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Warum uns E-Mails zu Arschlöchern werden lassen

Manche sozialen No-Gos sind in der digitalen Welt völlig normal – beispielsweise, Menschen zu ignorieren. Doch es geht oft nicht anders – gibt es einen Ausweg aus dem Zwang zur Unfreundlichkeit?

Von Stephan Dörner
3 Min. Lesezeit
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Foto: Shutterstock

Eine Einkaufsstraße in Deutschland – eine junge Frau spricht einen jungen Mann an: „Entschuldigen Sie, darf ich Sie etwas fragen?“ Der Mann geht ungerührt weiter, reagiert auch nicht auf Nachhaken. Eine Szene, die uns in der nichtdigitalen Welt seltsam erscheint, ist in der digitalen Lebensrealität Alltag: E-Mails werden ignoriert, massenhaft – und teilweise aus purer Notwehr.

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Nicht nur Journalisten kennen das Phänomen, dass sie sich irgendwann entscheiden müssen: Zwischen freundlich sein und erfolgreich arbeiten. Die meisten Journalisten entscheiden sich irgendwann für die zweite Variante und ignorieren den Großteil der eintreffenden E-Mails. Pressemitteilungen natürlich sowieso – aber auch persönliche Anschreiben. Sie sind allerdings ein Extremfall, weil sie mit E-Mails zu Themenvorschlägen von allerlei PR-Menschen, Pressemitteilungen und ähnlichem überhäuft werden.

E-Mail-Absagen sind Zeitfresser

Doch auch Freiberufler und Arbeitnehmer in anderen Jobs kennen das Phänomen, besonders in Führungspositionen: Statt zu arbeiten müssen sie E-Mails beantworten – und die meiste Zeit geht mit Abwimmeln und Absagen drauf. Das ist geraubte Zeit, Fremdbestimmung – die weder einen selbst noch das Unternehmen weiterbringt.

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Wer ist hier eigentlich unfreundlich? Derjenige, der auf eine irrelevante Anfrage nicht antwortet oder derjenige, der sie verschickt? Das Ignorieren ist allerdings nicht immer die beste Strategie. Denn mancher E-Mail-Schreiber ist hartnäckig: Auf das Ignorieren folgt das Nachhaken – „digitales Vordrängeln“ nannte Daniel Fiene von RP Online kürzlich die meist nervige Frage, ob eine E-Mail auch angekommen sei.  Manchmal geht das bis zur letzten Eskalationsstufe: dem Anruf – am besten noch auf dem privaten Handy. Da wäre es dann am Ende doch schneller gegangen, man hätte direkt per E-Mail abgesagt.

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„Wäre es nicht wunderbar, wir hätten endlich den ,Bitte freundlich abwimmeln‘-Button in unseren E-Mail-Programmen?“

Und dann bleibt ja irgendwie doch auch immer das schlechte Gewissen beim Nichtantworten. Ein Ausweg kann es sein, Absagen vorzuschreiben und einfach nur noch die Anrede zu ändern – der Rest ist Copy & Paste. Das ist natürlich insbesondere dann sinnvoll, wenn viele der Anfragen, die man täglich abwimmeln muss, sehr ähnlicher Natur sind.

Eskalationsstufe: Autoresponder

Besonders vielbeschäftigte Menschen wählen daher schon mal die nächste Eskalations-Stufe bei der digitalen Selbstverteidigung gegen E-Mail-Zeiträuber: Die Autoresponse-Antwort, die jeden Absender eingehender E-Mails schon mal vorsorglich warnt, dass er mit einer Antwort eher nicht rechnen kann: Vielen Dank für deine Nachricht – ich bin leider vielbeschäftigt, vielleicht ist deine Nachricht ja besser bei X, Y oder Z aufgehoben. Oder geh noch besser auf diese FAQ – was auch immer du tust, erwarte bitte keine Antwort. Aber es geht noch restriktiver: E-Mails von Leuten, die nicht im eigenen Adressbuch sind, werden gar nicht mehr gelesen.

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Im Arsenal der digitalen Selbstverteidigung gegen die Zeiträuber sollte das nur das letzte Mittel sein – denn E-Mail-Kommunikation wird sich dennoch nicht vermeiden lassen, und alle, mit denen man dennoch kommuniziert, stört der Autoresponder auch. Immerhin eine Whitelist für das eigene Unternehmen und ausgewählte Kontakte, die die automatische Antwort nicht bekommen, bietet sich an.

In vielen Fällen aber sind die vorgeschriebenen Standard-Absagen tatsächlich der beste Weg. Auf dem Mac lassen sich solche Texte auch vorschreiben und dann in die Mail mittels eines Buchstabenkürzels einfügen. Voreingestellt sind dort Abkürzungen wie „vlg“, was Apple Mail automatisch in „Viele liebe Grüße!“ umwandelt. Die Kürzel legt man in den Systemeinstellungen unter „Tastatur“ und dort dem Reiter „Text“ fest. Statt nur „Viele liebe Grüße!“ lässt sich hier auch eine komplett ausformulierte E-Mail eintragen – beispielsweise mit der Bitte, aus einem Verteiler ausgetragen zu werden.

Ist AI die Lösung?

Am Ende muss jeder E-Mail-Nutzer selbst für sich ausmachen, wie viel Freundlichkeit er sich zulasten der Arbeitseffizienz im Umgang mit E-Mails noch leisten kann und will. Und dann gibt es immer noch eine Hoffnung: die Fortschritte bei der Entwicklung künstlicher Intelligenz.

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Wäre es nicht wunderbar, wir hätten endlich den „Bitte freundlich abwimmeln“-Button in unseren E-Mail-Programmen? Wenn es ein Aufgabenfeld für die künstliche Intelligenz gibt, in der diese echten Mehrwert für Millionen von Menschen schaffen kann, dann dieser: Freundlich sein, wenn wir keine Nerven mehr dazu haben.

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8 Kommentare
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Flip Flop

Hallo Herr Dörner,
wenn nicht ohne die Hilfe Ihrer Leserschaft, wie gelangen Sie denn dann an frische Themen?
ich persönlich hatte vor einiger Zeit mal den Versuch unternommen auch mit Ihrer Redakion in Kontakt zu treten. Erfolglos! Meiner Erfahrung nach, raten inzwischen 90 % aller vorgeschalteten Callcenter und Vorzimmer dazu, das Anliegen per Email zu senden. Vielleicht eine gute Idee, wenn Sie das erstmal intern klären, statt hier rumzujammern. Und Tastaturkürzel gabs übrigens vor 30 Jahren schon auf Triumpf-Adler Schreibmaschinen. Vielleicht ist eine weitere Ursache für den Zeitmangell auch, dass es immer noch Leute gibt, die große Teile ihrer Arbeitszeit mit dem Rauchen, mit dem Zweifinger-Suchsystem oder mit Privattekefonaten und Urlaubsplanung vergeuden. Allein dieser Artikel ist m.M. bereits Zeitvergeudung, weil er dem Leser keinen Nuzen bringt und bessere Zeitmanagenent Bücher (von denen Sie scheinbar nie eins geselesen haben) als diesem „Wutbeitrag“ gibts en masse in jeder Stadtbücherei.

Ihr Artikel hier kommt bei mir ein wenig hilflos an. Als suchten Sie die Schuld für Ihre Unordnung bei andren. Als eine gute Idee und auch wesentlich stilvoller fände ich es, wenn Sie hier (und in Ihrem Impressum) Ihren Ablauf kurz beschreiben würden. Wie hätten Sie denn gerne Themenvorschläge?

Antworten
Stephan Dörner

Themenvorschläge können immer an redaktion@t3n.de gesendet werden. Alle eingehenden E-Mails werden gelesen. Haben Sie aber bitte Verständnis dafür, dass wir angesichts der Flut von Einreichungen nicht jede E-Mail beantworten können.

Antworten
Flip Flop

Sorry, leider kein Verständnis. Ihr Tonfall ist außerdem ziemlich über(h)geblich. Ich bin auch eher der Ansicht, dass sich die Qualität der journalistischen Beiträge insgesamt in den letzten Jahren verschlechtert hat. Da ist t3n keine Ausnahme.
Entweder man kommuniziert ordentlich miteinander oder eben gar nicht. Für einen Monolog red ich lieber mit ner Rolle Klopapier, da ist mir meine Zeit zu kostbar. Von mir gibts in der Form jedenfalls keine kostenfreien Ideen mehr.

Hans

„Haben Sie aber bitte Verständnis dafür, dass wir angesichts der Flut von Einreichungen nur jede E-Mail beantworten können.“

„nur jede E-Mail“. Wieso „nur“ ;-)

Stephan Dörner

@Hans: Danke für den Hinweis, das sollte „nicht“ heißen – habe ich korrigiert.

Hans

btw: Diesen Abkürzungstrick „vlg“ -> „Viele liebe Grüße“ kann man z.b. in Outlook auch problemlos einrichten. Muss man halt nur wissen. Sollte man wissen, wenn man so einen Artikel schreibt. Oder recherchieren.

Antworten
Florian

Ja dafür gab es früher etwas das nannte sich Sekretärin. Die hat dann alle unwichtigen Anrufe abgewimmelt und nur die relevanten durch gelassen. Bis das eine AI kann wird es noch etwas dauern, bis dahin sage ich: Wer mir ohne vorherige Aufforderung eine Mail schreibt muss damit rechnen das sie nicht beantwortet wird.

Unhöflich oder nicht, wenn mir so Drücker auf der Straße etwas aufschwatzen wollen geh ich übrigens auch öfter mal kommentarlos vorbei. Manchmal sag ich „nein Danke“, das könnte ich auch in einer E-Mail verfassen…

Antworten
Dino Walsh

Hallo Herr Dörner, ich teile Ihren Ansatz in keiner Weise – vielmehr sehe ich Ihren Beitrag als eine weitere Sichtweise zu diesem durchaus wichtigen Thema, welche dem „negativ (business) behavior“ zu deutsch „schlechte Kinderstube“ weiter Vorschub leistet. Ich habe leider keine Zeit hier meine explizite Meinung zu diesem Thema kund zu tun – ich bevorzuge es in der Zeit meine Emails zu beantworten. Daher verweise ich auf diesen Artikel, welcher meine Meinung zu diesem Thema sehr gut widerspiegelt: http://www.huffingtonpost.com/tony-schwartz/the-rudeness-of-ignoring_b_734858.html

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