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Fake Work: Schluss mit der Vergeudung der Arbeitszeit

Der Tag fühlt sich voll an, der Kopf auch – und am Ende ist nichts geschafft. Mit Fake Work machen sich Menschen das Leben schwer. Doch das lässt sich ändern.

4 Min. Lesezeit
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(Foto: Pheelings media / shutterstock)

In meinem Notizbuch sind sehr viele Häkchen. Das ist gut, denn ich habe in manchen Wochen viele kleine Einzelposten zu erledigen. Es ist aber auch ein Problem, denn da, wo so langsam mal dringend Häkchen sein sollten, da sind keine. Ich war konzentriert und beschäftigt, ich habe alles Mögliche geschafft – aber das, was sein muss, das wartet geduldig auf mich. Mist.

Als „Fake Work“ wird diese Beschäftigungstherapie bezeichnet: vorgetäuschte Arbeit. Fake Work bezeichnet zum Beispiel Meetings, in denen Sitzung um Sitzung nichts erreicht wird, die aber der Ordnung halber stattfinden müssen und in denen Menschen sich die Gehirnzellen plattsitzen. Fake Work ist es, erst einmal eine elegante Stilvorlage für ein Konzeptpapier zu erstellen, Stunden über Stunden Abstände einzurücken und Bilder zur Illustration zu suchen – doch dann gibt es noch immer kein Konzept, das drin stehen kann.

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Meine schlimmsten Fake Work sind derzeit regelmäßig mehrere Seiten lange Schreiben von Ämtern, die ich lese und nach denen ich sagen kann: Es steht nichts Neues drin. Eigentlich müsste ich die Bearbeitungszeit in Rechnung stellen und am anderen Ende wurde auch jemand bezahlt, diese Briefe zu schreiben. Danke Bildungsverwaltung.

Bekannt wurde die Idee der Fake Work durch die amerikanischen Unternehmer Brent D. Peterson und Gaylan W. Nielson. Sie schrieben ein Buch mit eben diesem Titel und beklagen darin die Verluste der vorgetäuschten Arbeit. Die verlorene Produktivität ist teuer. Und dazu kommt, dass Mitarbeiter*innen sich daran gewöhnen. Sie schätzen ihre eigenen Anstrengungen dann weniger. Das Gefühl dahinter: Es lohnt sich nicht, sich reinzuhängen. Vielleicht wird das Meeting, in dem ich präsentieren soll, eh gecancelt. Oder die Vorgesetzten starren die ganze Zeit auf ihre Telefone. Der Report, den ich in liebevoller Detailarbeit zusammengestellt habe, wird am Ende nur überflogen.

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Die so klug und down-to-earth klingende Manager-Frage „Was davon muss ich wissen?“ ist dann nur noch der herablassende Umgang mit der Arbeit eines Menschen. Und sie zerstört die Motivation.

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Die gute Nachricht: Die t3n-Community bei Twitter hat nur zu einem geringen Teil das Gefühl, dass Homeoffice ihren Anteil an Fake Work vergrößert. Von rund 250 Menschen gaben mehr als 75 Prozent an, dass sich nichts änderte oder die Fake Work eher weniger wird.

Insbesondere Selbstständige antworteten, dass es das Phänomen bei ihnen seltener gebe. Fake Work, so lernen wir, ist eher etwas, das passiert, wenn Menschen ihre Selbstbestimmtheit abgeben müssen. Und damit keine Prokrastination, sondern ein Reibungsverlust.
Was also tun? Beginnen wir direkt in der Chefetage:

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1. Fordert keine Berichte ein, die euch nicht interessieren.

Ja, die Kolleg*innen brauchen einen detaillierten Einblick in ihre eigene Arbeit. Doch Reports einzufordern, die eine Führungskraft nicht interessieren, ist eine Aufforderung zur Fake Work. Chef*innen, die die Arbeit ihrer Leute nicht ernst nehmen, zeigen ihnen damit, dass sie sie selbst auch nicht ernst nehmen müssen.

2. Ziele? Ja. Ergebnisse? Ja. Aber vergesst den Nutzen nicht.

„Wofür ist es gut?“ – diese Frage wird bei der Organisation von Arbeit allzu oft vergessen. Doch jede Aufgabe und jeder Auftrag kann an ihr gemessen werden. Der Azubi soll das Lager aufräumen? Klar – damit alle in der Firma schneller finden, was sie brauchen. Der Assistent soll einmal in der Woche Produktionszahlen rumschicken? Dann nutzt die Frage: Warum eigentlich? Lautet die Antwort: Damit alle informiert sind – dann frage ich zurück: Und werden sie die E-Mail öffnen? Werden sie etwas mit den Zahlen tun? Wird dadurch etwas besser? Lautet die Antwort nein, dann kann der Assistent auch klüger beschäftigt werden.

3. Lernt, zu hinterfragen

Es ist gut, wie es ist. Diese Einstellung ist gut fürs Seelenheil. Sie ist allerdings nicht gut fürs Geschäft. Wenn ihr fest daran glaubt, dass das, was ihr tut, ideal ist, und wenn ihr eure Mitarbeiter im Kern nur mit Projekten beschäftigt, um das zu bestätigen – dann lasst es doch. Wenn ihr mit dem Status quo zufrieden seid und Veränderung für grundsätzlich unnötig haltet, dann könnt ihr eurer Firma anders einen viel größeren Dienst erweisen: Kündigt. Ihr seid für eure Posten ungeeignet.

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4. Werdet kreativer

Einmal habe ich für einen Vorgesetzten einen Aktenschrank sortiert. Zwei Wochen später bat er mich, es erneut zu tun. Ich wies darauf hin, dass mit den Akten alles in Ordnung sei. Er sagte: „Trotzdem.“ Das lag nur daran, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, wie er mich sonst hätte beschäftigen sollen. Ich hätte lernen können. Ich hätte recherchieren können. Meine Lektion aus dieser Geschichte: Ich muss nicht jede Person, die für mich arbeitet, jederzeit beschäftigen können. Aber will ich verhindern, dass sie wenige Wochen später kündigt, dann sollte ich ihr auch keine Bullshit-Aufgaben zuweisen. Wenn jemand nichts zu tun hat, dann werdet kreativ. Oder fragt sie, was sie für eine sinnvolle Aufgabe hielte. Doch müssen Mitarbeiter bezahlt werden, obwohl gerade nichts anliegt, dann dient Fake Work nur dem Gefühl des Auftraggebers. Sie dient nicht der Arbeit.

5. Findet kluge Formate

Im Buch „Fake Work“ schlagen Peterson und Nielson vor, klügere Formate für Berichte zu finden. Wenn ihr eh nur die Zusammenfassung lest, dann fordert doch von vornherein nur sie ein. Wenn ihr dann Fragen habt, könnt ihr sie immer noch stellen.

Fake Work ist gefährlich für jedes Unternehmen, weil sie nicht nur Arbeitszeit kostet, sondern sehr bald auch Mitarbeiter*innen. Sie werden entweder tatsächlich kündigen – oder nur innerlich. Beides problematisch. Fake Work verhindert ihr, indem ihr eure Arbeitszeit wertschätzt. Und immer wieder hinterfragt: Wofür ist das hier gerade gut?

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13 Kommentare
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Dein t3n-Team

Wuselduselhalligalli

Dank Binnen-I be gone ist auch dieser Artikel super lesbar. Da ich weiß das Ihr das habt ist der Adblocker für euch an. Wenn ihr wieder normal schreibt wird der für euch wieder deaktiviert :)

Antworten
Andy

Gratuliere, dein Adblocker hat zwei Banner und drei kleine Bildchen zwischendurch ausgeblendet.

Ich bin sicher, dass t3n gerne gratis für dich arbeitet.

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Christoph

Hören Sie bitte mit dem Gendern auf. Die Mehrheit lehnt es ab (auch die Mehrheit der Frauen). Es ist unerträglich und zu dem ungerecht. Wenn Sie Kolleg*innen schreiben, können Sie auch gleich Kolleginnen schreiben. Richtig wäre Kollegen*innen, aber dann kann es wirklich keiner lesen. Niemand hat sich an der Sprache gestört, bis linke Interlektuelle herausgefunden haben wollen, dass sie ungerecht sei.

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Mansplainer-scan

Also für mich spricht „Christoph“ hier nicht. Ich frage mich ob der Inhalt auch gelesen wurde. Manch einer Person fällt es manchmal ja schwer neben Recherchen zu Wörtern oder Zeichenabfolgen ( welche in Artikeln nicht verstanden wurden ), den eigentlichen Inhalt noch zu verstehen. Aber ich sehe hier Potential nach oben

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Walter Hagner

Das ist ja keine neue Erkenntnis — hieß früher Blindleistung – es kann davon ausgegangen werden
das dies für 25% der geleisteten „Arbeit“ zutrifft. Stichwort Generation „power-point“

Antworten
Droggelbecher

Im Ernst? So ein wichtiges Thema und den einzigen Kommentatoren hier fällt nix besseres ein, als sich wegen dem Gendern aufzuregen? Ihr macht wohl in der Arbeit gerade Pause zwischen euren Fake Work sessions, die euch so auf den Sack geht, dass ihr auf t3n die Journalist*innen mobben müsst um den Stress loszuwerden ;) Mir wäre noch nie aufgefallen, dass ein Binnen-I oder * die Leserlichkeit beeinträchtigt. Wie die meisten anderen Leute, die des sinnerfassenden Lesens mächtig sind, lese ich da einfach drüber und ärgere mich nicht lange – Problem gelöst. Und nein, ich bin auch kein Riesenfan des Genderns, aber die reaktionären Leute, die sich endlos darüber aufregen, nerven mich noch um etliches mehr.

Antworten
Andy

Genau – für mich ist das Gegendere überflüssig wie ein Kropf, aber ich musste gerade nach * suchen, weil ich mir gar nicht bewusst war, dass hier gegendert wurde. Keine Ahnung, warum man sich derart über so etwas aufregen kann…

Ist vielleicht für Leute mit Leseschwierigkeiten, die mehr als ein paar Minuten brauchen, um so einen Artikel zu entziffern…

Antworten
Wuselduselhalligalli

Es geht doch darum wer das psuht. Und genau so wenig wie ich Rechtsextreme in Ihrer Denkensweise und Schreibweise unterstützen will möchte ich das nicht bei Linksextremen. Es kommt ganz eindeutig aus dem Linksextremen/linken Akademischen Millieu, beides Bereiche die unsere glorreiche Demokratie abschaffen wollen, wie die Rechten. Sowas sollte man niemals unterstützen. Btw. macht es keinen Sinn. Wo ist der Bauer in Bäuer*innen wo der Beamte in Beamt*innen, und für Azubi und Azubine gibts gar nichts, es ist einfach undurchdacht und stärkt einen politischen Rand der mit unserer Demokratie nichts anfangen kann. Habe trotzdem den Artikel zu Ende gelesen er war sehr gut :)

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GeneigterLeser

Spannendes Thema. Habe es trotz Sternchen sogar zu Ende gelesen. Aber übertreibt es bitte nicht. Es ist vielleicht „gendergerecht“, aber leider auch leserfeindlich und viele lesen solche Texte nicht zu Ende. Als Journalisten müsste euch das alarmieren. Ihr kämpft ja um knappe Aufmerksamkeit, nicht um metaphysische Fleiß(gender)sternchen.

Antworten
Volker Brandmüller

Nett geschrieben, aber nichts weltbewegend Neues enthalten. Also im Grunde selbst ein Stückchen „Fake-Work“, wenn man es genau nehmen will. Altbekanntes mit neuen Begriffen und Autoren so darzustellen, als ob es eine wichtige neue Einsicht wäre, ist im Ratgeber- und Coach-Marketing zwar das ganz normale Geschäftsmodell, aber im Prinzip an diesen Maßstäben gemessen unproduktiv und „fake“. Dass man im Managementbereich die Philosophie vertritt, man müsse sich laufend selbst verbessern und es sei verboten, den Status quo in Ordnung zu finden, ist bekannt und schlichte kapitalistische Wachstumslogik im Ratgebergewand. Da kann man gendern wie man will, linkes Denken sieht anders aus.

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DiesmalWirdEsKlappen

Dank der Kommentare musste ich den Artikel nicht lesen. Dass in einer „Dienstleistungsgesellschaft“ viel Arbeit vorgetäuscht werden kann und wird, liegt auf der Hand.

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Mantel

Wow, da entwickelt sich in aller Ruhe ein Wort für das Ganze: Fake Work. Dann kommt das wohl recht oft vor…. Tja aber alle diese Büros und Unternehmen erhalten nun Geld und alle finden das total OK. Auf der anderen Seite diskutieren wir ob es gerecht ist, den Kulturschaffenden ein bedingungsloses Grundeinkommen zu sprechen. Ich habe noch nie erlebt dass Kulturschaffende ein Problem mit solchen Nullrunden wie beschrieben haben. Diese Menschen erschaffen auch mit wenig Mittel grossartiges und haben solche Probleme wie FAKE WORK noch nicht mal anzatzweise. Kotz!

Antworten
MampfMampfMampf

Erinnert mich sehr stark an David Graebers Buch „Bullshit Jobs“ – was halten Sie davon?

Persönlich konnte ich meinen Frieden mit der Tatsache schliessen, dass viele Aufgaben sinnlos sind oder keinerlei wirtschaftlichen Mehrwert schaffen. Man kann ja neben oder während solchen „Aufgaben“ gut Hörbücher konsumieren, lesen, zocken, sich weiterbilden, usw.

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