Erdbeben: Warum nicht allein die Stärke das Ausmaß der Zerstörung bestimmt

Vier starke Erdbeben mit Stärken von über sieben erschütterten die Erde allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres. Zwei Tage nach der verheerenden Erdbebenkatastrophe von Mandalay in Myanmar am 28. März 2025 mit einer Stärke von 7,7 bebte die Erde unter dem polynesischen Tonga mit der Magnitude 7,0. Damit war das Toga-Beben zwar sehr viel schwächer, dafür aber mit nur 16 Kilometern Tiefe recht flach, was zu heftigeren Bebenwellen an der Oberfläche führt. In Myanmar lag das Epizentrum in 24 Kilometern Tiefe, was Erschütterungen deutlich dämpfte.
Aktuell: Schwerstes Erdbeben in Myanmar seit 1930
Dennoch starben allein in Myanmar mindestens 3.300 Menschen und zahlreiche Häuser stürzten ein. Für das Land war es das schwerste Beben seit 1930 und ähnlich stark wie das türkisch-syrische Erdbeben im Februar 2023. Schwere Schäden gab es auch im Nachbarland Thailand. Selbst in Bangladesch, Indien, Vietnam und China waren die Bebenwellen noch wahrnehmbar.
Auf Tonga dagegen starb niemand beim Erdbeben vom 30. März und es gab kaum Gebäudeschäden. Schon zwei Tage danach war es in den regionalen Medien kein Thema mehr.
Was die Vorbereitung auf ein Erdbeben erschwert
Wie groß die menschlichen und wirtschaftlichen Schäden nach derart starken Erdbeben sind, hängt von der Vorbereitung eines Landes und dessen Gesellschaft ab. Ein weiterer Faktor ist die Besiedlungsdichte. Außerdem spielt das Vorkommen gesellschaftlicher und klimatischer Extremzustände eine Rolle: Wüten in der Gegend etwa Militär- und Bürgerkriege? Tobt ein Extremwetter? In solchen Fällen potenzieren sich die Katastrophenwirkungen. In Myanmar sind große Teile des Erdbebengebiets in der Hand von Rebellen, die von der Militärjunta trotz der Naturkatastrophe zunächst weiter bombardiert wurden.
Gut gebaute Häuser und Risikomanagement: Schutz vor Erdbeben
Der beste halbwegs sichere Schutz gegen Erdbeben sind entsprechend sicher gebaute Häuser, die sich den Schwingungen der Bebenwellen anpassen oder sie gar abfedern.
Auch ein gut durchdachtes Katastrophenrisikomanagement mit vernünftigen Evakuierungs- und Katastrophenplänen hilft, das Ausmaß von Beben zu mildern. So wie im weniger besiedelten Tonga. Dort konnten sich die Menschen an Evakuierungspläne halten und Polizisten wiesen ihnen den Weg in sichere Gebiete. Strom und Kommunikation waren nur kurz unterbrochen.
Einfluss der Klimaerwärmung
Doch für Myanmar könnte es demnächst durchaus noch schlimmer kommen. Denn Ende Mai kommt der Monsun und bringt die Regenzeit. Dann dürften die Aufräumarbeiten noch in vollem Gange sein. Wie stark dieser Sommermonsun ausfällt, ob er überhaupt kommt, ist angesichts der Klimaerwärmung ungewiss. Sowohl Extremregen mit weiträumigen Überschwemmungen ist möglich, aber auch Trockenheit, die zu Wassermangel führt und Ernten verdorren lässt. Erst 2023 verursachte extremer Regen gegen Ende der Monsunzeit schwere Überschwemmungen nördlich von Rangun. 14.000 Menschen verloren ihre Häuser. Allerdings war es auch die starke Entwaldung des Landes, die Auswirkungen des Starkregens verschärfte.
Wo treten Erdbeben auf?
Erdbeben treten prinzipiell an allen tektonischen Rändern auf, dort, wo Erdplatten aneinanderstoßen.
Es gibt gigantisch große Platten, die den Grund der Ozeane ausmachen, aber auch zahlreiche kleinere bis kleinste Erdplatten, aus denen sich die Kontinente zusammensetzen. Wie viele es genau sind, weiß man nicht so genau.
Die meisten Erdbeben entstehen dort, wo sich unterschiedliche Platten der Erdkruste aneinander reiben, sich also parallel gegeneinander verschieben. In diesen sogenannten Verwerfungen, auch Transformstörungen genannt, verhaken sich die Platten manchmal. Spannungen bauen sich auf, die sich irgendwann ruckartig als Beben lösen. Die bekannteste Verwerfung ist wohl die San-Andreas-Verwerfung in Kalifornien, vorbei an Los Angeles und durch San Francisco. Beim katastrophalen Erdbeben 2023 im türkisch-syrischen Grenzgebiet lösten sich die aufgestauten Spannungen, weil sich anatolische und arabische Platte aneinander vorbeibewegen.
In Myanmar reiben sich die indische Kontinentalplatte und die eurasische Platte in der Sagaing-Verwerfung aneinander. Sie durchzieht Myanmar in Nord-Süd-Richtung. Beim aktuellen Beben breiteten sich die Wellen vom Epizentrum nahe Mandalay nach Süden besonders schnell aus, was für die Experten:innen des Helmholtz-Geoforschungszentrums in Potsdam auf einen sogenannten „Supershear-Bruch“ hindeutet. Bei einem solchen, eher seltenen Phänomen breitet sich die seismische Energie mit einer Geschwindigkeit aus, die schneller ist als die selbst erzeugten seismischen Scherwellen. Es kommt zu Überlagerungen von Wellen, vergleichbar einem Überschallknall in der Luft. Das erklärt die schweren Schäden noch im mehr als 1000 Kilometer entfernten Bangkok.
Spielen Vulkane auch eine Rolle bei Erdbeben?
Schiebt sich dagegen eine Erdplatte unter eine andere, spricht man von Subduktion. Das passiert an nahezu allen Rändern des Pazifiks, wo sich die ozeanischen Platte am Grund des Ozeans unter andere Platten schiebt, vorwiegend die großen Kontinentalplatten. Diese Subduktion wird ebenfalls von regem Vulkanismus begleitet, weshalb man auch von pazifischen Feuerring spricht.
Streben die Platten voneinander weg, weil zwischen ihnen basaltisches Magma aus dem oberen Erdmantel quillt, spricht man von einer Divergenz. Das passiert in erster Linie in den Zentralspalten der mittelozeanischen Rücken in Atlantik, Pazifik und Indik.
Treffen zwei kontinentale Platten frontal aufeinander, spricht man von einer Kollision. Dabei heben sich die Platten und falten sich auf. Das passierte zum Beispiel vor 30 bis 50 Milliarden Jahren, als indische und eurasische Platten zusammenstießen und den Himalaya auftürmten, oder als afrikanische und eurasische Platten die Alpen auffalteten.
Anzeichen für Erdbeben
Was Erdbeben letzten Endes auslöst, weiß man nicht genau. Warnungen sind deshalb nur kurzzeitig möglich. Doch auch Wetterextreme, die mit steigender Erderwärmung häufiger werden, können kleinere Erdbeben triggern. So galten Ende 2020 heftige Schneefälle auf der japanischen Halbinsel Noto im Norden Japans als Auslöser von Hunderten von kleinen Erdbeben. Geophysiker:innen der Universitäten München und Potsdam wiesen 2006 nach, dass selbst geringe Veränderungen des Drucks durch mehr Wasser im Gestein genügen, um Erdbeben sogar in mehreren Kilometern Tiefe auszulösen.