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Analyse

Holt die Ghostbusters: Das Gespenst der DSGVO-Abmahnung geht um

Alles spricht von DSGVO-Abmahnungen, dabei gibt es die streng genommen gar nicht. Das heißt nicht, dass keine Gefahr besteht – sie ist aber deutlich geringer, als die allgemeine Panik vermuten lässt. Ein Aufruf zur Besonnenheit.

Von Jochen G. Fuchs
3 Min.
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Eine Abmahnwelle ist aktuell eher unwahrscheinlich, da die Rechtslage noch ungeklärt ist. (Foto: Shutterstock)

Die DSGVO ist das Schreckgespenst der Internetwirtschaft. Kaum ein Thema hat soviel Aufruhr verursacht wie diese neue Datenschutzgrundverordnung. Die größte Sorge und damit auch die Triebfeder des Aufruhrs ist die Angst vor einer kostenpflichtigen Abmahnung. Dabei ist die Gefahr einer Abmahnung eher gering und Juristen sind sich nicht einmal einig, ob Verstöße gegen die DSGVO überhaupt zu einer Abmahnung berechtigen, so ein Artikel im Shopbetreiber-Blog.

DSGVO: Welche Abmahnungen überhaupt zulässig sind

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Abmahnungen können, da sind sich die Juristen einig, nur im Rahmen der Möglichkeiten des Wettbewerbsrechts erfolgen. Zusätzlich können Verbände, Verbraucherzentralen und ähnliche Einrichtungen  aufgrund des Unterlassungsklagegesetzes abmahnen.

Das Instrument der Abmahnung ist ein nationales Instrument aus Deutschland und dementsprechend nicht in der europäischen DSGVO verankert. Eine Abmahnung „aufgrund“ der DSGVO wird es in diesem Sinne also nicht geben.

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Die Datenschutzaufsichtsbehörden können unter bestimmten Voraussetzungen Strafen verhängen, die empfindliche Höhen annehmen können. Der Weg dahin ist allerdings lang, unter anderem ist eine Anhörung vorgesehen. Eine solche Strafe trifft kein Unternehmen ohne Vorwarnung. Zusätzlich müssen solche Strafen auch angemessen sein, so die Vorschriften. Ein kleines Unternehmen mit einem minimalen Verstoß wird dabei anders beurteilt als ein Riese wie Google oder Facebook.

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Eine Abmahnung aufgrund der DSGVO ist eine unsichere Sache für den Abmahnenden

Um eine Abmahnung zu rechtfertigen muss ganz simpel erst einmal ein Verstoß vorliegen, was aber nur die erste Voraussetzung ist. Da das Datenschutzrecht keine Abmahnungen kennt, muss ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß abgemahnt werden. Und hier beginnt das Problem: Ist ein Verstoß gegen die DSGVO überhaupt über das Wettbewerbsrecht abmahnbar?

Die zentrale juristische Frage dreht sich dabei darum, ob die Regeln der DSGVO sogenannten Marktverhaltensregeln darstellen oder ausschließlich Menschenrechte sind. Ob die DSGVO dazu da ist, Interessen von Unternehmen und Verbrauchern als Marktteilnehmer zu schützen – oder als Menschen.

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Das Shopbetreiber-Blog erklärt: Der Schutz personenbezogener Daten könnte ein Menschenrecht sein und kein Schutz der Daten als Marktteilnehmer, so Boris Paal und Daniel Pauly in einem Kommentar zur Datenschutzgrundverordnung.

Ein weiterer Punkt, der gegen Abmahnungen spricht, ist die Möglichkeit, dass Gerichte die DSGVO als „abschließende Regelung“ betrachten könnten, die bereits alle Sanktionsmöglichkeiten enthält. Weitere Sanktionen, sprich Abmahnungen, wären somit nicht mehr möglich.

Ulf Buermeyer, Richter am Landgericht Berlin, geht hingegen davon aus, dass Mitbewerber abmahnen dürfen. Er beruft sich auf einen Grundsatz im EU-Recht namens „Effet utile“, nach dem EU-Recht möglichst wirksam umgesetzt werden muss. Burmeyer führt aus, dass Datenschutzbehörden alleine gar nicht in der Lage seien, alle Verstöße zu erkennen und zu sanktionieren. Die Tatsache, dass Wettbewerber abmahnen, würde der DSGVO nach dieser Logik eine größere Wirksamkeit verschaffen.

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Kein Grund zur Panik: Eine Abmahnwelle ist eher nicht zu erwarten

Die Rechtslage ist vor allem für ein Unternehmen sehr unsicher, das Abmahnungen aussprechen will. Im Moment besteht eine sehr hohe Chance, dass Abmahnungen von Mitbewerbern gar nicht erfolgreich sind – oder abgewehrt werden können. Damit bliebe ein abmahnendes Unternehmen schlussendlich auf den eigenen Rechtskosten sitzen. Dieses Risiko werden nicht viele eingehen wollen.

Die bisherigen Abmahnungen, auch die abstruse 12.500-Euro-Abmahnung wegen eines SSL-Zertifikats, werden unter Juristen eher als amateurhaft und unsicher bewertet. Die Gefahr einer Abmahnung ist angesichts der Rechtslage nicht vom Tisch und eine Abmahnung abzuwehren wird trotzdem Zeit und Geld kosten, aber die allgemeine Hysterie könnte sich jetzt langsam mal wieder legen.

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DSGVO Abmahnängste von Kleinunternehmen ... komm endlich in die Gänge SPD

Spätestens, wenn die ersten DSGVO-Präzedenzfälle zugunsten der Abmahner entschieden sind („Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand“), ist Hysterie durchaus angebracht.

Die Angst von Kleinunternehmern vor DSGVO-bedingten Abmahnungen, mag Stand heute übertrieben sein, – ist aber auch jetzt schon in den Augen vieler Politiker durchaus berechtigt.

Ein Vorstoß der CDU (Elisabeth Winkelmeier-Becker), DSGVO-bedingte Abmahnungen zunächst mal für ein Jahr auszusetzen, ist leider an der SPD gescheitert.

Nun versucht die CSU (Markus Söder, siehe https://www.heise.de/tp/features/Bayern-bringt-Gesetz-gegen-DSGVO-Abmahnungen-ein-4096128.html) das Thema anzugehen und wird dabei hoffentlich mehr Erfolg bei der SPD haben.

Die Angst vor DSGVO Abmahnungen mag aktuell übertrieben und irreal sein, die Konsequenz daraus, nämlich die massenweise Abschaltung der Webseiten von Vereinen, Kleinunternehmen und Handwerkern ist dagegen sehr real und macht das Internet in Deutschland leider sehr viel ärmer.

Hoffentlich erkennt das die SPD irgendwann auch…

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