Ende einer Ära: Was Buffetts Rückzug für Anleger:innen bedeutet

Es war ein denkwürdiges Ereignis – und trotz der Erwartbarkeit, dass es irgendwann kommen würde, eine Überraschung: Warren Buffett hat am vergangenen Wochenende im Rahmen der 60. Aktionärsversammlung in Omaha angekündigt, sich aus dem operativen Geschäft von Berkshire Hathaway zurückzuziehen. Der 94-Jährige gibt damit nach mehr als 60 Jahren die Führung an der von ihm gegründeten Holding ab.
Die rund 40.000 Teilnehmer:innen an der Konferenz in Omaha würdigten ihn danach mit minutenlangem Applaus. Buffett erklärte, er habe seine beiden Kinder vorab von seiner Absicht und über das Timing informiert, nicht aber den designierten Nachfolger Greg Abel selbst.
Buffett will dem Verwaltungsrat nämlich (erwartungsgemäß) vorschlagen, Greg Abel als seinen Nachfolger mit den Geschäften zu betrauen. Er ist mit 63 Jahren zwar deutlich jünger als Buffett, allerdings ist das relativ, wenn Buffett erklärt, er wolle die Geschäfte „in jüngere Hände“ legen. Der gebürtige Kanadier Greg Abel ist seit 1999 im Unternehmen und zieht spätestens seit 2018, als er die Verantwortung für das gesamte Geschäft außerhalb der Versicherungssparte der Holding übernahm, die Strippen. Er wurde durch Buffett bereits 2021 in einem Interview als möglicher Nachfolger benannt.
Enge Verknüpfung von Berkshire Hathaway und Buffett
Die Fußstapfen, die Abel ausfüllen muss, sind riesig – schon weil keine auf die reine Vermehrung von Kapital ausgelegte Holdinggesellschaft weltweit so eng mit seiner Führungspersönlichkeit verbunden ist wie Buffett und Berkshire Hathaway. Das hat vor allem mit dem Ruf Buffetts zu tun, denn nur wenige Investor:innen haben in der Vergangenheit so treffsicher Geld investiert, sind sprichwörtlich zum Orakel für die Finanzwelt geworden, wenn es darum geht, Trends rechtzeitig zu erkennen. Nicht ohne Grund stellen Anleger:innen auf jeder der jährlichen Aktionärsversammlungen Fragen zu wirtschaftlichen Entscheidungen, die weit über das hinausgehen, was andere Firmenlenker gefragt werden.
1955 gegründet aus zwei Textilfirmen in Massachusetts ist Berkshire Hathaway spätestens seit den 70er-und 80er-Jahren weit mehr als an Textil- und Bekleidungsfirmen beteiligt. Von 1964 bis 2024 sei der Börsenwert pro Aktie um 5.502.284 Prozent gestiegen, ist im aktuellen Jahresbericht des Unternehmens zu lesen. Wer beispielsweise 2005 in Aktien der Holding investierte, erzielte bis heute im Schnitt eine jährliche Rendite von 15,8 Prozent. Egal zu welchem Zeitpunkt man seitdem ausstieg, waren es im Schnitt 8,1 Prozent Jahresrendite. Insgesamt gab es nur sehr wenige (meist kurze und ungünstige) Zeiträume, in denen Anleger:innen mit der Aktie Minus gemacht haben, etwa im Zusammenhang mit der Finanzkrise 2008, wenn man erst zwei bis drei Jahre investiert war. Rein rechnerisch hätte, wer zu Jahresende 1999 investiert war, schwindelerregende 1.233 Prozent Gewinn gemacht.
Auch wenn Berkshire Hathaway viele Menschen sehr reich gemacht hat und der Track Record bemerkenswert ist, muss das allerdings nicht so bleiben. Denn die Börse folgt ihren eigenen oftmals nervösen Regeln, weswegen ein geordneter Übergang der Geschäfte von Berkshire Hathaway das Beste war, was den Anleger:innen passieren konnte. Selbst das hat dazu geführt, dass die Aktie des Unternehmens kurzzeitig von umgerechnet 746 Euro auf um die 600 Euro abstürzte, um dann freilich sofort wieder auf ein Niveau um 700 Euro zu steigen. Wenn ein solcher geordneter Rückzug dazu führt, mag man sich nicht ausmalen, was erst ungeplante Meldungen über den Gesundheitszustand Buffetts ausgelöst hätten.
Buffetts Rückzug sichert das Unternehmen
Insofern sichert Buffetts offizieller Schritt nun auch ein Stück weit das Unternehmen. Denn Buffett dürfte, auch wenn er das operative Geschäft an Abel und sein Team übergibt, weiterhin zu den entscheidenden Fragen gehört werden. Dennoch hat er mehr als einmal bewiesen, dass selbst Andeutungen, die aus seinem Mund kommen, Märkte bewegen können, da vieles in seine Worte interpretiert wird.
Zurückhaltend war Berkshire Hathaway in der letzten Zeit aber auch, wenn es um das Ausschöpfen von Investitionsgelegenheiten ging. Die Holding sitzt derzeit auf Geldreserven von fast 350 Milliarden US-Dollar (umgerechnet 308 Milliarden Euro), die in US-Anleihen angelegt sind. Buffett erklärte in den letzten Jahren häufiger, er sehe keine passenden Investmentgelegenheiten.
Dezent, aber durchaus kritisch, äußerte sich Buffett anlässlich des Aktionärstreffens zur Zollpolitik der USA, ohne dabei den Namen des US-Präsidenten zu nennen. Handel solle, so der 94-Jährige, keine Waffe sein. Denn auch, wenn andere Länder durch den Handel mit den USA reicher würden, sei dies niemals ein Schaden für die USA selbst, die ihrerseits ebenfalls davon profitieren würden. Buffett warnte davor, die anderen Länder der Welt gegen sich aufzubringen, es sei ein großer Fehler und nicht weise, „wenn 7,5 Milliarden Menschen einen nicht mögen und 300 Millionen sich damit brüsteten, wie gut es ihnen gehe“.
Wohl besser als viele andere sieht Buffett, wie sehr Unternehmen wie Berkshire Hathaway vom weitgehend freien Spiel der wirtschaftlichen Kräfte in den letzten Jahrzehnten profitiert haben. Im Rahmen globaler Märkte gibt es zwar eine Vielzahl an Staaten, die einen immensen Nachholbedarf haben. Ob sie diesen in den nächsten Jahren frei decken können, dürfte Einfluss auf den Erfolg der Holding haben.
Erschwerte Bedingungen: Alles weiter wie bisher?
Gerade angesichts der wirtschaftlichen Lage tritt Buffetts Nachfolger ein in vielerlei Hinsicht schwieriges Erbe an und wird Berkshire Hathaway unter erschwerten Rahmenbedingungen führen müssen. Dennoch muss er sich wohl unweigerlich an den Erfolgen der vergangenen Jahrzehnte messen lassen, auch wenn er anlässlich der Aktionärsversammlung erklärte, es werde unter seiner Führung keine nennenswerten Veränderung an den Investmentansätzen und –kriterien geben. Eine große Überraschung ist die Personalie Greg Abel ja weder für die Investor:innen noch im Unternehmen selbst.
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