Facebook für Kleinunternehmer: Wie ein Friseursalon sich eine 6.000-Fangemeinde aufgebaut hat

Auf Facebook herrscht ein reger Wettbewerb – vor allem im Nachrichtenstrom. Schon 2013 hat das Unternehmen angegeben, dass es im Newsfeed pro Tag rund 1.500 Updates für jeden Nutzer gibt. Heute dürften das einige Beiträge mehr sein, die miteinander konkurrieren – denn die Tendenz ist natürlich steigend. Immer mehr Unternehmen und Nutzer haben einen eigenen Facebook-Account.
Damit sich die Anwender von dieser Informationsflut nicht erschlagen fühlen, filtert Facebook aus den tausenden Meldungen die etwa 300 relevantesten raus und zeigt somit im Durchschnitt nur jeden fünften Beitrag an. Ob und wie relevant der Beitrag für den jeweiligen Nutzer ist, wird unter anderem daran gemessen, wie häufig er mit einer Seite interagiert. Und angesichts der vielen Updates großer Unternehmens-, Nachrichten- und Promiseiten sowie denen der eigenen Freunde kann es einem kleinen oder mittleren Unternehmen schon mal Angst und Bange werden: Wie erfolgreich können wir ohne großes Budget auf Facebook sein? Kann man da überhaupt noch mithalten?
Beim Friseur funktioniert alles über Mundpropaganda

„Empfehlungsmarketing ist bei Friseursalons der Hebel schlechthin“, wissen Tanja und Ralf Steinhoff. (Foto: t3n)
„Das geht!“, meinen Ralf und Tanja Steinhoff, die zusammen auf der Social Media Week in Hamburg ihr Rezept einer erfolgreichen Facebook-Präsenz vorstellen. Vor knapp drei Jahren hat sich Ralf dazu entschlossen, das kleine Familienunternehmen Steinhoff-Haardesign aus Reutlingen ins Social Web zu bringen. „Mit dem Relaunch unserer Webseite wurde auch Facebook zum Thema“, erklärt er den Zuschauern, die den großen Saal fast vollständig einnehmen. Und seit den ersten Schritten haben sich mindestens 6.000 Fans mit dem Facebook-Profil verbunden.
„Empfehlungsmarketing ist bei Friseursalons der Hebel schlechthin“, berichtet der Unternehmer und fügt hinzu, dass „fast alles über Mund-Propaganda“ laufe. Für die Familie Steinhoff stand insofern auch von Anfang an fest, dass sie auf ihrer Facebook-Seite keine Produkte und nur selten Angebote bewerben, sondern mit den Kunden in Kontakt treten wollen. Dass insofern auf jede Anfrage und jeden Kommentar persönlich und ohne lange Umschweife geantwortet wird, ist eine Selbstverständlichkeit. Guter Service hört bei den Steinhoffs nicht an der Eingangstür auf. Wird dennoch mal ein Angebot gepostet, geht es um freigewordene Termine, die übrigens auch per Tab auf der Facebook-Seite reserviert werden können.
Für Tanja, die in der Rolle der Sprecherin relevante Zahlen präsentiert und den Vater mit interviewartigen Fragen immer wieder in den Vortrag einbindet, steht zudem fest, dass der Facebook-Auftritt ganz bewusst als digitales Schaufenster in den Salon verstanden werden darf. „Wir veröffentlichen viele Bilder, die unser Team bei der Arbeit zeigen“, erzählt sie. Und der Vater fügt hinzu, dass jeder Spaß daran hat und die Einblicke „ein positives Bild bei den Facebook-Fans“ hinterlassen. Zudem – und auch das wird betont – ist ein veröffentlichtes Foto ein schönes Wertschätzungsinstrument gegenüber den Mitarbeitern. „Viele berichten uns von stolzen Müttern, die sich freuen, wenn ihr Kind auf Facebook zusehen ist“, erzählt Ralf.„Bei uns Friseuren läuft fast alles über Mund-Propaganda!“
Bei der Qualität der Bilder überlassen die Vortragenden jedoch nichts dem Zufall. Vor allem Eindrücke von Model-Tagen bearbeitet der Chef höchstpersönlich in Photoshop nach. Und Bilder, auf denen niemand lacht, gehen erst gar nicht online – da hat er ein Auge drauf. Daneben gibt es aber auch eine kleine Schnappschuss-Serie, die für große Resonanz bei den Fans sorgt. Unter „Salongeflüster“ gehen quasi ungeschminkte Wahrheiten raus, die oft einfach per Smartphone aufgenommen werden. Jedes Foto wird mit einer fortlaufenden Nummer versehen. „Ich finde das total super“, sagt Ralf, der als Serien-Liebhaber ein Faible für derartige Episoden hat. Die Fans auf Facebook stimmen ihm mit vielen Likes und Kommentaren zu – und auch unter den Zuschauern wird auf einmal wild getippt und gekritzelt. Der Tipp inspiriert offenbar.
Facebook für Keinunternehmer: Bezahlte Reichweite ja, aber keine Gewinnspiele

Das Friseurunternehmen hat 16 Mitarbeiter und 6.000 Fans auf Facebook. Ein erfolgreiches kleines Unternehmen. (Screenshot: Facebook)
Doch allein mit Interaktionen ist man als Seitenbetreiber auf Facebook schon lange nicht mehr erfolgreich – das wissen auch die beiden Salonbetreiber. Beiträge zu bewerben ist gängige Praxis bei Steinhoff-Haardesign. Die Reichweite eines jeden Postings wird mit vier bis acht Euro vergrößert. „Insgesamt investieren wir pro Monat etwa 200 bis 300 Euro“, berichtet Tanja. „Das lohnt sich mehr, als jede Adwords-Kampagne“, fügt Vater Ralf ergänzend hinzu. Abgesehen davon, dass Bestandskunden immer über die aktuellen Ereignisse im Friseursalon auf dem Laufenden gehalten und somit an das Unternehmen gebunden werden, kommt laut Fragebögen mindestens ein Neukunde pro Monat in den Salon, der durch Facebook auf die Friseure aufmerksam geworden ist. „Für uns bedeutet jeder neuer Besucher durchschnittlich 80 Euro Umsatz“, verraten die zwei Vortragenden. „Und in der Regel sehen wir sie auch wieder.“ (Nachtrag, Red.: Ralf Steinhoff hat uns mitgeteilt, dass ein Neukunde tatsächlich 92 Euro wert ist, im Schnitt sechsmal pro Jahr kommt und somit für einen Umsatz über 552 Euro im Jahr sorgt.)
Aufmerksam werden die Neukunden aber auch über Google. Und da haben die Friseure sich mit der Facebook-Seite einen großen Vorteil gesichert. In dem sozialen Netzwerk lassen sich nämlich die URL-Adressen der entsprechenden Seiten anpassen. Ralf hat anstatt des Namens des Friseursalon zwei wichtige Schlüsselwörter gewählt, die den kleinen Unterschied ausmachen: „Friseur“ und „Reutlingen“. Wer jetzt also über die Suchmaschine nach einem Friseur in der Umgebung sucht, bekommt auch die Facebook-Seite des Familienunternehmens weit oben angezeigt – direkt neben dem Ergebnis auf die hauseigenen Web-Adresse – die ebenfalls die beiden Kennwörter enthält. Im Netz hat Familie Steinhoff ihr Revier insofern abgesteckt.
Doch die beiden haben auch Fehler gemacht, wie sie zugeben. Tanja erinnert sich da besonders an eins der ersten Updates, das der Papa an die Facebook-Fans geschickt hat. „Wir sind Schnee!“, stand auf einmal in der Timeline. „Das hat natürlich niemand wirklich verstanden. Ich selbst verstehe es bis heute nicht, was das mit uns zu tun hat“, erzählt sie dem Publikum. Fehlende Interaktionen haben den gut gemeinten Ansatz abgestraft. Auch haben die Unternehmer mit der Bewertungsfunktion der Facebook-Seiten schlechte Erfahrungen gemacht. „Eigentlich sind unsere Kunden immer zufrieden und wir sind voll ausgelastet, aber auf der Facebook-Seite wurden wir dennoch extrem schlecht bewertet“, erinnert sich Ralf. „Wir vermuten, dass uns da ein paar Mitbewerber etwas Böses wollten.“ Den Unternehmer hat das so sehr gewurmt, dass er lange nach einem Opt-out gesucht und den tatsächlich tief versteckt in den Einstellungen gefunden hat. Die schlechte Bewertung ist jetzt nicht mehr sichtbar.„Für uns bedeutet jeder neuer Besucher durchschnittlich 80 Euro Umsatz.“
Auf die Frage, wie es denn um Gewinnspiele auf Facebook steht, rümpft Ralf die Nase und meint geraderaus: „Das bringt doch nichts!“ Betroffenes Schweigen im Publikum. „Das sind keine interessierten Kunden, sondern oft nur Schnäppchenjäger. So schnell wie sie kommen, hauen sie wieder ab. Und falls sie doch bleiben, werden sie mit Sicherheit nicht mit unseren Inhalten interagieren“, erklärt er mit einer Selbstsicherheit, als hätte er sich darüber nächtelang den Kopf zerbrochen. Und so richtig widersprechen will ihm da tatsächlich keiner.
Erfolgreiches Online-Marketing: Facebook ist eine wichtige Säule
In einem kleinen oder mittleren Unternehmen tut man nichts, dass keinen Nutzen bringt – darüber sind sich wohl alle im Raum einig. „Werden wir gefragt, ob sich unser Engagement auszahlt, können wir klar mit ‚Ja‘ antworten“, schließt Tanja den Vortrag ab. „Laut unseren Fragebögen sind 30 Prozent der Neukunden über das Internet auf uns aufmerksam geworden und Facebook stellt in dem Rahmen eine wichtige Säule da“, erzählt sie. Dass eine Facebook-Seite auch etwas Arbeit kostet, ist auch klar, gibt Ralf zu verstehen. „Wir haben im Alltag genug wichtigere Sachen zu tun, aber immer wenn es passt und es etwas zu erzählen gibt, lassen wir alle Interessierten an unserer Arbeit teilhaben.“
Dass die Steinhoffs stolz auf ihren Facebook-Auftritt sind, daran besteht gar kein Zweifel. Immerhin geht das Familienoberhaupt sogar soweit, die Postings des Jahres in ein Buch binden zu lassen. „Das ist total cool. Ihr glaubt es nicht, aber unsere Kunden verschlingen die Sammelbände während sie warten!“, erzählt er euphorisch. Wie viele Facebook-Fans alleine damit gewonnen werden konnten, bleibt jedoch vorerst ein Geheimnis. Interne Umfragen gibt es leider noch nicht. Aber das kann ja noch kommen.