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Fuck Purpose! Wir brauchen keine Selbstfindung, sondern Weltretterinnen

Purpose? Von gestern. Das sagt ausgerechnet unsere Gastautorin, die selbst mehr als ein Jahrzehnt lang Purpose-Projekte begleitet und den Papst der Bewegung, Simon Sinek, verehrt hat. Jetzt aber sagt sie: Sorry, Simon, Why ist vorbei und kommt auch nicht wieder.

Von Jennifer Rosenberg
4 Min. Lesezeit
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Die Sinnsuche war noch nie so irrelevant. (Foto: Shutterstock/Slladkaya)

Covid-Pandemie, gesellschaftliche Spaltung, Klimakatastrophe, Krieg gegen die Ukraine – ein Blick in die Nachrichten reicht, um zu verstehen: Unsere Welt brennt. Deshalb ist die große Warum-Frage, die Sinnsuche, die Nabelschau gerade so irrelevant wie noch nie zuvor.

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Über ein Jahrzehnt stand die vom Unternehmensberater und Bestsellerautor Simon Sinek geprägte Sinnsuche im Mittelpunkt der Unternehmenswelt: Jedes Unternehmen, jede Mitarbeiterin suchte das persönliche Warum: Was treibt mich an?

Auch als Unternehmensberatung beschäftigt man sich damit in unzähligen Projekten und stellt immer wieder die Why-Frage.

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Doch spätestens, wenn man den Purpose eines der größten Energiekonzerne der Welt finden soll, wird vielen klar: Es kommt nicht mehr auf das Why an, sondern das How. Wie kommen wir aus der globalen Krise heraus? Was kann ich dazu beitragen, was mein Unternehmen?

Die Zeiten haben sich geändert. Das Purpose-Werkzeug hat seine Berechtigung verloren. Denn wir wissen längst, worum es geht: Die Frage nach dem Beitrag zur Lösung der Klimakrise, der gesellschaftlichen Spaltung, der Ungerechtigkeit sollte im Mittelpunkt jedes unternehmerischen und persönlichen Handelns stehen. Nicht einmal aus altruistischen Motiven, sondern weil das die zentrale Überlebensfrage für unsere Gesellschaft und damit uns alle ist.

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Warum es bei der Lösung der globalen Krise auf Marken ankommt

In dieser neuen Welt fragen Unternehmen nicht mehr, welches individuelle Ziel sie verfolgen, sondern vielmehr, welche Rolle sie auf dem Weg zu einem großen, gemeinsamen Ziel haben.

Eine weltweite Analyse führender nachhaltiger Unternehmen der Finanz-, Energie-, Automotive-, Consumer- und Fashionbranche zeigt, dass Unternehmen sich in fünf derartige Rollen einteilen lassen:

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  • Die Visionaries, die als Innovatoren funktionieren, weil sie mit Gewohnheiten brechen und möglichst visionäre Ideen umzusetzen versuchen.
  • Die Activists, die den Finger in die Wunde legen und mithilfe von Medienarbeit und Communitys auf Missstände hinweisen.
  • Specialists, die Perfektionisten unter den Unternehmen, die dank ihrer oft jahrzehntelangen Erfahrung Vorbilder für ganze Branchen sein können.
  • Builders sind die Demokratisierer und Skalierer unter den Unternehmen; sie machen innovative Lösungen überhaupt erst für die Mehrheit der Menschen zugänglich.
  • Rulers sind die Elefanten unter den Marken. Groß, verlässlich und Vertrauen genießend.

Besondere Verantwortung tragen die Rulers, deren Einfluss auf die älteren Generationen besonders groß ist. Wer eine Jacke von Patagonia trägt, hat in der Regel bereits akzeptiert, dass wir als Gesellschaft vor extremen Herausforderungen stehen. Doch der Mercedes fahrende 55-Jährige wird in der Regel weder von Patagonia noch von Ecosia jemals gehört haben.

Nun muss es aber darum gehen, das Verhalten der Massen zu verändern – eine Fridays-for-Future-Minderheit reicht nicht aus.

Ruler-Marken müssen und sollen dafür nicht zu Aktivisten werden. Das wäre auch nicht glaubwürdig. Neben politischer Regulierung liegt in Marken aber der Schlüssel zu einem der mächtigsten Werkzeuge zur Überwindung der Klima- und anderer globaler Krisen: die Macht, Verhalten massenhaft zu verändern – changing behavior at scale.

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Diese Macht hatten starke Marken schon immer – in der Regel wurde sie allerdings für Ziele eingesetzt, die aus heutiger Sicht unsere Probleme erst hervorgebracht haben: Iss mehr, kauf mehr, rauch mehr, sauf mehr, reise um die ganze Welt! Nun wird es Zeit, diese Marken in die Pflicht zu nehmen. Den Verbraucherinnen eine Alternative anzubieten, die Konsumlust erfüllt, ohne unseren Planeten zu zerstören.

Natürlich wird keine Ruler-Marke zum Konsumboykott aufrufen. Aber Verbraucherinnen ermöglichen, ihren Konsum nachhaltiger zu gestalten – das geht. So hat beispielsweise die traditionelle Wurstmarke Rügenwalder Mühle 2021 erstmals mehr vegetarische und vegane Ersatzprodukte verkauft als Fleisch.

Was ist dein persönlicher Beitrag zur Lösung unserer Probleme, was der deines Unternehmens? Solltest du darauf keine Antwort haben, könnte es eng werden in den kommenden Jahren. Bye-bye, Why-Zeitalter – willkommen in der Ära des How.

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Es ist endlich Zeit, Diversity Management in deinem Unternehmen zu etablieren? Unser Guide zeigt dir, wie es geht! Jetzt lesen!

Eine Generationenfrage: Grenzenloser Individualismus weicht politischem Aktivismus

Immer weiter werden die regulatorischen Daumenschrauben weltweit angezogen – ESG-Kriterien großer Investmentfonds zwingen selbst ehemals hardcore-kapitalistische Gewinnmaschinen zu einem Mindestmaß an sozialer und ökologischer Verantwortung. Und es wird kein Weg daran vorbeiführen, dass sich das noch deutlich verschärft. Wer die Frage nach dem eigenen Beitrag zur Lösung nicht beantworten kann, wird als Marke und als Unternehmen sterben.

Selbstverwirklichung passte in eine Zeit des grenzenlosen Individualismus und der Freiheit, als wir uns beides noch leisten konnten. Die Generation Z hat es längst bemerkt. Die Sinnsuche der Generation Y, auch als Millennials bekannt, wurde durch politischen Aktivismus abgelöst. Im Mittelpunkt steht dabei nicht mehr die individuelle Selbstverwirklichung, sondern die kooperative Lösungssuche.

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Denn Sinnsuche ist etwas für Schönwetterzeiten. Wenn die Titanic sinkt, fragt niemand nach dem Selbstfindungsseminar oder dem Philosophen. Dann ist Aktion gefragt: Wie kommen wir hier mit möglichst wenigen Toten und Verletzten wieder raus? Da heißt es dann in Zweierreihen aufstellen und alle anpacken. Jede und jeder leistet ihren und seinen Teil, die Starken helfen den Schwachen. Niemand horcht erst mal in sich hinein und lauscht, ob uns die innere Stimme einen Sinn zuhaucht.

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Rocky

„Doch der Mercedes fahrende 55-Jährige wird in der Regel weder von Patagonia noch von Ecosia jemals gehört haben.“ Wird hier nicht gegendert? Komisch, diese neue diversity.

Ich kenne einen 55 jährigen mit Patagonia Jacke, der in seinem Leben weniger geflogen ist und weniger online konsumiert hat als Teile der Friday Bewegung. :-)

Sonst 100% richtig. Greenwashing und Bluewashing der globalen Konzerne bringen uns kein cm
weiter. Less is more.

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