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Exclamo-Gründer im Changerider: „Nur die Hälfte aller Mobbingopfer traut sich, Hilfe zu suchen“

Mit dem Video- und Podcastformat Changerider wollen Etventure-Gründer Philipp Depiereux und t3n den Menschen die Angst vor der Digitalisierung und dem Wandel nehmen. In der aktuellen Folge fahren die Gründer der Anti-Mobbing-App Exclamo, Julius de Gruyter und Kai Lanz, mit.

Von Christian van Alphen
5 Min. Lesezeit
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(Foto: Changerider)

„Mobbing ist ein riesiges, unterschätztes Problem an Schulen“, so Exclamo-Gründer Julius de Gruyter im Changerider. Jeder sechste Schüler werde regelmäßig zum Opfer, aber nur jeder dritte würde sich trauen, Hilfe zu suchen. „Das sind aus unserer Sicht viel zu viele, die keine Hilfe bekommen. Daran wollten wir etwas ändern“, so Mitgründer Kai Lanz. „Viele Kinder und Jugendliche trauen sich nicht, über ihre Probleme zu reden, vor allem Jungs“, sagt de Gruyter. „Das wollen wir ändern: Wir wollen therapeutische Ersthilfe demokratisieren und einfacher verfügbar machen. Das Ziel ist, frühzeitig bei Problemen anzusetzen, bevor es zu spät ist.“

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Disclaimer: Das Video wurde bereits 2019 und damit vor der Coronakrise aufgezeichnet. Wir haben jetzt mit Gründer Julius de Gruyter auch noch einmal über die Auswirkungen der aktuellen Krise gesprochen.

Die Idee zur App kam Lanz und seinen Mitgründern durch den Wettbewerb „Business at School“. Aufgabe war, eine Geschäftsidee zu entwickeln – daraus entstand Exclamo. Sie gewannen dabei den Sonderpreis für soziales Engagement. Die heutigen Gründer sind Kai Lanz, Julius De Gruyter und Jan Wilhelm. Im Alter von 17 haben sie das Startup auf den Weg gebracht.

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Die App bietet Hilfe – bei allen Problemen, mit denen Teenager zu kämpfen haben

Exclamo ist aktuell eine Web-App, die Schüler*innen eine einfache, schnelle und – wenn man möchte – auch anonym Lösung bietet, Hilfe zu suchen. „Wir wollten eine möglichst niedrige Hemmschwelle beim ersten Kontakt schaffen, aber gleichzeitig die Person mit einem Ansprechpartner verbinden, der ihnen wirklich helfen kann“, so Lanz. Über die Schule wird die App eingeführt. Diese legt die Ansprechpartner fest, die sich um die Fälle kümmern, etwa Sozialarbeiter, Schulpsychologen oder Vertrauenslehrer. Über Mobbing hinaus kann man sich über die App auch Hilfe zu anderen Themen suchen – „im Prinzip zu allen Problemen, mit denen Teenager zu kämpfen haben.“

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Bei Schulen findet die Lösung großes Interesse, „gerade weil es nicht darum geht, ein Schulbuch digital zu ersetzen. Wir bringen eine Lösung rein, die es so bisher so nicht gab – so ein Kummerkasten bringt ja nicht wirklich viel.“ Aber auch die Exclamo-Gründer hat die Corona-Pandemie mit aller Macht getroffen. Durch die Schulschließungen kam der Vertrieb praktisch zum Erliegen. „Die Schulen mussten sich erst einmal darum kümmern, irgendwie den Unterrichtsbetrieb aufrechtzuerhalten, anstatt völlig neue Sachen einzuführen.“ Die Gründer mussten umdenken. Anstatt zu warten, bis es an den Schulen wieder losgeht, haben sie geschaut, wo weitere Lösungen im Bereich psychischer Gesundheit von Kindern und Jugendlichen gebraucht werden. „Wir haben jeden Tag Schlagzeilen zu steigender häuslicher Gewalt und psychischen Problemen von Kindern und Jugendlichen in der Isolation gelesen. Da war uns klar: Jeder Tag macht einen Unterschied. Wir haben dann krisenchat.de gegründet, die erste 24/7-erreichbare psycho-soziale Chatberatung für Kinder und Jugendliche in Deutschland.“ Rund um die Uhr kann man sich bei krisenchat.de per Whatsapp und SMS melden. Die Themen reichen von Liebeskummer, über Erwartungsdruck und Depressionen bis hin zu Suizidgedanken. Mithilfe von über 100 ehrenamtlichen Krisenberater*innen wurden seit Mai nach eigenen Angaben über 2.000 jungen Menschen geholfen.

Früher hat Mobbing an der Haustür aufgehört, heute fängt es dort erst wirklich an

„Corona hat vielen Menschen klar gemacht, wie Bildung heute aussehen muss“, sagt de Gruyter mit Blick auf die Pandemie. „In den letzten 100 Jahren hat sich so ziemlich alles auf der Welt komplett verändert, aber Schule ist weitgehend gleich geblieben. Ich hoffe, dass durch Corona endlich in allen Köpfen angekommen ist, das Bildung und Schule sich jetzt auch ins 21. Jahrhundert bewegen müssen.“

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Wichtig ist aber nach Ansicht von Changerider-Initiator und Moderator Philipp Depiereux, dass eine digitale Infrastruktur an Schulen nicht nur ihrer selbst Willen eingeführt wird. Da stünde Aktionismus vor einer durchdachten Zielsetzung. „Ich sehe in den aktuellen Lehrangeboten das noch viel gravierender Problem.“ Seine vier Kinder wachsen absolut analog auf – ohne Smartphone, Computer oder TV. Aus seiner Sicht wirkt sich Digitalisierung zudem erheblich auf das Thema Mobbing aus. Diese Ansicht teilen auch die Exclamo-Gründer. Früher habe es an der Tür zu Hause aufgehört, jetzt fange es dort erst wirklich an. „Der Täter ist in der Hosentaschen“, sagt de Gruyter und deutet auf sein Smartphone, „und es geht zu Hause weiter.“ Hinzu kommt, dass Mobbing nun auch anonym über Fake-Accounts in den Sozialen Netzwerken möglich ist. Dadurch sinke die Hemmschwelle. „Und selbst wenn es nicht anonym ist, man sagt es der Person nicht mehr ins Gesicht. Man bekommt gar keine Reaktion mit und weiß nicht, was man bei der Person dadurch auslöst“, ergänzt Lanz. „Wir sehen, dass durch die Digitalisierung und durch Smartphones Mobbing noch mal deutlich schlimmer wird und die Betroffenen länger verfolgt werden, aber die Smartphones sind da, wir sollten die Digitalisierung auch für das Positive nutzen.“

Im Changerider sprechen die Exclamo-Gründer außerdem darüber, dass sie als Schulabsolventen und Nicht-Studenten keinen Anspruch auf Fördermittel haben („Wir fallen durch alle Raster. Wir sind jetzt auch beim Wirtschaftsministerium, um das anzusprechen.“), wie sie an ein Empfehlungsschreiben des Generalsekretärs der Kultusministerkonferenz kamen und eine peinliche Geschichte rund um einen TV-Auftritt von de Gruyter („Das war nicht das Bild, was der bodenständige Sozialunternehmer abgeben möchte.“).

Es ist extrem schwierig, ganz alleine wieder aus persönlichen Krisensituationen herauszukommen

Sein Appell zum Ende der Fahrt lautete damals: „Wir brauchen deutlich mehr Innovationsbegeisterung. Wie sind wir schneller von London nach New York gekommen? Nicht indem wir das Schiff schneller gebaut haben, sondern weil wir das Flugzeug erfunden haben. Das hat die Leute begeistert. Und jetzt ist es natürlich wichtig, die Bahn besser zu machen, sodass die Leute darauf umsteigen, aber wenn wir die Leute für so etwas wie den Hyperloop begeistern können und in Zukunftstechnologien investieren, dann können wir heutige Probleme wie den Klimawandel lösen und die Menschen dafür auch noch mitnehmen.“

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Heute verweist er noch darauf, psychische Gesundheit immer mitzudenken, vor allem während Corona. „Der erste Lockdown hat bei vielen auch psychisch große Folgen gehabt, leider ist das Thema aber noch ein großes Tabu in der Gesellschaft und es wird noch immer zu wenig darüber geredet. Daher ist mein Wunsch sowohl für Betroffene als auch für Leute in deren Umfeld: Traut euch, darüber zu reden und bietet ein offenes Ohr. Denn es ist extrem schwierig, ganz alleine wieder aus persönlichen Krisensituationen und -perioden herauszukommen.“

Ihr kennt ebenfalls Querdenker, Gamechanger und unermüdliche Optimisten, die für den digitalen Wandel einstehen? Nominiert sie als Changerider-Mitfahrer! Diese und alle weiteren Folgen sind als Video und ausführliche Gespräche im Podcast bei Apple Podcast, Soundcloud und Spotify verfügbar oder nachzulesen im Changerider-Buch: „Changerider: Pioniergeister statt Bedenkenträger: Wie mutige Macher aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft unsere Zukunft gestalten“ – überall, wo es Bücher gibt und auf changerider.com.

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