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Ratgeber

Warum Appelle rein gar nichts bringen

Wenn es mit der Zusammenarbeit nicht klappen will, setzt Führung auf Appelle. Warum das nicht funktioniert.

Von Alexandra Vollmer
5 Min.
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Führung geht nur über Systemgestaltung. Appelle an Vernunft oder an Fairness sind vollkommen wirkungslos. (Foto: wavebreakmedia/Shutterstock)

Winterferien. Die Fußball-Mannschaften „Blau Gelb“ und „VFB“ suchen händeringend einen Ort, an dem sie in den Winterferien trainieren können. Die Stadt hat jedoch nur eine nutzbare Sporthalle. Was tun? Auswürfeln? Lose ziehen? Die Idee der Trainer: Die Teams teilen sich die Halle. Wie bitte? Teilen? Die Kontrahenten sind entrüstet. Die Trainer legen vernünftige Argumente auf den Tisch – und sie appellieren an den Sportsgeist der Kontrahenten. Klar seien sie Gegner auf dem Platz. Aber hier hätten sie doch das gleiche Ziel: Sie wollten die Ferien zum Trainieren nutzen. Wenn sie also jetzt nicht am gleichen Strang zögen, hätten sie alle das Nachsehen. Die Spieler nicken. Klingt ja auch komplett einleuchtend. Notsituation. Alle müssen zusammenhalten. Klar.

Nach dem Appell ist vor dem Appell

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Und trotzdem: Kaum ist die Traineransprache beendet, geht die Schlacht los. Da wird die Luft aus den Bällen gelassen. Die Kreidelinie, die die Halle in zwei Trainingsbereiche aufteilt, wird heimlich verschoben. Die Tennisballmaschine wird als Kanone missbraucht. Feuer frei. Auch wenn der Appell der Trainer rundum vernünftig klingt, bleibt er trotzdem total wirkungslos.

Ein Problem, das auch Unternehmen kennen. Auch dort finden Turnhallenschlachten statt. Die Mannschaften heißen nur anders. Vielleicht teilen sich die Produktioner und die Prozessoptimierer die Halle. Oder die Vertriebler und die Konstrukteure. Letztlich egal, die Ballkanone ist an. Auch wenn offiziell alle im Sinne des Unternehmens agieren, kommt das im Business-Alltag oft nicht so recht an. Auf lange Sicht gefährdet das den Unternehmenserfolg. Um das Ruder rumzureißen, greift der engagierte Bereichsleiter ein. Der Appell an die Mannschaft: „Leute, wir erleben in letzter Zeit immer öfter, dass Ihr bei euren Entscheidungen andere Abteilungen nicht mit einbezieht. Dabei wissen wir doch alle: Die meisten unserer Probleme kann eben gerade nicht einer allein lösen. Da braucht es geballtes Wissen – das Wissen der Kollegen. Also setzt euch verdammt nochmal an einen Tisch.“

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Der Chef hat eine klare Ansage gemacht. Jetzt wissen alle, worauf es ankommt. Jetzt müsste es doch eigentlich laufen. Tut es aber nicht. Warum nicht? Hört denn keiner zu? Doch, klar. Aber die Botschaft erreicht sie nicht. Und zwar, weil sie den wahren Schmerzpunkt ignoriert.

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Systemregeln entscheiden

Appelle werden immer aus der Überzeugung heraus abgegeben, dass die Mitarbeiter an der jeweiligen Stelle ein Wissensdefizit haben. Oder dass sie willentlich den Unternehmensinteressen zuwider handeln. Aber Unwissenheit ist gar nicht das Problem! Die Mitarbeiter wissen sehr wohl, dass Zusammenarbeit lebenswichtig ist. Aber jeder der Mannschaft weiß auch, dass der Chef mit seiner Anweisung von der Realität weit entfernt und dass es mit dem An-Einen-Tisch-Setzen eben reichlich kompliziert ist. Im Gespräch kommen beide Seiten keinen Schritt voran. Die jeweils andere Seite scheint vom anderen Stern zu sein.

Ein Beispiel: Nehmen wir die Prozessoptimierung und die Schweißerei. Die Prozessoptimierung hat eine Mission: Runter mit den Beständen. Die Mitarbeiter in der Schweißerei sollten doch bitte endlich aufhören, auf Halde zu arbeiten. Denn dadurch würden die Durchlaufzeiten in der Produktion viel zu hoch. Und die Schweißer? Wenn sie die Losgrößen verkleinern, dann müssten sie viel mehr rüsten – und die Maschine steht still, sagen sie. Das wäre ja wohl eine Todsünde, denn jede Maschinenstunde koste nun mal Geld. Nein, sagt die Prozessoptimierung. Das sei nur eine Pseudozahl. In Wirklichkeit wäre die Maschine doch längst bezahlt. Das Geld sei also weg. Jetzt ginge es nur noch um eines: Wie man die Produkte so schnell wie möglich durch die Produktion bekäme.

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Und so geht das endlos weiter. Die beiden Bereiche bleiben stur, jeder beharrt auf seinem Standpunkt. In dieser Situation soll er jetzt helfen, der Appell ans Miteinander: „Versteht bitte die Argumente des anderen und findet einen gemeinsamen Weg. Zum Wohle unseres Unternehmens.“ Machen die aber nicht. Das ist wie wenn man einem Erpel sagt: Mensch, treib es nicht zu bunt. Wir müssen uns etwas zurückhalten, damit uns der Fuchs nicht aufspürt. Dabei ist völlig klar, dass nur der Bunte, der Laute, der Starke bei den Enten einen Stich machen kann. Dem kann man alle möglichen Tipps geben, es ist für ihn schlicht vernünftig, laut und bunt zu sein. Auch wenn der Fuchs in der Nähe lauert.

Und so ist es für den Schweißer absolut logisch, die Maschine auszulasten. Er weiß, dass Zusammenarbeit große Klasse ist. Aber er weiß auch, was in seinem System für Regeln gelten. Und die wird er einhalten. Weil er in diesem System überleben will. Appelle hin oder her.

Sucht den Sinn im Unsinn!

Wenn wir also wollen, dass sich das Verhalten ändert, müssen wir fragen: Warum ist es für den Mitarbeiter opportun so zu agieren? Warum handelt der Schweißer so und nicht anders? Gründe kann es viele geben. Fast schon auf der Hand liegt, dass die Maschinenauslastung eine Kennzahl in der Abteilung ist – an der er gemessen wird. Oder er ist mit der Ansicht im Unternehmen groß geworden, dass Maschinen halt laufen müssen. Sein Umfeld stabilisiert diese Überzeugung, indem der Chef Mantra artig wiederholt: „Jungs, wenn die Maschine steht, verlieren wir Geld.“ Die Botschaft geben auch die alten Hasen an die Azubis weiter. Und jetzt kommt der Prozessoptimierer und sagt, dass die Erde eine Scheibe ist…

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Wenn die Führungskraft jetzt an Verständnis oder Schulterschluss zum Wohle des Unternehmens appelliert, dann wird das rein gar nichts bewirken. Die Mitarbeiter werden weiterhin nach ihren Systemregeln handeln.

Es braucht den Blick hinter die Kulissen. Welche Motive stecken hinter dem vermeintlich unsinnigen Tun? Denn die Schuldigen sind eben nicht diejenigen, die sich vermeintlich falsch verhalten. Sie sind oft nur in einem falschen System gefangen. Nein, es sind diejenigen, die das System gebaut haben – und es am Leben erhalten.

Wenn du weißt, dass die „Teufelskicker“ und der „VFB“ nicht nur auf dem Platz erbitterte Gegner sind, sondern dass dahinter ein handfester familiärer Konflikt steckt, dann weißt du auch, dass du dir den Appell an Fairness und Sportsgeist sparen kannst. Du musst an diesen Konflikt ran.

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Klar, eine solche Detektivarbeit ist anstrengend. Aber genau das ist echte Unternehmensführung. Appelle sind für diejenigen, die nur etwas loswerden wollen. Echtes Interesse braucht Spürsinn und Lust am Hinterfragen.

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