merics mit Sitz in Berlin zweieinhalb Mal so viele Patente im Bereich der KI angemeldet wie die USA.

Chinas Firmen rasen an den US-amerikanischen Konkurrenten vorbei. Von dieser Entwicklung bekommt jedoch kaum jemand etwas mit. Warum ist das so? Was können wir von ihnen lernen? Im März 2019 habe ich mich auf die Reise nach Shenzhen begeben. Vor Ort sind mir drei Dinge besonders aufgefallen:

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Vertrauen: Pläne sind so 90er

Tencent, einer der größten Technologiekonzerne der Welt und die Mutter von Wechat, hat in Shenzhen vor wenigen Wochen ein neues Hauptquartier bezogen und ich habe mich dort mit einem verantwortlichen Manager für Cloud-Services verabredet. Die Mitarbeiter betreten das Gebäude via Gesichtserkennung (kein Mitarbeiter muss warten, weil ein anderer seine Einlasskarte nicht findet), entspannen im riesigen Swimmingpool oder klettern an einer gigantischen Kletterwand. Das Verrückte: Fitnessstudio, Basketballfeld, Laufstrecke, Pool und Kletterwand werden tatsächlich benutzt. In vielen deutschen Firmen gibt es zwar ähnliche Konzepte. Doch nur äußerten selten werden diese Angebote auch genutzt. „Anwesenheitszeit ist Arbeitszeit“, sagte mir einmal ein bayerischer Geschäftsführer eines mittelständischen Automobilzulieferers.

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Darum ist es bei Tencent anders

Auch bei den Veranwortlichkeiten bekommen Chinesen von ihren Vorgesetzten viele Freiräume. Als ich mich im 34. Stock über den Dächern Shenzhens in einem Restaurant mit einem Tencent-Manager austausche, erzählt dieser: „Als ich hier angefangen habe, fragte ich meinen Chef, auf welchen Markt ich mich mit meiner Abteilung konzentrieren soll – eher Deutschland oder eher UK. Mein Boss antwortete mir: ‚Dou Keyi‘, was so viel bedeutet wie: ‚Alles ist möglich. Du machst das schon.‘“

Tencent weiß: Wenn sie schnell sein wollen, können sie nicht jeden Schritt im Detail durchdenken und schon gar nicht vorschreiben. Tencent hat eine Vision und die Strategien, um die Ziele zu erreichen. Der Weg dahin wird oft von mutigen Mitarbeitern bestimmt, die schnellstmöglich verschiedene Wege testen dürfen, ohne jeden Schritt absprechen zu müssen.

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Was kann ich lernen:

  • Versuche nicht, jedem Kollegen, Mitarbeiter oder Lieferanten jeden einzelnen Schritt zu diktieren.
  • Arbeite nur mit Menschen zusammen, die das gleiche Ziel wie du verfolgen und die gleichen Werte teilen.
  • Geh öfter Sport machen :)
  • Geschwindigkeit: Ich baue, was mein Kunde will – heute Nacht.

Huaqiangbei ist der größte Elektromarkt der Welt und liegt mitten in Shenzhen. In den 48 riesigen Lagerhallen lagern Milliarden an Elektroteilen. Via Wechat können Startups in der Umgebung in nur wenigen Stunden jedes Teil bekommen, das sie für die Weiterentwicklung ihres Produktes benötigen. „In Deutschland würden wir Wochen, wenn nicht sogar Monate auf die Teile warten müssen“, sagte mir Jakob Bitner, der CEO von Voltstorage, der selbst drei Monate in Shenzhen seinen Prototypen weiterentwickelt hat.

„Good enough“-Standard – bye bye, Perfektionismus

Chinesische Startups reagieren – auch durch den ständigen Kontakt zu ihren Kunden via Wechat – in Sekundenschnelle, wenn ihre Kunden Änderungswünsche haben. Um schnellstmöglich ein marktfähiges Produkt zu bauen, folgen sie der einfachen Regel des „Good enough“-Standards. Das bedeutet: 80 Prozent sind völlig ausreichend, um dem Kunden die Lösung zu präsentieren. Das Kundenfeedback wird direkt nach Fertigstellung des ersten Lösungsentwurfs eingeholt und das Produkt direkt weiterentwickelt. So entsteht eine Geschwindigkeit, die nicht einholbar ist – im Vergleich zu den aktuellen Produktentwicklungsmethoden in Deutschland.

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Was kann ich lernen:

  • Perfektion ist in den meisten Bereichen Quatsch.
  • Wenn sich ein Kunde gegen uns entscheidet, rufen wir ihn im Idealfall an und fragen, woran es gelegen hat. Wenn ein Kunde immer wieder bei uns bestellt, rufen wir ihn nicht an und fragen, warum er bestellt hat. Warum ist das so? Ruf jetzt drei deiner Kunden an und frag sie, was sie sich für die weitere Zusammenarbeit von dir wünschen.
  • Realisiere direkt einen Kundenwunsch und präsentiere deinem Kunden am nächsten Tag die halbfertige Lösung.

Zukunftsfreude: Lernen, was heute gefragt ist

Ubtech ist ein weltweit führendes Unternehmen für KI- und humanoide Robotik. Bei meinem Besuch ist mir ein Kinderbuch aufgefallen, das an vierjährige Kinder adressiert war, und KI mithilfe eines Comics erklärt. Die Roboter von Ubtech richten sich bereits an Achtjährige, die spielerisch lernen, intelligente Roboter zu bauen. Die Jüngsten lernen, zu programmieren, und setzen die ersten Technologie-Konzepte um, ganz nebenbei und mit Freude. Zeitgleich wird aktuell die Ausbildung von Kreativität an den Schulen in den Vordergrund gerückt.

Warum machen wir das nicht auch in Deutschland?

Im KI-Strategiepapier der Bundesregierung steht, dass 100 neue KI-Professorenstellen geschaffen werden sollen. Das klingt gut. Schaut man genau hin, sieht man, dass höchstens durchschnittlich qualifizierte Professoren diese Stellen besetzen werden, da die gezahlten Löhne extrem von den Gehältern in China oder den USA abweichen. Bis zu 500.000 US-Dollar im Jahr kann ein Professor in den USA aktuell verdienen. In Deutschland kann sich ein Professor mit 100.000 Euro Jahresgehalt bereits sehr glücklich schätzen. Wo würdest du arbeiten wollen?

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Eine private deutsche Hochschule hat letztes Jahr einen neuen Big-Data-Master ins Leben gerufen. Hurra, ein guter erster Schritt. Jedoch: In fast keiner Stadt konnte dieser Studiengang tatsächlich stattfinden. Die Bachelor-Absolventen entscheiden sich, während Zalando 400 Marketingmitarbeiter wegen des Einsatzes von KI entlässt, für den Master in Marketing oder Finance. Zudem sagte mir eine Verantwortliche der Hochschule, dass sie ganz froh seien, dass die Studiengänge nicht angenommen wurden, da sie ohnehin keine geeigneten Dozenten für die neuen Themen finden würden.

Was kann ich lernen:

  • Der Markt schreit nach Machine-Learning-Experten. Willst du einen sicheren Job mit sehr gutem Gehalt, beschäftige dich mit KI.
  • Ein gutes Buch für den Einstieg: „Leben 3.0“ von Max Tegmark.
  • Konzentriere dich auf Fähigkeiten, die in den nächsten 50 Jahren nicht automatisierbar sind.

Fazit

Viele chinesische Unternehmen sind heute in Deutschland noch unbekannt. Das ändert sich in den nächsten zwölf Monaten, da eine erste Marktsättigung in China stattfindet. Neue Absatzmärkte werden gesucht. Wer sich selbst und sein Unternehmen auf die Zukunft vorbereiten will, der muss seine Aufmerksamkeit nach China richten. Es passiert so viel mehr, als wir uns heute vorstellen können. Der einfachste Weg, um zu verstehen, was in Shenzhen vorgeht: hinfliegen. Ich nehme dich gerne nächstes Mal mit.

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3 Kommentare
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Dein t3n-Team

Chris Pleil

Fakt ist aber doch auch, dass in China Arbeiter über 30 entlassen werden und kaum mehr einen Job finden, da sie zu langsam sind im Vergleich zum „unendlich nachwachsenden“ Rohstoff der Jungspunde. In China sind viele Start-ups doch Spekulationen, ob sie den Zuschlag von der Regierung bekommen. Und ganz ehrlich: Das ganze Geld ersetzt keinen angenehmen Arbeitsplatz mit moderatem Gehalt und Langzeit Beschäftigung

Antworten
wb

Wir schlafen immer noch und ruhen uns auf dem aus was unsere ältere Generation geschaffen hat. China wird immer noch betrachtet als Zulieferer für Kriemskrams.
Wacht auf ! China gilt immer noch als Schwellenland … das heißt: Was wir aus China bestellen kommt alles o h n e Versandkosten! — Schwellenland ! — Bestellen Sie was in der westlichen Welt.., dann bezahlen Sie Porto! Wenn das Teil vielleicht 2,50€ kostet, kommt immer noch mindestens 4,90€ Versandkosten dazu-
Schauen Sie auf Ebay….
Mitlerweile gibt es chinesiche Firmen die in Deutschland ihr Lager haben damit der Versand genauso schnell ist wie unsere deutschen Firmen. — bleibt aber versandkostenfrei !!!
Schwellenland…..Man muss ihnen helfen …. bis unsere Versandhäuser pleite machen…
Schwellenland …. haben mittlerweile das beste Kampffugzeug der Welt, sind im Weltall und fliegen zum Mond…. Sie kaufen Firmen und Ländereien auf der ganzen Welt. In China darf nichts dergleichen verkauft werden! Wann wird unsere Politik endlich aus dem Tiefschlaf wach?

Antworten
Maik Möhlmann

Interessant. Auf der einen Seite wird die Wirtschaft China´s bewundert und als Vorbild gezeigt. Auf der anderen Seite hat China weltweit die meisten Kohlekraftwerke der Erde platziert und plant den Bau über weitere 1000 Anlagen bis 2030 während wir unsere Kraftwerke herunterfahren. Laut den aktuellen Nachrichten der letzten Tage schert man sich auch nicht um den Ozonkiller FCKWm und produziert dort weiter. Produktnachahmung kommen aus dem Reich der Mitte und manch Deutscher Produzent muss gegen die Plagiate angehen.

Sollen das wirklich Vorbilder sein ? Muss man sowas in Summe gutheißen, mal ganz abgesehen von den militärischen Interessen im chinesischen Meer und der „one China“ Politik ?

Antworten

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