Edi Rama will ChatGPT zum Minister machen: Albaniens radikaler KI-Plan
Es klingt wie eine Nachricht, die in den sozialen Medien für sehr viel Zustimmung sorgen könnte und nicht einer gewissen Polemik entbehrt: Albanien erwäge laut Presseberichten wie dem von Politico, Künstliche Intelligenz dazu zu verwenden, ganze politische Ministerien KI-gestützt zu führen. Demnach hat Premierminister Edi Rama im Rahmen einer Pressekonferenz vorgeschlagen, KI-Modelle wie ChatGPT dafür einzusetzen, die Rolle von Minister:innen zu übernehmen. „Eines Tages könnten wir sogar ein Ministerium haben, das vollständig von künstlicher Intelligenz geleitet wird“, erklärte Rama anlässlich einer Veranstaltung im Juli, als er über Digitalisierung sprach.
Man könne so Vetternwirtschaft und Interessenkonflikte ausschließen, wird der Politiker zitiert. Doch ist das wirklich so einfach – und könnte die Idee vielleicht auch ein Modell für westliche Demokratien sein? Politico zitiert dabei auch Ben Blushi, Albaniens ehemaligem Minister für Kommunalverwaltung, mit der Aussage, Künstliche Intelligenz sei besser in der Lage, einen Staat zu leiten, da sie keine Fehler mache, kein Gehalt benötige und nicht korrumpierbar sei. Wer ein wenig Ahnung von der Materie hat, dürfte hier eine Reihe von Fragezeichen und red flags sehen.
KI als politisches Hilfsmittel in Beratung und Bewertung
Abgesehen von der Idee, einen KI-Algorithmus wählen zu können, die für westliche Demokratien schon in staatsrechtlicher Hinsicht komplett undenkbar ist, stellt sich aber die Frage, ob eine KI zumindest bestimmte politische Entscheidungen einordnen, hinterfragen und bewerten kann. Hierbei setzt jede KI ein entsprechendes Wertesystem und Entscheidungswege voraus, die ihrerseits ja auch durch politische Werte geprägt sind. Es ist somit schon nicht zu erwarten, dass hierüber ein Konsens zustande kommen könnte.
Allerdings gibt es in der Praxis der Gesetzgebung und des politischen Betriebs durchaus einen anderen Sektor, in dem Künstliche Intelligenz wertvolle Beiträge leistet: das Feld der politischen Beratung. Hier beschäftigen alle Parteien schon heute entsprechende Think Tanks, deren Mitarbeitende sich in Zukunft sicherlich häufiger der KI bedienen werden, um entsprechende Argumentationen und Vorlagen zu erstellen.
Denkbar wäre parteiübergreifend durchaus auch die Bewertung von Entscheidungen und Vergaben im Hinblick auf Anti-Korruptions-Gesichtspunkte – immer noch ein verbreitetes Problem, das den albanischen Staat prägt. Laut dem Corruption Perceptions Index (CPI) 2024 von Transparency International erzielte Albanien 42 von 100 Punkten und belegte Platz 80 von 180 Ländern. Insbesondere die Europäische Kommission betont die Notwendigkeit, die hochrangige Korruption weiter konsequent zu bekämpfen.
Hoher Grad an Digitalisierung und KI-Gläubigkeit in Albanien
Dass ein solcher Vorschlag gerade aus Albanien kommt, verwundert jedoch auch aus einem anderen Grund nicht: Denn der Balkanstaat mit seinen 2,7 Millionen Einwohner:innen ist besonders KI-affin. Die albanisch-amerikanische Unternehmerin Mira Murati war von 2018 bis 2024 als Chief Technology Officer für OpenAI tätig und hatte einen nennenswerten Anteil an dessen Siegeszug. Inzwischen betreibt Murati allerdings ein eigenes Startup, das 2-Milliarden-Dollar-Unternehmen Thinking Machines Lab.
Schon heute setzt das Land in einigen Sektoren verstärkt auf Künstliche Intelligenz und Digitalisierung. Bis 2030 will man komplett bargeldlos arbeiten und auf ein System rein digitaler Zahlungen umstellen. Anders als bei uns laufen bereits 95 Prozent aller Bürgerdienste über ein digitales Portal namens e-Albania.
Dennoch erscheint die Idee, komplexe politische Prozesse zuverlässig an eine wie auch immer geartete KI auszulagern, wie Science-Fiction. Für westliche Demokratien können KI-Tools zwar ein probates Mittel zur Bewertung politischer Maßnahmen und Entscheidungen darstellen, eine KI-Regierung, die politische Entscheidungen trifft, ist dagegen selbst mittelfristig nicht denkbar. Und selbst für ein Land wie Albanien darf bezweifelt werden, dass es tatsächlich Pläne in diese Richtung gibt – insbesondere weil hier die Europäische Union noch ein Wort mitsprechen würde.
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