Energiewende in Zahlen: Die wichtigsten Gewinner und Verlierer des Jahres 2024
Die wichtigsten Veränderungen in Zahlen gegenüber dem Vorjahr:
Erzeugte Energie | 2023* | 2024** | Veränderung | ||
gesamte Last | 421,6 | 447,8 | TWh | 6,2 | Prozent |
davon Onshore-Wind | 107,2 | 105,8 | TWh | -1,3 | Prozent |
davon Offshore-Wind | 22,3 | 24,7 | TWh | 10,8 | Prozent |
davon Photovoltaik | 53,2 | 59,5 | TWh | 11,9 | Prozent |
Öffentliche Nettostromerzeugung; *Stand: 21. Dezember; **Stand: 19. Dezember; Quelle: energy-charts.info
Installierte Leistung | Zubau (netto) | ||||
2022* | 2023** | 2024* | 2022 -> 2023 | 2023 -> 2024 | |
Photovoltaik (GW) | 64,92 | 80,74 | 97,60 | 15,82 | 16,86 |
Onshore-Wind (GW) | 57,92 | 60,66 | 63,16 | 2,74 | 2,50 |
Offshore-Wind (GW) | 7,98 | 8,43 | 9,20 | 0,45 | 0,77 |
*Stand: 19. Dezember **Stand: 21. Dezember; Quelle: energy-charts.info
Solarenergie
Die Photovoltaik konnte ihren Zubau-Rekord aus dem Vorjahr noch einmal übertreffen. Grund dafür sind vor allem gesunkene Kosten. Allein in den letzten zwölf Monaten haben sich diese fast halbiert. Mainstream-Module sind jetzt schon für rund zwölf Cent pro Watt zu haben. Dieser Preisverfall dürfte sich künftig noch verschärfen: Chinesische Hersteller können ihre Photovoltaik-Module kaum noch im eigenen Land absetzen und drängen deshalb mit Kampfpreisen ins Ausland. Die Kehrseite: Die Übermacht Chinas erhöht sich dadurch weiter. Der Schweizer Hersteller Meyer Burger mit Standorten in Sachsen und Sachsen-Anhalt stand deshalb bereits kurz vor der Insolvenz. Im Dezember konnte er sich durch frisches Geld von Gläubigern retten.
Bundesweit ging mehr als ein Drittel der zugebauten Leistung auf große Freiflächenanlagen mit mehr als 1.000 Kilowatt zurück, ein weiteres Drittel auf kleine Dachanlagen zwischen zwei und 20 Kilowatt. Das Bundesland mit dem insgesamt größten PV-Zubau war Bayern. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl und Fläche liegen Brandenburg beziehungsweise Nordrhein-Westfalen vorne.
Onshore-Windkraft
Im vergangenen Jahr erzeugte die Windkraft ungefähr doppelt so viel Strom wie die Photovoltaik. Sie ist also das eigentliche Arbeitspferd der Energiewende. Doch es lahmt: Der ohnehin schwache Zubau ging in diesem Jahr weiter zurück.
Die Gründe sieht die Expertenkommission zum Energiewende-Monitoring in „Hemmnissen in den Planungs- und Genehmigungsprozessen“. Der Bund habe mittlerweile die Verfahren beschleunigt, loben die Wirtschaftsweisen. Diese Änderungen würden jedoch auf Landesebene „noch nicht ausreichend umgesetzt“.
Bayern beispielsweise hat zwar verkündet, bis zum Ende des Jahrzehnts 1.000 neue Windräder errichten zu wollen. Doch in der Statistik ist davon bisher wenig zu sehen. Nur knapp 17 Megawatt wurden 2024 im gesamten Freistaat zugebaut. Das entspricht höchstens einer Handvoll Windturbinen. Unter den anderen großen Flächenländern baute nur Sachsen noch weniger Windräder.
Fast der gesamte Zubau ging 2024 auf das Konto von nur vier Bundesländern: Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Brandenburg (in dieser Reihenfolge). Die schwarz-grüne Landesregierung von NRW hatte im Oktober 2022 eine „Task Force zum beschleunigten Ausbau der Windenergie“ gegründet. Darin haben sich vier Ministerien und die Staatskanzlei zusammengetan, um „Flächenplanung, Genehmigungsverfahren sowie wirtschaftliche Aspekte, die über die verschiedenen Ressorts der Landesregierung verteilt sind, zusammenzuführen“, verlautet das Wirtschaftsministerium von NRW.
Offshore-Windkraft
Der Ausbau hat kaum nennenswert zugelegt. Eine interessante Beobachtung: Am Abend des 6. Novembers speisten alle deutschen Offshorewindparks gemeinsam ziemlich genau gar nichts ein. Solche Totalausfälle tauchten zwar auch schon in früheren Jahren auf, aber bisher vor allem an lauen Sommertagen, wo die Photovoltaik einspringen konnte.
Stromverbrauch
Der Stromverbrauch ist gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen. Das muss keine schlechte Nachricht sein – schließlich sollen im Rahmen der „Sektorenkopplung“ immer mehr fossilen Brennstoffe durch elektrische Anwendungen ersetzt werden, zum Beispiel durch Wärmepumpen oder E-Autos. „Momentan sieht es eher danach aus, dass der Verbrauch weniger stark wächst, als wir bisher dachten“, sagte Wolf-Peter Schill vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung gegenüber heise.de. „Das liegt daran, dass die Sektorenkopplung langsamer vorankommt.“
Lastspitzen, Dunkelflauten, Preise
Rekorde 2024 | Leistung | Zeitpunkt | |
Photovoltaik | max | 44.272 MW | 25. Juni, 13:00 Uhr |
min | 0 MW | jede Nacht | |
Wind onshore | max | 45.890 MW | 6. Februar, 17:00 Uhr |
min | 44 MW | 6. November, 14:00 Uhr | |
Wind offshore | max | 7.472 MW | 22. November, 17:00 Uhr |
min | 0 MW | 6. November, 20:45 Uhr | |
Residuallast | max | 66.420 MW | 11. Dezember, 8:45 Uhr |
min | -8.166 MW | 1. Mai, 13:30 Uhr | |
Anteil Erneuerbarer an der Last | max | 137,2 Prozent | 1. Mai, 14:15 Uhr |
min | 10,9 Prozent | 6. November, 17:45 Uhr | |
Import | max | 17.128 MW | 12. Dezember, 8:45 Uhr |
Export | max | 17.695 MW | 13. Oktober, 13:00 Uhr |
Öffentliche Stromerzeugung; Stand: 19. Dezember 2024; Quelle: energy-charts.info
Es war ein wildes Jahr. Am 1. Mai beispielsweise lieferten die erneuerbaren Energien 137 Prozent der aktuellen Last – so viel wie noch nie. Am 6. November hingegen waren es nur knapp elf Prozent – so wenig wie lange nicht mehr.
Entsprechend turbulent ging es an der Börse zu: An mehr als 400 Stunden gab es dort negative Strompreise. Andererseits stiegen die Preise an Tagen mit Dunkelflauten zeitweise auf über 900 Euro pro Megawattstunde. Und die Stromimporte haben sich mehr als verdoppelt.
Die Entwicklung seit 2019
2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024* | |
max. Residuallast (GW) | 74,9 | 72,2 | 70,7 | 71,4 | 66,9 | 66,4 |
Anteil EE Erzeugung (%) | 44,8 | 49,5 | 45,1 | 49,3 | 58,9 | 62,7 |
Anteil EE Last (%) | 50,1 | 50,1 | 44,8 | 50,2 | 55,8 | 56 |
Export (netto, TWh) | 35,2 | 18,5 | 17,8 | 26,8 | -13,8 | -28,7 |
Börsenpreis** (€/MWh) | 36,64 | 29,51 | 93,36 | 230,57 | 92,29 | 77,9 |
*Stand: 19. Dezember; **Day Ahead Auction, volumengewichtet; Quelle: energy-charts.info
Die maximale Residuallast ging abermals leicht zurück, der durchschnittliche Strompreis sogar ziemlich deutlich. Wolf-Peter Schill glaubt allerdings nicht an einen dauerhaften Rückgang: „Der Strom wird auch in einem voll erneuerbaren System vermutlich nicht billiger als er früher war. Aus energieökonomischer Sicht ist es unplausibel, dass wir jemals wieder so günstige Strompreise haben. Die Preise waren damals künstlich dadurch verbilligt, dass einfach die Umweltschäden nicht eingepreist waren.“
Fazit
Der Ausbau der Erneuerbaren hat jetzt schon das zweite Jahr in Folge deutlich zugelegt. Durchschnittswerte sollten allerdings nicht den Blick darauf verstellen, dass diese Entwicklung fast ausschließlich von der Photovoltaik getragen wird – und von wenigen Bundesländern.
Immer wieder verblüffend, wie bei solchen Statistiken mit keinem Wort erwähnt wird,
dass Energie aus PV oder Propeller zu oft zu viel Energie zum falschen Zeitpunkt produziert.
Es wird immer angeführt, wie viel doch produziert wurde, aber dass ein Großteil davon zu einer Zeit produziert wird, wenn die Nachfrage zu gering ist, wird nie erwähnt.