E-Verwaltung für alle: Estland erreicht Meilenstein in der Digitalisierung der Behörden

Der letzte Baustein zur vollständigen Digitalisierung der Behörden war die Möglichkeit, die Scheidung online einzureichen. Auch das ist in Estland jetzt möglich, wie die Regierung per Pressemitteilung erklärt. Ehepaare, die keine mehr sein wollen, können seit Dezember 2024 auf vorausgefüllte Formulare zugreifen, Anträge online einreichen und „ihre Scheidung mit minimalem Stress abschließen“. Schon 53 Prozent der Scheidungswilligen haben auf die Möglichkeit zurückgegriffen. Das sei nicht nur ein Beispiel für die Effizienz, sondern auch für die Bequemlichkeit des Dienstes.
Estland sieht sich als globaler Vorreiter
Auch digital dürfte eine Scheidung für die meisten Paare kaum bequem oder stressfrei ablaufen. Für viele andere Behördengänge dürfte das aber schon gelten. Die sind in Estland teilweise schon seit Jahren nicht mehr nötig. 2014 hat die Regierung etwa ein E-Portal für die Straßenverwaltung eingeführt, auf das Fahrzeughalter zugreifen können. Dadurch sollen Dienstleistungen bis zu sechsmal schneller erbracht werden können und die Kosten um 20 Prozent sinken. Ein E-Rezept gibt es sogar schon seit 2010. Deutschland hat es erst 2024 eingeführt.
„Estland hat die die Bürokratie durch nahtlose digitale Lösungen eliminiert“, heißt es weiter in der Pressemitteilung. Das kleine EU-Land sei dadurch nun „weltweit führend in der digitalen Verwaltung“ und setze Maßstäbe für andere Länder.
Das Selbstlob soll aber nur Nebensache sein. „Bei der 100-prozentigen Digitalisierung geht es um Effizienz und die Maximierung von Ressourcen, nicht um Technologie um ihrer selbst willen“, wird Sandra Särav, stellvertretende Generalsekretärin für Wirtschaft und Innovation im estnischen Ministerium für Wirtschaft und Kommunikation, zitiert. Vertrauen, Transparenz und Komfort stünden für alle im Vordergrund.
Und in Deutschland?
Auch in Deutschland wird seit Jahren an der Digitalisierung der Verwaltung gearbeitet. „Oberstes Ziel ist es, möglichst viele Behördengänge für möglichst viele Menschen digital zugänglich zu machen“, heißt etwa beim Bundesministerium für Sicherheit in der Informationstechnik. Möglich ist es zum Beispiel, ein Kraftfahrzeug online zuzulassen. Weitere Leistungen, und hier liegt wahrscheinlich das größte Problem bei der Umsetzung, können von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ausfallen. Für die Planung und Festlegung von Zielen ist der IT-Planungsrat zuständig, der sich aus fünf Gremien mit 23 Mitgliedern zusammensetzt.
Dass sich viele Bürger:innen mehr wünschen, machte eine Bitkom-Umfrage im Oktober 2024 deutlich. Demnach wünschen sich 90 Prozent der 1.003 Befragten, dass ihre Stadt- oder Gemeindeverwaltung das Thema mit mehr Nachdruck verfolgt.