Anzeige
Anzeige
Kommentar
Artikel merken

Elektromobilität: Öffentliches Laden darf kein Luxus werden

Wenn nicht jeder sein Elektroauto in der Öffentlichkeit schnell, einfach und zu fairen Preisen aufladen kann, dann wird es nichts mit der Elektromobiliät. Ein Kommentar von Frank Feil.

Von Frank Feil
4 Min. Lesezeit
Anzeige
Anzeige

(Foto: Shutterstock)

Als wir uns Ende 2018 für ein Elektroauto entschieden haben, taten wir dies in erster Linie aus Überzeugung. Der Elektromobilität gehört die Zukunft – und insbesondere auf kürzeren Strecken wollten wir so früh wie möglich auf ein Auto mit Verbrennungsmotor verzichten.

Anzeige
Anzeige

Allerdings: Hätten wir damals durch unseren Neubau nicht die Möglichkeit gehabt, das Elektroauto in der eigenen Garage mit Strom aus der Photovoltaikanlage zu laden, wäre es wahrscheinlich doch noch einmal ein Verbrenner geworden. Aus dem ganz einfachen Grund, dass wir hier im Umkreis von vier Kilometern schlicht keine Möglichkeit gehabt hätten, öffentlich zu laden. Und nach der Arbeit erst einmal in den Nachbarort zu fahren, um zu laden (sofern die Ladesäule frei ist und funktioniert), erschien uns bei aller Liebe zur Elektromobilität nicht wirklich praktikabel.

Seither hat sich einiges getan. Durch die staatliche Förderung von Elektroautos und Ladestationen denken mehr und mehr Menschen darüber nach, dem Verbrenner den Rücken zuzukehren. Bald schon sollen Mieter und Wohnungseigentümer das Recht auf eine eigene Ladestation haben – und dennoch spielt in erster Linie die Gestaltung der öffentlichen Ladeinfrastruktur eine elementare Rolle für die Akzeptanz der Elektromobilität in der Gesellschaft.

Anzeige
Anzeige

Ladeinfrastruktur muss für jeden zugänglich sein

Noch vor sieben Jahren hatten E-Auto-Pioniere eine Mappe mit bis zu 20 Ladekarten im Handschuhfach liegen. Das war notwendig, da die meisten Ladesäulen nur genutzt werden konnten, wenn man sich vorher beim jeweiligen Anbieter registriert hatte und über eine entsprechende Ladekarte verfügte. Und da mitunter jede größere Stadt von einem anderen Anbieter versorgt wurde, musste man eben auf alles vorbereitet sein.

Anzeige
Anzeige

Diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Plattformen wie Plugsurfing geben ihren Kunden die Möglichkeit, mit einer App auf mehrere Ladeverbände zuzugreifen. Zudem gibt es an mehr und mehr Ladestationen die Möglichkeit, den Ladevorgang ohne vorherige Registrierung direkt mit der Karte oder dem Smartphone zu bezahlen.

Wenn die breite Masse von der Elektromobilität überzeugt werden soll, muss letzteres zum Standard werden: Man kommt an eine Ladesäule, lädt und bezahlt. Wie bislang an einer Tankstelle. Sobald man sich irgendwo registrieren muss oder eine spezielle Ladekarte braucht, hat sich das Thema für die meisten Autofahrer schon wieder erledigt.

Anzeige
Anzeige

Öffentliches Laden muss zu fairen Preisen möglich sein

Stellen wir uns einmal dieses Szenario vor: Ein BMW, ein Ford und ein Nissan kommen an eine Tankstelle. Der BMW fährt zur Zapfsäule, tankt und bezahlt 1,45 Euro für den Liter Super. Als nächstes ist der Ford an der Reihe. Noch vor Beginn des Tankvorgangs springt die Anzeige allerdings auf 7 Euro pro Liter. Zum Schluss darf dann endlich auch der Nissan an die Zapfsäule. Die Anzeige blinkt rot: „Unsere Zapfsäule betankt Fahrzeuge dieses Herstellers nicht.“ Klingt wie ein schlechter Witz, ist im Bereich Elektromobilität derzeit allerdings völlig normal.

Ionity, ein Anbieter von Schnell-Ladesäulen entlang europäischer Autobahnen und zugleich Hoffnungsträger all jener, die mit dem Elektroauto mittlere und längere Strecken fahren möchten, hat am Donnerstag bekannt gegeben, dass man ab Februar 2020 die Preise anpassen wird. Unglaubliche 79 Cent pro Kilowattstunde soll fortan der Ladevorgang kosten. Selbst mit einem Kleinwagen wie dem Renault Zoe würden 100 Kilometer dann rund 16 Euro kosten – ein moderner Diesel kommt mitunter nicht einmal auf 8 Euro. Anders sieht die Sache aus, wenn man ein Fahrzeug besitzt, das zum Ionity-Joint-Venture gehört. Wer etwa einen Mercedes EQC fährt, bezahlt nur 29 Cent pro Kilowattstunde. Ähnlich verhält es sich mit Fahrzeugen von Audi, VW oder Ford. Alternativ kann man zwar auch über Umwege einen Vertrag abschließen, um bei Ionity günstig zu laden, aber spontanes Laden ohne Vertrag schlägt eben mit den oben genannten 79 Cent zu Buche.

Bei Get Charge, einem Service der Telekom, sieht die Sache anders aus: An „bevorzugten Ladestellen“ bezahlt man 29 Cent (AC-Ladung) beziehungsweise 39 Cent pro Kilowattstunde (DC-Ladung). An allen anderen Ladestationen werden pauschal 89 Cent (!) pro Kilowattstunde fällig. Dazu kommen dann noch die ganzen Energieversorger und Stadtwerke, die zum Teil nicht nur nach Kilowattstunden, sondern zusätzlich auch noch nach Standzeit abrechnen. Und dann wäre da noch das Ladenetzwerk von Tesla – das nur von Tesla-Fahrern genutzt werden kann.

Anzeige
Anzeige

Von der Ladeinfrastruktur hängt der Erfolg der E-Mobility ab

Freilich hat all das seine Gründe – und wer sich mit der Elektromobilität beschäftigt, kann diese auch leicht nachvollziehen und wird feststellen, dass eigentlich alles gar nicht so kompliziert ist, wie es zunächst scheint.

Der Kern des Problems ist aber ein anderer: Der Otto Normalverbraucher möchte sich nicht damit beschäftigen. Und solange das öffentliche Laden nicht genauso unkompliziert und preislich transparent wie an einer Tankstelle ist, wird er eben weiterhin beim Verbrenner bleiben.

Die Ankündigung von Ionity zeigte übrigens bereits einen Tag später Wirkung: In den großen Medien finden sich nun Schlagzeilen wie „Bis zu zehnmal teurer: Größter E-Ladesäulenanbieter erhöht den Preis massiv“ oder „Schnellladen an der Autobahn wird richtig teuer“. Die Folgen für die ohnehin geringe Akzeptanz der Elektromobilität in der Bevölkerung? Fatal.

Anzeige
Anzeige

Dieser Artikel erschien zuerst auf techtag.de.

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Ein Kommentar
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Joe Blessing

Ich beschäftige mich gerade mit dem Thema, weil mein jetziges Fahrzeug (Opel Astra mit 160.000km) durch ein E-Kfz ersetzt werden soll.

Der Fahrzeugkauf ist dabei weniger das Problem, aber genau an der Ladeinfrastruktur hänge ich fest:
– wir haben an unserem Haus private Parkplätze, aber die Möglichkeit einer Ladestation ist noch nicht geklärt – und: wer bezahlt die??
– dieses „Durcheinander“ von Ladesäulen-Anbietern (auch wie im Text beschrieben) ist mir zu kompliziert
– sinnvoll wäre es nur dann, wenn auch einheitliche Preise herrschen, wie jetzt beim Benzin
– Tankstellen fest ins Ladenetz integriert werden; flächendeckend

Unterm Strich reift jetzt eher Plan B:
– E-Bike, welches ich für Stadtfahrten oder Fahrten zur Arbeit nutzen könnte und Car-Sharing für größere Strecken.

Antworten
Abbrechen

Melde dich mit deinem t3n Account an oder fülle die unteren Felder aus.

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Anzeige
Anzeige